'Zeitschaften'. Sozial- und Kulturwissenschaftliche Zugänge zu Repräsentationen ehemaliger NS-Konzentrationslager

'Zeitschaften'. Sozial- und Kulturwissenschaftliche Zugänge zu Repräsentationen ehemaliger NS-Konzentrationslager

Veranstalter
Cornelia Siebeck, Graduiertenkolleg "Interkulturelle Kommunikation - Interkulturelle Kompetenz, KWI Essen; Dr. Christian Gudehus, Center for Interdisciplinary Memory Research, KWI Essen; Prof. Dr. Jürgen Straub, Lehrstuhl für Sozialtheorie und Sozialpsychologie, Ruhr Universität Bochum In Kooperation mit: Institut für Diaspora- und Genozidforschung an der RUB, Projekt »Der Humanismus in der Epoche der Globalisierung«, KWI Essen; Hans Böckler Stiftung
Veranstaltungsort
Tagungsstätte Haus Villigst, Iserlohner Straße 25, 58239 Schwerte, Telefon: (0 23 04) 7 55-0, http://www.haus-villigst.de
Ort
Villigst
Land
Deutschland
Vom - Bis
14.12.2008 - 16.12.2008
Deadline
05.12.2008
Website
Von
Cornelia Siebeck

In seiner autobiographischen Erzählung »Der Spurensucher« beschreibt der ungarische Schriftsteller und Überlebende der Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald Imre Kertész den »Orientierungsver-lust« eines ehemaligen Häftlings, der Anfang der 1960er Jahre an den Ort seines Leidens zurückkehrt. Als er schließlich einen Passanten nach dem Weg zum Lagergelände fragt, erhält er zur Antwort: »Sie suchen die Sehenswürdigkeit der Gegend? Immer nur voran, beeilen Sie sich, das Programm geht bald los: es gibt dort Filme und ein Museum, historische Ruinen und moderne Kunstwerke [...]«.

Unter der Überschrift »Ausflug ins Museum« dokumentierte der polnische Autor Tadeusz Różewicz 1959 alltägliche Unterhaltungen zwischen Touristen in der Gedenkstätte Auschwitz: »Wann gehen wir denn nach Birkenau? Ist das weit von hier?« – »An die zwei Kilometer. Dort muss sich ja erst was abgespielt haben! In Birkenau gibt’s überhaupt nichts zu sehen, reinweg nichts. Ich weiß gar nicht, ob sich’s lohnt, hinzugehen.« Die mittlerweile als Selbstverständlichkeit geltende und daher gemeinhin wenig hinterfragte Musealisierung ehemaliger Konzentrationslager empfindet auch die Literaturwissenschaftlerin und Überlebende der Konzentrationslager Auschwitz und Christianstadt Ruth Klüger als irritierend. Anlässlich eines Besuchs in Dachau stellt sie fest: »[...] diese Baracken wirken fast einladend. Was kann einem da einfallen, man assoziiert eventuell eher Ferienlager als gefoltertes Leben. [...] Sicher helfen die ausgehängten Bilder, die schriftlich angeführten Daten und Fakten und die Dokumentarfilme. Aber das KZ als Ort? Ortschaft, Landschaft, landscape, seascape – das Wort Zeitschaft sollte es geben, um zu vermitteln, was ein Ort in der Zeit ist, zu einer gewissen Zeit, weder vorher noch nachher.«

Diesen Begriff der »Zeitschaft« wollen wir aufnehmen, um von hier aus nach historischen und aktuellen Voraussetzungen, (Un-)Möglichkeiten und Konsequenzen der Repräsentation von ehemaligen NS-Konzentrationslagern zu fragen. Ausgehend von einem Verständnis dieser Orte als multifunktionale und polyvalente Orte sowohl mit Blick auf ihre Geschichte als auch auf ihre jeweilige Gegenwart fragen wir nach innovativen kultur- und sozialwissenschaftlichen Forschungsansätzen. Mittels unterschiedlicher Zugänge soll die historische und gegenwärtige Komplexität dieser Orte auch jenseits ihrer Institutionalisierung als Gedenkstätten in den Blick geraten und diskutiert werden.

Programm

Sonntag, 14. Dezember 2008

14.00 bis 14.15
Begrüßung

14.15 bis 15.45:
Probleme des Gedenkens I – Strukturen:
Dr. Dirk Rupnow
Aporien des Gedenkens

15.45 bis 16.00 Kaffeepause

16:00 bis 17:30
Probleme des Gedenkens II – Funktionen:
Verena Haug
Orte ehemaliger Konzentrationslager als »Lernorte«

17.30 bis 19.00
Probleme des Gedenkens III – Narrative:
Susanne Hantke
Bruno Apitz' Roman »Nackt unter Wölfen« und seine Geschichte(n).
Ein Schreibprozess im Spannungsfeld von individueller Erinnerung und antifaschistischem Kanon

Ab 19.00 Gemeinsames Abendessen

Montag, 15. Dezember 2006

9.00 bis 10.30
Ort, Geschichte, Repräsentation – Fragestellungen:
Cornelia Siebeck
Orte ehemaliger Konzentrationslager als »Zeitschaften« – Implikationen einer Metapher

10.30 bis 11.00 Kaffeepause

11.00 bis 12.30
Archäologie I:
Ronald Hirte
Zeitgeschichtliche Archäologie an Orten ehemaliger Konzentrationslager

12.30 bis 14.00 Mittagspause

14.00 bis 15.30
Archäologie II:
Christoph Mayer chm
Das unsichtbare Lager. AUDIOWEG GUSEN.

15.30 bis 15.45 Kaffeepause

15.45 bis 17.15
Architektur I:
Ralph Gabriel
Die Architektur der Konzentrationslager und ihre Folgen für die Häftlingsgesellschaft

17.15 bis 18.45
Architektur II:
Alexandra Klei
Der gestaltete Ort. Gedenkstätten auf den Geländen ehemaliger Konzentrationslager

Ab 19.00 Gemeinsames Abendessen

Anschließend auf Wunsch: Gemeinsames Filmschauen

Dienstag, 16. Dezember 2006

9.00 bis 10.30
Performanz I: Alexander Prenninger
KZ-Gedenkstätten als ›Rituotope‹. Zur sozialen Praxis des Gedenkens

10.30 bis 10.45 Kaffeepause

10.45 bis 12.15
Performanz II:
Dr. Christian Gudehus
Individualität versus Struktur. Erzähltypen (nicht nur) in Gedenkstätten

12.15 bis 13.30 Mitttagspause

13.00 bis 15.00
Souvenirs:
Sebastian Helm
An.Teil.Nahme? Studentische Entwürfe von Souvenirs für die Gedenkstätte Buchenwald
Präsentation der Audioinstallation »Lebensstrom«

15.00 bis 16.30
Abschlussdiskussion:
Auf der Suche nach einem komplexen Verständnis von Orten ehemaliger Konzentrationslager

Teilnahme und Anmeldung:

Wenn Sie an der Konferenz teilnehmen und im Tagungshaus Villigst zu den dort üblichen Prei-sen übernachten wollen, melden Sie sich bitte bis Freitag, 28. November 2008 verbindlich an.

Wenn Sie aus der Region anreisen oder eine andere Übernachtungsmöglichkeit haben, wären wir Ihnen für eine verbindliche Anmeldung bis Freitag, 5. Dezember 2008 dankbar.

Kontakt

Cornelia Siebeck
Berlin
corneliasiebeck@hotmail.com


Redaktion
Veröffentlicht am
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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