Beim Suchen nach den Ursprüngen der vernetzten Wissensgesellschaft von heute erhalten frühneuzeitliche Kommunikationssysteme in der historischen Forschung ein zunehmendes Interesse. Dabei kommt den Briefnetzen eine besondere Bedeutung zu, verbanden sie doch über ganz Europa verstreute Gelehrte auf einer sehr konkreten Ebene zu einem übergreifenden Kommunikationsraum. In dieser Gelehrtenrepublik, die zeitlich von Erasmus bis Voltaire und räumlich von Dublin bis St. Petersburg reichte, fand über das Medium Brief ein immenser Datenaustausch statt, der sich nicht nur auf schriftliche Nachrichten und Beobachtungen beschränkte, sondern auch von einem intensiven Bücher- und Realientransfer (Pflanzen, Fossilien, Heilmittel usw.) begleitet wurde. In diesem Gesamtkontext fragt die Vortragsreihe, welche Funktionen die europäischen Briefnetze für die Medizin einnahmen und in welcher Beziehung sie zu anderen überlokalen Kommunikationsformen resp. –möglichkeiten der Zeit standen. Ausgehend davon stellen sich verschiedene Anschlussfragen: Wer nahm teil am medizinischen Austausch im Brief (Ärzte, Gelehrte, Sanitätsräte, Laien usw.)? Wie unterscheiden sich die verschiedenen Gruppen in Themen und Sprache? Welche Beziehungsnetze werden dabei sichtbar und welche Rolle spielten diese für den fachlichen Austausch?