... herausgegeben von ... / Editores und Edenda

... herausgegeben von ... / Editores und Edenda

Organizer
Arbeitsgemeinschaft für germanistische Edition (Prof. Dr. Florian Kragl; Prof. Dr. Christoph Schubert)
Host
Prof. Dr. Florian Kragl; Prof. Dr. Christoph Schubert
Venue
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
ZIP
91054
Location
Erlangen
Country
Germany
Takes place
In Attendance
From - Until
11.02.2026 - 14.02.2026
Deadline
01.03.2025
By
Rüdiger Nutt-Kofoth, Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften, Bergische Universität Wuppertal

Die 21.internationale und interdisziplinäre Plenartagung der Arbeitsgemeinschaft für germanistische Edition zum Thema "... herausgegeben von ... / Editores und Edenda" findet vom 11. bis 14. Februar 2026 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) statt, Tagungsort ist Erlangen. Die Tagung richtet sich an editorisch Interessierte aller Disziplinen. Die Frist für die Einreichung von Vortragsangeboten endet am 1.3.2025.

... herausgegeben von ... / Editores und Edenda

Die einundzwanzigste internationale Tagung der Arbeitsgemeinschaft für germanistische Edition findet vom 11. bis 14. Februar 2026 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Deutschland, statt, Tagungsort ist Erlangen. Mitbeteiligt sind die Fachgruppe Freie Forschungsinstitute in der Gesellschaft für Musikforschung und die Arbeitsgemeinschaft philosophischer Editionen. Vor Ort kooperiert zudem das ‚Interdisziplinäre Zentrum für Editionswissenschaft‘ (IZED) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Die Tagung ist sowohl international wie interdisziplinär ausgerichtet. Sie wendet sich daher an editorisch Interessierte aus den Literatur-, Musik-, Kultur-, Geschichts-, Sozial-, Bild-, Film- und Medienwissenschaften, der Philosophie, der Kunstgeschichte und den Digital Humanities. Vorbereitet und durchgeführt wird die Tagung von Prof. Dr. Florian Kragl und Prof. Dr. Christoph Schubert (beide FAU).
Das editionsphilologische Geschäft ist geprägt von einem grundlegenden Paradoxon. Es ergibt sich aus der widerstreitenden Natur zweier Prinzipien wissenschaftlich-editorischen Handelns.
Zum einen zielt Editionsphilologie auf einen konzeptuellen Kern, den man ‚Wissenschaftlichkeit‘ nennen könnte. Damit verbinden sich nicht nur Primitiva wie Präzision (etwa der Transkription), Konsequenz (wie der Zeichensetzung oder Apparatgestaltung) und Gründlichkeit (nicht zuletzt in allen ‚kleinteiligen‘ Belangen), sondern auch die Maxime der methodischen Strenge: Wie immer eine Herausgeberinstanz den Transformationsprozess (dazu die AG-Plenartagung 2024) zwischen Überlieferung und Edition bewältigt, sie hat diesen Prozess methodisch kontrolliert zu entwerfen und – zumindest in jüngeren Jahrzehnten – auch darüber Rechenschaft zu geben in der Einleitung und im editorischen Bericht. Traditionell dienen diesem Postulat Techniken der Collatio und Recensio, die Erstellung eines Stemmas (oder der Nachweis, dass dies nicht gelingen kann) etc. pp., Techniken also, wie sie Paul Maas in seinem vielgelesenen Textkritik-Heft sammelt und erklärt. Doch auch jüngere Ideologeme wie die Forderung nach Vollständigkeit des Materials oder nach ‚sauberen‘ Daten sind hier zu nennen.
Zum anderen lebt die Editionsphilologie seit jeher von den individuellen Fähigkeiten, von den individuellen Entscheidungen und von den individuellen Voraussetzungen derer, die sie betreiben. Diese Individualität ist nur sehr bedingt in Regeln fassbar. Seinen Anfang nimmt dieses Phänomen wiederum bei simplen Sachen wie etwa jener, inwieweit es einer Herausgeberin, einem Herausgeber oder einem Herausgeberteam gelingt, die grundlegenden Forderungen an eine wissenschaftliche Edition einzulösen. Es nimmt dann vor allem Gestalt in gleichsam kreativen Momenten an, die sich flink über die Forderung der Methodenstrenge hinwegzusetzen wissen. Dazu gehört, auch noch in jüngsten Editionen, zuvorderst die philologische Kompetenz der Herausgeberinstanz, die in vielen Details maßgeblich dafür ist, wie mit einer problematischen Stelle verfahren wird – sei diese beispielsweise in der Überlieferung ruiniert oder doch nur auf extravagante Weise komplex –, ob diesem oder jenem Zeugen der Vorzug zu geben, ob diese oder jene Präsentationsform der editorischen Sache ‚angemessener‘ wäre. Dazu gehört, noch intensiver, das editorische Ingenium, das immer schon über die Lizenz verfügte (oder sich diese wie selbstverständlich zu nehmen wusste), Überliefertes nach Gutdünken (im eigentlichen Sinne des Wortes) zu korrigieren. Die Kategorie der divinatorischen Konjektur treibt dieses kreative Moment auf die Spitze und macht – sowohl im theoretischen Diskurs als auch in der editionsphilologischen Praxis – in besonderer Weise sichtbar, dass die wissenschaftliche Herausgabe eines Textes stets und immer schon eine mehr oder weniger riskante Gratwanderung war und ist zwischen objektiver Strenge und genialischer Individualität (dazu die Wuppertaler Tagung 2024 Ope ingenii).
Hinzu kommen zwischen Individualität und zeittypischen Phänomenen angesiedelte, in der Regel unbewusste Prägungen durch Lehrpersönlichkeiten und Schultraditionen, durch Curricula und Kanones, die bestimmte Textgruppen mit spezifischen editorischen Problemen und bestimmte Editionstypen und damit die Wahrnehmung von deren Relevanz favorisieren können.
Es macht die wissenschaftliche Edition aus, dass sie, gerade im Rahmen evaluativer Prozesse, mit einem doppelten Pfund wuchert: auf der einen Seite die methodische Kontrolle, von solcher Strenge, dass die Edition – im Modus des Gedankenexperiments – von wem auch immer wiederholt werden könnte, resultierend im immergleichen Ergebnis; auf der anderen Seite das souveräne Iudicium einer Herausgeberinstanz, von einzigartiger und unnachahmlicher Qualität.
Die Reflexion solch paradoxer Verhältnisse geht immer dann leicht von der Hand, wenn sie aus der Warte historischer Distanz angeschaut werden. Die Schelte, die die Philologengenerationen des ‚langen‘ 19. Jahrhunderts – häufig unter der Chiffre Lachmanns – in den vergangenen Jahrzehnten erfahren haben, zielt unter anderem (wenn auch nicht ausschließlich) auf dieses Paradoxon. Schwerer fällt es, diese Reflexionsschleifen so weit an die Gegenwart heranzuziehen, dass sie selbstreflexive Natur gewinnen. Dann nämlich werden sie schnell zu unbequemen Wegbegleitern, sodass es wenig wundernimmt, dass man sie häufig lieber meidet, befangen vielleicht in der wehrhaften Überzeugung, dass man derlei doch in-zwischen gewiss längst überwunden hätte. Konsequenterweise spricht man im editionswissenschaftlichen Diskurs auffällig viel über ‚technische‘ Aspekte des Edierens, begonnen bei ‚Technischem‘ im landläufigen Sinne (zuletzt verstärkt: alles Digitale) und endend bei methoden-‚technischen‘ Aspekten moderner Editionsphilologie (wie: Stemma, Leithandschrift, ‘New Philology’, historischen Textbegriffen, Fassung früher vs. später Hand etc.). Jenen Aspekt der Edition, der das besagte Paradoxon aber sofort aufs Tapet brächte, weiß man beflissen zu meiden, womöglich gar zu verdrängen, und thematisiert ihn selten: ihre (heute noch überwiegend: menschlichen) Agenten.
Die geplante Tagung will einen Kontrapunkt zu dieser persistenten Situation setzen und dazu einladen, einmal ausführlich darüber zu sprechen, worüber man sonst eher ungern offen spricht: die Interrelation zwischen den Herausgebenden, dem Herauszugebenden und der Ausgabe. Ein solches selbstreflexives Gespräch wird an alle Phasen editorischen Denkens und Handelns anknüpfen können:
- Als besonders lohnend könnte sich zum ersten die im Vorfeld jeder Edition angesiedelte Frage nach den Gründen und Begründungen der Textauswahl und deren individuellen und supraindividuellen, ebenso inner- wie außerwissenschaftlichen Stimulantia erweisen, wobei auch, aber nicht nur an die Einflüsse zu denken ist, die von einem Kanon auf die Textauswahl (und ‚vice versa‘ vom Korpus vorliegender Editionen auf die Kanonbildung und von hier auf neue Editionen) ausgehen: Warum ediert gerade diese Person oder Personengruppe gerade zu dieser Zeit gerade diesen Text (und warum empfinden wir das als richtig und wichtig oder überflüssig)?
- Zum zweiten die Frage nach der Wahl von Editionsprinzipien, nach denen das Edendum definiert (rekonstruiertes/vorhandenes Original, Archetyp, bestimmte Textfassung etc.), dokumentiert und (z. B. als historisch distanter oder nach Aktualität heischender oder die Wissenschaftlichkeit der Edition ausstellender Text) repräsentiert wird: Warum wird welches Edendum von welchem Editor und welcher Editorin wie ediert (und wie können oder müssen wir uns innerhalb der Fülle der Möglichkeiten positionieren)?
- Zum dritten die Frage nach erlernbaren und nicht erlernbaren, nach unausgesprochenen bzw. vermeintlich selbstverständlichen und explizit oder sogar programmatisch geforderten, nach nur individuell oder nur kollektiv realisierbaren Kompetenzen bei der Durchführung eines editorischen Vorhabens: Über welche Fähigkeiten sollen Herausgebende verfügen und wozu genau gibt es einen überzeitlichen und/oder wandelbaren Kernbestand der Kompetenzbeschreibung guter Editores (und wie gehen wir mit den eigenen Defiziten gegenüber dem Ideal um)?
- Viertens die Frage nach den individuellen Rahmenbedingungen, angefangen mit der Zugänglichkeit editionsrelevanten Materials über materielle und personelle Ressourcen bis hin zu den jeweils zugänglichen medialen Möglichkeiten der Edition und dem anzunehmen-den Rezeptionshorizont der (gegebenenfalls durch die Edition auch erst heranzubilden-den) Leserschaft.
- Fünftens die Rolle bereits vorhandener Editionen und das Verhältnis einer Neuedition zu ihren Vorgängerinnen: Wie verändert sich dieses Verhältnis im Laufe der eigenen editorischen Arbeit, in welcher Relation stehen Würdigung und Kritik, wie und nach welchen Kriterien werden die alten Lösungen evaluiert und berücksichtigt, inwieweit wird (mit oder ohne Absicht) programmatisch mit ihnen oder gegen sie ediert?
- Schließlich und sechstens auch die der Selbstreflexion besonders schwer zugängliche Frage nach der inneren Haltung zum Edendum und zum Autor des Edendum: Welchen Einfluss hat die Arbeit an der Edition eines bestimmten Autors und Textes auf den Editor/die Editorin selbst und wie beeinflusst die (bewusste oder unbewusste) innere Einstellung gegenüber Autor und Edendum das editorische Handeln?
Gerade diejenigen Prozesse in der Editionsphilologie, die sich mit der fortschreitenden Digitalisierung – von simplen digitalen Editionswerkzeugen bis hin zu genuin digitalen Editionen, neuerdings unter Hinzuziehung ‚Künstlicher Intelligenz‘ – teils wie von selbst eingestellt haben, kristallisieren in grundstürzend revidierten Konzepten von Herausgeberschaft: die Suspendierung von (individuellen oder kanonischen) Entscheidungen durch das Prinzip der Vollständigkeit (der Texte, der Zeugen, der Textschichten); das Herausgeberteam statt der Herausgeberperson; Enthaltsamkeit bei ‚kühnen‘ kritischen Entscheidungen; das Ideal der Dokumentation anstelle der Rekonstruktion; hohe Ansprüche an die Leserschaft, die mit komplexen Textgeflechten statt mit konventionellen linearen Texten konfrontiert wird, sodass die Leserschaft mitunter Herausgeberfunktionen zu übernehmen hat (z. B. Fassungswahl). All dies beschreibt nur Tendenzen, doch alle hängen sie unmittelbar an den Erwartungen, die sich mit der Rolle der Herausgeberschaft verbinden, und dem womöglich epochalen Wandel, dem diese Erwartungen aktuell unterworfen zu sein scheinen.
In der Person des Herausgebers/der Herausgeberin oder in der Gruppe der Herausgeber bündeln sich so gut wie alle relevanten Aspekte der editionswissenschaftlichen Reflexion und des editionsphilologischen Tuns. Es wird charakteristisch sein für solche personengebundenen Situationen, dass sie im Modus des Halbbewusstseins operieren, schwankend zwischen expliziten Maßgaben, unausgesprochenen Selbstverständlichkeiten und individuellen Möglichkeiten und Restriktionen. Die Knoten, die dabei geschürzt werden, sind oft von erstaunlicher Festigkeit. Es wird Aufgabe der Tagung sein, ihre Fadenläufe in methodisch-theoretischer Hinsicht zu entwirren und durch kollektive Schau ins Bewusstsein zu rücken, was im individuellen Tun häufig so schwer greifbar ist.

Grundsätzliche theoretische und methodenkritische Beiträge zu den exponierten Fragen und Problemkreisen sind ebenso erwünscht wie die Darlegung von Einzelfällen als Beispielen. Der Zugriff auf das Thema kann zeitgenössische Editionen/Editionsprojekte in den Blick nehmen. Gleichzeitig ist das Thema ‚eo ipso‘ ausdrücklich auch wissenschaftsgeschichtlich angelegt.
Die beiden Präsentationsformate der Tagung sind Plenarvortrag (30 Min.) und Sektionsvortrag (20 Min.), im Regelfall durch je eine Person. Zusätzlich sind Werkstattberichte aktueller Editionsprojekte möglich, die idealerweise zugleich einen Aspekt des Tagungsthemas mit aufnehmen.
Angebote mit der Kennzeichnung ‚Vortrag‘ oder ‚Werkstattpräsentation‘ und einem Abstract (als Datei eines gängigen Textverarbeitungsprogramms und als PDF, max. 3500 Zeichen, mit vollständiger Adressangabe einschließlich einer E-Mail-Adresse) werden bis zum 1. März 2025 erbeten an:
kongress-agedition2026@fau.de.
Über die Annahme der Angebote befindet der Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft. Eine Benachrichtigung erfolgt bis Frühsommer 2025.

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