Aufarbeitung der Diktatur – „Diktat“ der Aufarbeitung? Normierungsprozesse beim Umgang mit diktatorischer Vergangenheit

Aufarbeitung der Diktatur – „Diktat“ der Aufarbeitung? Normierungsprozesse beim Umgang mit diktatorischer Vergangenheit

Veranstalter
Graduiertenkolleg zur Zeitgeschichte „Diktaturüberwindung und Zivilgesellschaft in Europa“ des Historischen Seminars/ZEGK der Universität Heidelberg in Verbindung mit der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Veranstaltungsort
Internationales Wissenschaftsforum Heidelberg (IWH), Hauptstr. 242, 69117 Heidelberg
Ort
Heidelberg
Land
Deutschland
Vom - Bis
20.09.2007 - 23.09.2007
Deadline
05.09.2007
Von
Katrin Hammerstein

Der deutsche Umgang mit NS- und SED-Diktatur wird häufig als Vorbild für die Aufarbeitung diktatorischer Vergangenheit angeführt. Er scheint als eine Art Norm zu fungieren, an der andere europäische Staaten sich orientieren und ihre jeweiligen Aufarbeitungsprozesse messen. Sowohl auf nationaler als auch auf transnationaler und europäischer Ebene sind zunehmend Bemühungen feststellbar, Standards und verbindliche Richtlinien für Vergangenheitsaufarbeitung zu etablieren. Im Rahmen der internationalen und interdisziplinären Tagung werden diese Entwicklungen sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken erstmals Gegenstand der wissenschaftlichen Analyse – unter der Leitfrage, inwiefern die zu beobachtenden Zentralisierungsbestrebungen und Normierungsprozesse zu einer Verordnung von bestimmten Standards der Diktaturüberwindung führen (könnten) – zugespitzt formuliert: Kann Aufarbeitung von Diktatur von einer Art „Diktat“ der Aufarbeitung begleitet werden?
Die Tagung wird veranstaltet vom Graduiertenkolleg zur Zeitgeschichte „Diktaturüberwindung und Zivilgesellschaft in Europa“ des Historischen Seminars/ZEGK der Universität Heidelberg in Verbindung mit der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Gefördert wird sie weiterhin durch die die Stiftung Universität Heidelberg, die Heinrich-Böll-Stiftung und das Internationale Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg.

Programm

Donnerstag, 20. September 2006

17.00 Uhr Begrüßung
Prof. Dr. Edgar Wolfrum, Heidelberg/ZEGK/Historisches Seminar

18.00 Uhr Eröffnungsvortrag
Staatsziel Aufarbeitung oder Menschenrecht auf Wahrheit? Anmerkungen zu heiklen Debatten und Kriterien
Günter Nooke, Berlin/Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe

Empfang

Freitag, 21. September 2006
Aufarbeitung und Normierung im nationalen Kontext

9.00–10.30 Uhr
(Deutsche) „Vergangenheitsbewältigung“

„Vergangenheitsbewältigung“ – ein deutscher Sonderweg?
Prof. Dr. Christoph Cornelißen, Kiel/Historisches Seminar

Eine neue Konstellation? Der Umgang mit zwei Vergangenheiten in Deutschland seit 1989
Prof. Dr. Bernd Faulenbach, Bochum/FIAB

10.30–11.00 Uhr Kaffeepause

11.00–12.30 Uhr
Versuchte Zentralisierung: Konzepte der Neuordnung im Bereich der Aufarbeitung

Fokussierung oder Vielfalt? Aktuelle Diskussionen um die Struktur der NS-Gedenkstätten – Berlin und NRW im Vergleich.
Prof. Dr. Alfons Kenkmann, Lepizig/Historisches Seminar

Neuordnung der Aufarbeitungslandschaft? Zu den Empfehlungen der Expertenkommission zur Schaffung eines Geschichtsverbundes „Aufarbeitung der SED-Diktatur“
Michael Beleites, Dresden/LStU Sachsen

12.30–14.00 Uhr Mittagspause

14.00–16.00 Uhr
Aufarbeitungsstrategien im europäischen Vergleich

Diktaturerinnerung in den Erinnerungskulturen Ost(mittel)europas. Versuch einer Kategorisierung
Prof. Dr. Stefan Troebst, Leipzig/Institut für Slavistik, Direktor des GWZO

„Pacto de silencio“ und „gruba kreska“: Der spanische Ansatz und seine Umsetzung in Polen
Prof. Dr. Claudia Kraft, Erfurt/Geschichte Ostmitteleuropas

Umgang mit belasteter Vergangenheit in Ost- und Westeuropa – ein Vergleich
Dr. Éva Kovács, Budapest/Ungarische Akademie der Wissenschaften

16.00–16.30 Uhr Kaffeepause

16.30–18.30 Uhr
Von der Vergangenheitsaufarbeitung zum Bewältigungsmanagement: Institutionen der Aufarbeitung

Das IPN im Spiegel der BStU: getrennte Wege?
Dr. Dorota Dakowska, Strasbourg/Institut d’Etudes Politiques

Museale Aufarbeitung von nationalsozialistischer und kommunistischer Vergangenheit am Beispiel Ungarns und Lettlands
Regina Fritz Mag.Phil. und Katja Wezel M.A., Heidelberg/Graduiertenkolleg zur Zeitgeschichte

Zwischen Gedächtnis und Politik: Die spanische Zivilgesellschaft und die Aufarbeitung der franquistischen Diktatur
Prof. Dr. Xosé M. Núñez Seixas, Santiago de Compostela/Departamento de Historia Contemporánea e de América

18.30–19.30 Uhr Pause

19.30–21.00 Uhr
Podiumsdiskussion: „DIN-Norm“ oder neuer „deutscher Sonderweg“: Aufarbeitung „made in Germany“ als Modell?
Diskutanten:
Prof. Dr. Bernd Faulenbach, Bochum/FIAB
Rüdiger Sielaff, Frankfurt/O./BStU
Univ-Doz. Dr. Heidemarie Uhl, Wien/Österreichische Akademie der Wissenschaften (KKT)
Prof. Dr. Harald Welzer, Essen/Center for Interdisciplinary Memory Research im Kulturwissenschaftlichen Institut Essen
Dr. Kazimierz Wóycicki, Stettin/Institut des Nationalen Gedenkens
Moderation: Prof. Dr. Edgar Wolfrum, Heidelberg/ZEGK/Historisches Seminar

Samstag, 22. September 2006
Wird Aufarbeitung in Europa zu einer europäischen Aufarbeitung?

9.00–10.30 Uhr
Aufarbeitung diktatorischer Vergangenheit in transnationaler Perspektive

„Standards“ strafrechtlicher Aufarbeitung von diktatorischem Unrecht im europäischen Vergleich
Prof. Dr. Jörg Arnold, Freiburg/Max-Planck-Institut für internationales und ausländisches Strafrecht
Julie Trappe Ass.iur., Heidelberg/Graduiertenkolleg zur Zeitgeschichte

Diktaturen auf der Anklagebank: Internationale Untersuchungskommissionen und Tribunale
Dr. Koffi Afande, Den Haag/Internationaler Gerichtshof für Ruanda

10.30–11.00 Uhr Kaffeepause

11.00–12.30 Uhr
Vergangenheitsaufarbeitung in länderübergreifenden Projekten

„Erinnerungsorte an die kommunistischen Diktaturen im Europa des 20. Jahrhunderts“: Ein Projekt der Stiftung Aufarbeitung
Dr. Anna Kaminsky, Berlin/Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Tabubrüche: Die Diskussion um ein „Europäisches Zentrum gegen Vertreibungen“
Dr. Krzysztof Ruchniewicz, Wroclaw/Willy-Brandt-Zentrum

12.30–14.00 Uhr Mittagspause

14.00–15.30 Uhr
EUropa und seine diktatorischen Vergangenheiten

Die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur in Tschechien – Eintrittskarte in die „europäische Wertegemeinschaft“?
Milan Horacek, Brüssel/MdEP

Europa neu denken? Zur historischen Umorientierung europäischer Identitätspolitik
Dr. Michael Weigl, München/Centrum für angewandte Politikforschung

15.30–16.00 Uhr Kaffeepause

16.00–17.30 Uhr
EUropa und seine diktatorischen Vergangenheiten II

Europäische „Interventionen“: EU-Resolutionen und -initiativen zum Umgang mit diktatorischer Vergangenheit
Birgit Hofmann M.A. und Katrin Hammerstein M.A., Heidelberg/Graduiertenkolleg zur Zeitgeschichte

Europäische Innenpolitik? Die Stockholmer „Holocaust-Konferenz“ und ihre Folgen
Dr. des. Jens Kroh, Gießen/Graduiertenkolleg „Transnationale Medienereignisse von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart“

19.00–20.30 Uhr (optional)
Führung durch das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg

Sonntag, 23. September 2006
Vergangenheitsaufarbeitung – Standardisierung, Normierung oder Vielfalt?

9.00–10.30 Uhr
Aus nationalsozialistischen Menschenrechtsverletzungen lernen: Ein Plädoyer für die Überschreitung des nationalgeschichtlichen Rahmens
Prof. Dr. Micha Brumlik, Frankfurt/Erziehungswissenschaften

10.30–11.00 Uhr Kaffeepause

11.00–12.30 Uhr
Abschluss-Podiumsdiskussion: Beschlagnahmung der Vergangenheit: Führen Zentralisierungstendenzen und Standard- und Normsetzungen zu einem „Diktat der Aufarbeitung“?
Diskutanten:
Ralf Fücks, Berlin/Heinrich-Böll-Stiftung (angefragt)
PD Dr. Michael Jeismann, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Dr. Ulrike Jureit, Hamburg/Hamburger Institut für Sozialforschung
Dr. Krzysztof Ruchniewicz, Wroclaw/Willy-Brandt-Zentrum
Prof. Dr. Martin Sabrow, Potsdam/ZZF
Moderation: Prof. Dr. Edgar Wolfrum, Heidelberg/ZEGK/Historisches Seminar

Die Teilnahme ist kostenlos. Teilnehmern der Tagung können auf Antrag 50 Prozent der nachgewiesenen Fahrtkosten (bis max. 100 Euro) erstattet werden. Übernachtungskosten müssen selbst getragen werden. Verbindliche Anmeldungen bis zum 5. September 2007 mit dem Betreff „Tagung September 2007“ an: grako.zeitgeschichte@uni-hd.de

Kontakt

Katrin Hammerstein

grako.zeitgeschichte@uni-hd.de

www.grako-zeitgeschichte.de
Redaktion
Veröffentlicht am
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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