'Theo, wir fahr’n nach Lodz!'. Die Geschichte der Deutschen in Polen in regionaler Belletristik, Kunst und im Pressewesen im 19. und 20. Jahrhundert

'Theo, wir fahr’n nach Lodz!'. Die Geschichte der Deutschen in Polen in regionaler Belletristik, Kunst und im Pressewesen im 19. und 20. Jahrhundert

Veranstalter
Lehrstuhl für die Literatur und Kultur Deutschlands, Österreichs und der Schweiz der Universität Lodz, Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen e.V.
Veranstaltungsort
ul. Rogowska 26, PL-91-529 Lodz
Ort
Lodz
Land
Poland
Vom - Bis
10.10.2008 - 11.10.2008
Website
Von
Krzoska, Markus

Die deutschsprachige Bevölkerung der alten polnisch-litauischen Rzeczpospolita bildete nie jene homogene Einheit, die die nationalistischen Demagogen des 20. Jahrhunderts künstlich zu erzeugen suchten. Die preußische Beamtenschaft von Posen hatte wenig gemein mit dem urbanen, oft schnell polonisierten Bürgertum Warschaus oder Krakaus. Die industriellen Aufsteiger im „gelobten Land“ Zentralpolens fanden kaum gemeinsame Interessenlinien mit der ländlichen Bevölkerung der Provinz Posen. Ganz außen vor blieben die recht spät ausgewanderten Siedler Galiziens und Wolhyniens. Nichtsdestotrotz entwickelten sich durch den aufkommenden Nationalismus in Abgrenzung vor allem von den Polen, mitunter aber auch von Ukrainern, Russen oder Juden, aber auch durch gewisse antimodernistische und durch die jeweilige soziale Lage bedingte Trends Ansätze eines auf die Sprache zurückgehenden Gemeinschaftsgefühls.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts boten Heimatliteratur und Heimatkunst Identitätsangebote für die Dorf- und Kleinstadtbewohner, die den rasanten Veränderungsprozessen in Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur eine auf den ererbten Traditionen aufbauende – bzw. diese konstruierende – wertkonservative und retrospektive Haltung entgegensetzten. Auf der anderen Seite griffen Vertreter der städtischen Elite mitunter in Kunst, Architektur und Literatur die neuen Trends auf und wirkten als deren Multiplikatoren in ihre eigene Lebenswelt hinein. Die Auseinandersetzung mit dem Anderen schuf neue Frontlinien in der Medienlandschaft. Die Besinnung auf sich selbst wurde durch von außen kommende „nationale Unternehmer“ wie Lehrer, Priester und Studenten in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts noch verstärkt. Die „weite Welt“ fand immer stärker Einlass in die bislang eher kleinteiligen Strukturen.
Die Tagung möchte der Frage nachgehen, wie sich diese Veränderungsprozesse in verschiedenen Regionen und Milieus auswirkten, wie tiefgehend sie waren und ob die vorhandenen Wechselbeziehungen zu anderen Nationalitäten, Konfessionen oder Klassen dadurch nachhaltig gestört wurden. Gleichzeitig soll auch thematisiert werden, welchen Quellenwert die in einer ästhetisch ausgerichteten Literaturwissenschaft randständigen Gattungen wie Heimatroman, Lokalpresse oder tendenziöse Publizistik in einer neu ausgerichteten kulturwissenschaftlichen Forschung für Germanisten und Historiker haben und welche Aussagekraft solche Quellen im Bezug auf die Erforschung von Fragen der Identität und Mentalität haben. Am Beispiel der immer zahlreicher publizierten Tagebücher und Chroniken soll dabei auch auf das Problem der (kommentierten) Edition solcher Quellen eingegangen werden.

Programm

Freitag, 10. Oktober 2008

8.30-12.00 Moderation: Dr. Stefan DYROFF (Bern)

8.30 Begrüßung durch die Veranstalter, Grußworte

8.45 Dr. Jacek WALICKI (Lodz): Lodzer Quellen zur Erforschung der Geschichte der Lodzer Deutschen

9.10 Prof. Dr. Krzysztof STEFANSKI (Lodz): Johannes Wende und Richard Schlein - zwischen Lodz und Zittau.

9.35 Dariusz KACPRZAK (Lodz): Der Kunstgeschmack der Lodzer Fabrikanten am Beispiel der Kunstsammlungen der Familie Heinzel

10.00 Diskussion

10.35 Kaffee-/Teepause

11.00 Matthias BARELKOWSKI M.A. (Berlin): Die deutsche Presse in Posen im 19. und frühen 20. Jahrhundert

11.25 Dr. Ingo ESER (Köln): Die „Deutsche Schulzeitung in Polen“

11.50 Diskussion

12.30-14.00 Mittagspause

14.00-16.00 Moderation: Dr. Isabel RÖSKAU-RYDEL (Krakau)

14.00 Prof. Dr. Jörg RIECKE (Heidelberg): Die Sprache der Lodzer Deutschen

14.25 Mag. Elżbieta EVERDING (Wroclaw): Die Stadt als fremde Welt. Urbane Motive in der Literatur galiziendeutscher Autoren.

14.50 Dr. Monika KUCNER (Lodz): Lodz in der Publizistik von Carl Heinrich Schultz

15.50 Diskussion

16.00 Kaffepause

16:30 Dr. Krystyna RADZISZEWSKA (Lodz): Die Westjuden aus Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln, Wien im Getto Litzmannstadt im Spiegel der Dokumente und autobiographischen Texte

16.55 Diskussion

18:00 Die Eröffnung der Ausstellung "Deutsch-polnische Beziehungen in der Ansichtskarte", Instytut Europejski 262

18:30 Doppellesung Aurelia Scheffel aus ihrem autobiographischen Buch „Lodz-Geschichten“ / Pawel Spodenkiewicz: „Württemberger Tagebuch“

Imbiss

Samstag, 11. Oktober 2008

9.00-11.00 Moderation: Dr. Krystyna RADZISZEWSKA (Lodz)

09:00 Prof. Dr. Leszek OLEJNIK (Lodz): Das Problem der Volksdeutschen in der Tätigkeit der polnischen Behörden im Nachkriegspolen

09:25 Dr. Severin GAWLITTA (Dortmund): Zwischen politischer Instrumentalisierung und gesellschaftlicher Integration. Die „deutschen Kulturleistungen“ in der Publizistik der Deutschen in und aus Mittelpolen 1918-1963.

9.50 Prof. Dr. Joanna JABLKOWSKA (Lodz): Der Lodzer Heimatroman

10.15 Dr. Wolfgang KESSLER (Herne): Lodz nach Lodz: Erinnerung und Geschichtskonstruktion bei den Lodzer Deutschen 1945 – 2008

10.40 Diskussion

11.25 Kaffeepause

11.40 Abschlussdiskussion

12:40 Ende der Tagung

anschließend Stadtrundfahrt

Kontakt

Dr. Krystyna Radziszewska

Uniwersytet Łódzki
PL-91-114 Łódź, ul. Sienkiewicza 21
0048 42 635 5115

krystynarad@tlen.pl


Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch, Polish
Sprache der Ankündigung