Experten und Expertenwissen in der Strafjustiz von der Frühen Neuzeit bis zur Moderne

Experten und Expertenwissen in der Strafjustiz von der Frühen Neuzeit bis zur Moderne

Veranstalter
Arbeitskreis Historische Kriminalitätsforschung
Veranstaltungsort
Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart/ Tagungszentrum Stuttgart-Hohenheim
Ort
Stuttgart-Hohenheim
Land
Deutschland
Vom - Bis
21.06.2007 - 23.06.2007
Website
Von
Alexander Kästner

Experten und Expertenwissen in der Strafjustiz von der Frühen Neuzeit bis zur Moderne. 17. Treffen des Arbeitskreises Historische Kriminalitätsforschung

Experten, Expertenwissen und Expertenkultur(en) stehen im Zuge der Diskussion über die „Wissensgesellschaft“ und ihre Wurzeln vermehrt im Blickpunkt der historischen Forschung.
Der inhaltliche Schwerpunkt liegt bislang auf der Analyse des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik, vor allem auf der wissenschaftlichen Politikberatung. Zeitlich stehen der Nationalsozialismus sowie die Bundesrepublik, dort vornehmlich die 1960er Jahre, im Mittelpunkt. Als Expertentypus figuriert vor allem der akademisch gebildete Wirtschafts-, Sozial- oder Naturwissenschaftler. Die geplante Tagung will diesen Fokus thematisch und zeitlich erweitern und sich in breiter Perspektive der Untersuchung von Experten in der Strafjustiz zuwenden. Zugrunde gelegt wird ein weiter Expertenbegriff, der neben Akademikern auch andere Typen von Fachleuten umfasst, die aufgrund ihrer Tätigkeiten, Erfahrungen oder Funktionen über besondere Kenntnisse verfügten. Neben Strafrechtswissenschaftlern, Richtern oder anderen juristisch ausgebildeten Personengruppen ist dabei beispielsweise an Sachverständige im Strafverfahren, etwa Mediziner oder Hebammen, oder Gefängnisexperten zu denken, aber auch an Scharfrichter oder Theologen. Es ist zu analysieren, welche Rolle und Funktion die verschiedenen Experten und Expertinnen zum Beispiel bei der Normimplementation, im Strafprozess, im Strafvollzug oder bei der Strafverfolgung übernahmen. Inwieweit spielten dabei Institutionalisierungsprozesse eine Rolle? In diesem Zusammenhang ist zudem die Frage nach der Auswahl und der Legitimation von Experten aufschlussreich. Welches Selbstverständnis hatten sie? Über welches spezielle Wissen verfügten sie; an welchen Orten und auf welche Art und Weise haben sie es erworben? Welche Bedeutung hatten Faktoren
wie Geschlecht oder professionelle Konkurrenz? Darüber hinaus könnte das Verhältnis von Experten bzw. Expertenwissen und Öffentlichkeit aufschlussreich sein. Ein Anliegen des Arbeitskreises Historische Kriminalitätsforschung ist es, epochenübergreifend zu diskutieren. Die Debatte um „Experten“ und „Expertenwissen“ ist bisher vornehmlich eine des 19. und 20. Jahrhunderts, doch besitzt das Thema zweifellos ein gutes diachrones Vergleichspotential. Vorschläge für Beiträge werden deshalb den gesamten Zeitraum von der Frühen Neuzeit bis zur Moderne durchziehen. Dadurch soll es möglich werden, in einem Längsschnitt Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Expertenkulturen über die Epochenschwelle von 1800 hinaus zu diskutieren. Gleichzeitig soll anhand des Tagungsthemas der Dialog über die verschiedenen Methoden und Erkenntnisinteressen innerhalb der Historischen Kriminalitätsforschung vom 16. bis zum 20. Jahrhundert gefördert werden. Gleiches gilt im Hinblick auf die interdisziplinäre Ausrichtung des Workshops.
Der Arbeitskreis für Historische Kriminalitätsforschung trifft sich jährlich seit 1990 und versteht sich als ein informeller Zusammenschluss von Interessierten an der historischen Kriminalitätsforschung (vom Studenten bis zum Hochschullehrer). Im Mittelpunkt soll die Präsentation von Referaten und Werkstattberichten sowie deren Diskussion stehen.

Programm

Donnerstag, 21. Juni 2007

18.30 Uhr
Abendessen; danach: informeller Auftakt in der Trinkstube

Freitag, 22. Juni 2007

8.15 Uhr
Frühstück

9.00 Uhr
Begrüßungsrunde:
Kurze Vorstellung der TeilnehmerInnen und ihrer Arbeiten

Einleitung: Experten und Expertenwissen in der Strafjustiz
Dr. Sylvia Kesper-Biermann, Bayreuth
Dr. Peter Wettmann-Jungblut, Saarbrücken

STRAFVOLLZUG UND ANSTALTSWESEN

Globale Netzwerke – lokale Reformen: Monarchen, Bürokraten und gefängniskundliche Experten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Dr. Thomas Nutz, München

„Dringend angezeigt, Explorand in ein Arbeithaus zu versetzen“. Zur Funktion von Experten und Expertenwissen bei der administrativen Anstaltinternierung in Bern anhand von Fallbeispielen (1940-1980)
Tanja Rietmann, Bern

EXPERTEN IM STRAFVERFAHREN

Frühneuzeitliches Rechtsgutachterwesen und Aktenversendung
Prof. Dr. Ulrich Falk, Mannheim

12.30 Uhr
Mittagessen

14.00 Uhr
Entscheidungen über Leben und Tod. Die Macht der Rechtsgutachter in den habsburgischen Kernländern
Prof. Dr. Andrea Griesebner, Wien
Dr. Susanne Hehenberger, Wien

Harry Olsen und der Municipal Court in Chicago. Ein progressiver Gerichtspräsident als Experte zwischen forensischer Psychiatrie, „scientific management“ und eugenischer Kriminalitätsbekämpfung
Dr. des. Daniel Siemens, Bielefeld

MEDIZINISCHE UND SOZIALE EXPERTISEN

Pfarrer als Experten für den Lebenslauf in der Frühen Neuzeit
Alexander Kästner, Dresden
Dr. des. Ulrike Ludwig, Dresden

Gerichtshilfe im Dienste der Angeklagten? Soziale Expertise in der Strafjustiz der Weimarer Republik
Désirée Schauz, München

18.30 Uhr
Abendessen

19.30 Uhr
Informationen und Planungen

Samstag, 23. Juni

8.15 Uhr
Frühstück

9.00 Uhr
Medikalisierung des Strafrechts? Zur Rolle der Mediziner in Strafrecht, Strafrechtsreformbewegung und Kriminologie im Kaiserreich und der Weimarer Republik
Dr. Richard Wetzell, Washington D. C.

AUS DEN WERKSTÄTTEN DER KRIMINALITÄTSGESCHICHTE

Zur frühneuzeitlichen Kriminalitätsgeschichte von Andorra
Lars Martin Pohle, Andorra

Gericht als Angebot in einem frühneuzeitlichen Kleinstaat: Die Klosterherrschaft Engelberg im 16. und 17. Jahrhundert
Michael Blatter, Luzern

12. 30 Uhr
Mittagessen - Tagungsende

Kontakt

Akademie der Diözese
Rottenburg-Stuttgart
Tagungszentrum Stuttgart-Hohenheim
Paracelsusstraße 91
70599 Stuttgart

Telefon: +49 711 451034-600
Telefax: +49 711 451034-898

eMail: hohenheim@akademie-rs.de

Ansprechpartner:
Dieter R. Bauer, Akademiereferent

Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Referat Geschichte

Telefon: +49 711 16 40-752
E-Mail: Bauer@akademie-rs.de


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