Polizei, politisches Verbrechen, "Terrorismus" und innere Sicherheit (19. Kolloquium zur Polizeigeschichte)

Polizei, politisches Verbrechen, "Terrorismus" und innere Sicherheit (19. Kolloquium zur Polizeigeschichte)

Veranstalter
Prof. Dr. Beatrice de Graaf, Centre für Terrorism and Counterterrorism (Universität Leiden) Prof. Dr. Karl Härter, Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt/M.
Veranstaltungsort
Max-Planck-Institut fuer europaische Rechtsgeschichte Hausener Weg 120 60489 Frankfurt am Main
Ort
Frankfurt am Main
Land
Deutschland
Vom - Bis
17.07.2008 - 19.07.2008
Deadline
03.03.2008
Von
Prof. Dr. Karl Haerter

Das Centre für Terrorism and Counterterrorism (Universität Leiden) und das Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte veranstalten vom 17. bis 19. Juli 2008 in Frankfurt/M das 19. Kolloquium zur Polizeigeschichte. Die interdisziplinäre Tagung beschäftigt sich mit der ,Geschichte des Terrorismus' unter der Perspektive des politischen Verbrechens und der Reaktionen von Polizeiinstitutionen und Rechtssystemen.

Der Umgang von Polizeiinstitutionen mit politischer Kriminalität und die Kontrolle des politischen Raums gehören zwar zu den Themen, mit denen sich die neuere Polizeigeschichte bereits mehrfach beschäftigt hat. Dennoch erscheint es im Kontext neuerer Forschungsansätze und aktueller Entwicklungen möglich, die Thematik „Polizei, politisches Verbrechen, ‚Terrorismus’ und innere Sicherheit“ in ihrer historischen Dimension neu zu beleuchten. Ein Ausgangspunkt bildet dabei die Feststellung, dass sich seit dem 18. Jahrhundert ein fundamentaler Wandel in der Definition des politischen Verbrechens vollzog, der im 19. Jahrhundert die Ausdifferenzierung eines engeren Bereichs als ‚terroristisch’ aufgefasster Handlungen bzw. Gruppen beinhaltete. Als wesentliche Bestandteile der jeweiligen europäischen Rechtssysteme entwickelten dabei auch die entstehenden modernen Polizeiapparate spezifische Definitionen, Strategien und Diskurse im Umgang mit politischen Verbrechen und Gruppen, die als ‚terroristisch’ und als Gefährdung des Staates bzw. der inneren Sicherheit eingestuft wurden. Ziel der Tagung ist es, sowohl die historisch variierenden (normativen, polizeilichen) Definitionen von ‚Terrorismus’ im Kontext der Geschichte des politischen Verbrechens herauszuarbeiten als auch die jeweiligen Reaktionen der Polizeiinstitutionen im Rahmen des Rechtssystems historisch vergleichend zu untersuchen. Dabei sollen auch indirekte, sekundäre Folgewirkungen und die sozialen/rechtlichen Kosten in den Blick genommen werden, die Polizeiinstitutionen und Rechtssysteme im Umgang mit politischer Kriminalität und Terrorismus produziert haben. Unter dem hier skizzierten Ansatz wären die langfristigen Entwicklungen seit dem späten 18. Jahrhundert und der französischen Revolution bis zum Terrorismus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zu betrachten. Beispielhaft seien als konkrete Themen, die in den Vorträgen aufgegriffen werden können, genannt:

- die Wahrnehmung und Definition von politischen Verbrechen, spezifischen (gewaltsame) Aktionen und spezifischen Gruppen als ‚terroristisch’ und als Bedrohung der inneren Sicherheit durch Polizeiorgane in- und außerhalb des jeweiligen Rechtssystems;
- die insbesondere für das 19. Jahrhundert prägende Spannung zwischen der Nationalisierung von Strafrecht und Polizeiapparaten und damit einhergehende Entstehung einer nationalen Tradition/Kultur des Umgangs mit politischen Verbrechen;
- die Etablierung und Ausdehnung des Gefährdungsstrafrechts, gerade im Hinblick auf die Kompetenzen und Aufgaben von Polizeien, sowie die internationalen Reichweite bzw. völkerrechtlichen Qualität des auf politische Kriminalität bzw. ‚Terroristen’ zielenden Polizei- und Strafrechts;
- die Etablierung und Ausdifferenzierung eines spezifischen Instrumentarium oder spezifischer Praktiken der Polizei im Umgang politischer Kriminalität/Terrorismus, die auf Prävention wie auch (strafrechtliche) Verfolgung politischer Verbrechen (terroristischer Gruppen) zielen konnten;
- die Interaktion von Polizeiorganen mit anderen staatlichen Institutionen (Militär, Aufklärungs- und Sicherheitsdienste), aber auch die auftretenden Kompetenzkonflikte hinsichtlich der Bekämpfung von politischen Verbrechen; auch dies beeinflusste die jeweiligen nationalen Traditionen/Strategien im Umgangs mit politischen Verbrechen;
- die Entwicklung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit im Bereich des politischen Verbrechens, die Auslieferung politischer Verbrecher, aber auch die Gewährung von politischem Asyl, wobei politische Asylanten, die noch im 19. Jahrhundert im Rahmen des politischen Exils ‚terroristische’ Aktivitäten vorbereiten konnten, von den Polizeiorganen des Asyllandes zunehmend als Sicherheitsbedrohung wahrgenommen/eingeschätzt werden konnten;
- neben der Duldung oder Asylgewährung für ausländische politische Verbrecher/‚Terroristen’ wäre auch nach Duldung, Verzicht auf Strafverfolgung und sonstige präventiv-sozialen (Polizei )Strategien zu fragen;
- das Ende/Auslaufen/Verschwinden politischer/terroristischer Gruppen und Aktivitäten, insbesondere im kritischen Vergleich zur Effektivität und Wirkung polizeilicher Maßnahmen und Kontrolle;
- die jeweiligen nationalen und internationalen, um politisches Verbrechen und polizeiliche/rechtliche Reaktionen kreisenden Diskurse sowie die Rolle der (Massen )Medien und ihr Einfluss auf die Sicherheitspolitik
- die rechtlichen und sozialen Folgewirkungen und Folgekosten, die Polizeien im Umgang mit politischer Kriminalität und ‚Terrorismus’ produzierten, die ebenso wie die konkreten Sicherheitsmaßnahmen nicht nur als Intensivierung sozialer Kontrolle und politischer Repression bedeuten, sondern auch Bedrohungsängste und Unsicherheit verstärken und damit terroristische Ziele (Erzeugung von Angst, Verstärkung der Repression, soziale Destabilisierung) indirekt sogar befördern konnten.

Es können in einer zeitlichen Bandbreite vom späten 18. bis zum späten 20. Jahrhundert thematisch fokussierte Beiträge oder territoriale Fallstudien zu einzelnen Ländern vorgeschlagen werden. Die Vortragsvorschläge sollen elektronisch per E-Mail in englischer oder deutscher Sprache eingereicht werden und Vortragstitel, Angaben zur Person und eine kurze Zusammenfassung des Vortragsthemas beinhalten. Einsendeschluss ist der 3. März 2008. Den Referentinnen/Referenten werden die Reisekosten in üblicher Höhe erstattet.

Programm

Kontakt

Karl Haerter

Max-Planck-Institut fuer europaische Rechtsgeschichte, Hausener Weg 120 60489 Frankfurt am Main

069 78978160

haerter@mpier.uni-frankfurt.de

http://www.mpier.uni-frankfurt.de/
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