The Change of Economic Elites in Germany and Nazi-Occupied Countries after World War II

The Change of Economic Elites in Germany and Nazi-Occupied Countries after World War II

Veranstalter
Lehrstuhl für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte, Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltungsort
Institut für soziale Bewegungen, Ruhr-Universitaet Bochum, Clemensstr. 17-19, 44789 Bochum
Ort
Bochum
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.02.2009 - 21.02.2009
Deadline
15.02.2009
Von
Marcel Boldorf, Ruhr-Universiät Bochum

In allen europäischen Ländern, die unter nationalsozialistischer Herrschaft gestanden hatten, setzte nach der Befreiung eine Verfolgung der Kollaborateure ein. Im Wirtschaftsbereich schlug sich dies in dreifacher Hinsicht nieder:
a) Juristische Sanktionierung
Zur Bestrafung von Kriegsverbrechern wurden eigens Gesetze und Verordnungen erlassen, die auf eine juristische Aufarbeitung der Straftaten, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, z.B. beim Einsatz von Zwangsarbeitern, oder Vaterlandsverrat zielten.
b) Berufliche Sanktionierung
Eine berufliche Deklassierung drohte Mittätern, die in auffälliger Weise mit dem NS-Regime kollaboriert hatten. Als Mittel der Abqualifikation kamen in Frage: ein Funktionswechsel innerhalb des Betriebes durch Versetzung auf eine strategisch weniger sensible Ebene; die Rückstufung auf eine niedrigere Hierarchieebene, wobei der Einsatz als einfacher Arbeiter häufig als Strafmaßnahme angewandt wurde; die Versetzung an einen anderen Ort, in einen anderen Betrieb oder eine andere Branche; die Entlassung von Führungskräften, wobei zwischen dem Beschluss und der tatsächlichen Durchführung zu differenzieren ist.
c) Unternehmenssanktionierung
Unternehmen, die sich in der Kriegswirtschaft bereichert hatten, drohten in manchen Ländern empfindliche Strafen durch Blockierung ihrer Konten, Konfiskation unlauterer Gewinne oder eine nachträgliche hohe Besteuerung. In manchen Fällen wurde das Argument weiter entwickelt und diente zur Legitimation einer Sequestrierung, die nicht selten in einer Enteignungsdebatte mündete.

Nicht nur die Kollaborateure und Mittäter sind zu betrachten, sondern auch die Akteure und Institutionen, die in den Prozess der „Säuberung“ einbezogen waren. In vielen Staaten ergriffen spontan entstandene Ausschüsse und Komitees die ersten Maßnahmen (z.B. die Entnazifizierungskommissionen in der DDR oder die comités d’épuration in Frankreich). In manchen Fällen kam es auch zur Selbstregulierung (auto-épuration) der NS-Belasteten. Halb freiwillig, halb von der Furcht auf Bestrafung gedrängt gaben Führungskräfte ihre leitenden Funktionen auf, zogen sich aus der Wirtschaft zurück oder nutzten Fluchtmöglichkeiten (z.B. die in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands häufig anzutreffende Westwanderung oder die Rückkehr deutscher Staatsbürger, die nach Österreich übergesiedelt waren, in die Bundesrepublik). Der juristisch sanktionierten Vergehen nahmen sich besondere Verfolgungs- und Straforgane oder die wieder organisierten Gerichte und Polizeikräfte an. In einer Vielzahl europäischer Staaten standen diese Prozesse unter Aufsicht fremder Mächte, insbesondere der Alliierten in Deutschland und Österreich bzw. der Sowjetunion als neuer Hegemonialmacht im östlichen Europa.

Besonders wenn sozialistische und kommunistische Parteien die Nachkriegszeit dominierten, führte die Sequestrierung zur Nationalisierung wichtiger Industriezweige. Dieses Zusammenspiel war für die osteuropäischen Länder kennzeichnend, die sich in diesem Punkt kaum mit dem Westen vergleichen lassen. Aber auch in manchen westlichen Ländern gab es Verstaatlichungsbestrebungen, die vor allem Branchen betrafen, an denen ein starkes nationales Interesse bestand. Üblicherweise beruhten die Bestrebungen zur ökonomischen Kontrolle auf dem großen strategischen Gewicht der betroffenen Branchen für die Volkswirtschaft. Interessant ist in dem skizzierten Prozess, inwieweit politische Faktoren mit ökonomischen Erfordernissen kollidierten bzw. sich gegenseitig ergänzten.

Nach der Entfernung leitender Kräfte stellte sich die Frage der Wiederbesetzung der Positionen. Besonders in den verstaatlichten Industriezweigen bot sich die Möglichkeit, einer Einflussnahme auf die neu zu besetzenden Leitungsstellen. Für Frankreich ist beispielsweise die Etablierung einer Schicht von Technokraten diskutiert worden. In den Planwirtschaften der sowjetischen Hemisphäre wirkte sich die politische Einflussnahme von Seiten der Staatsparteien mehr als in den westlichen Ländern aus. Aber auch in diesen Staaten konnten nicht alle qualifizierten Leitungspositionen durch Parteikarrieristen eingenommen werden, so dass der Weg des Kompromisses bei der Besetzung dominiert haben dürfte. Hierbei waren Fragen der politischen Opportunität ebenso wie solche der fachlichen Qualifikation von Bedeutung.

Der Konzeption der Tagungen liegen fünf Hauptfragestellungen zugrunde, die gerne noch erweitert, modifiziert oder kombiniert werden können:
- Wie lässt sich der Elitenaustausch in einer Wirtschaftsregion (z.B. einem Montanrevier), einer bestimmten Branche oder einem Wirtschaftssegment (z.B. den großen Konzernen) qualitativ und quantitativ erfassen?
- Entsprang die Gesetzgebung zur Verfolgung der Kollaboration der nationalen Souveränität oder folgte sie den Vorgaben einer Besatzungs- bzw. Hegemonialmacht?
- Wie gestalteten sich die Karriereverläufe einzelner Gruppen von wirtschaftlichen Führungskräften? Gelangten die verhängten Sanktionsmaßnahmen überhaupt zur Durchführung?
- Welche Probleme ergaben sich aus der Entlassung von Leitungskräften und der Notwendigkeit zur adäquaten Neubesetzung ihrer Positionen?
- Wie wirkten sich Sequestrierung, Verstaatlichung und Elitenwechsel auf der Ebene eines Unternehmens oder einer Branche aus?

Programm

Thursday, February 19

14.30 Welcome session

15.00 Dieter Ziegler (Bochum)
Introduction paper

Session 1: Germany and Austria

15.20 Ralf Ahrens (Potsdam)
Bankers and Occupiers: Continuity and Change in the Personnel of German Big Banks after World War II

15.40 Marcel Boldorf (Bochum)
Denazification and the Change of Business Elites in the German Democratic Republic

16.00 Discussion of the papers

16.30 Coffee break

17.00 Wolfgang Weber (Bregenz)
From Nazification to Denazification: Austrian Business Elites (1938–1948)

Session 2: Western and Southern Europe

17.20 Dominique Barjot (Paris)
The Purge of the French Economic Elites after the Second World War

17.40 Discussion of the papers

18.00 General Discussion: Denazification vs. Political Purge: Differences and Similarities

20.00 Common dinner at the Restaurant of Fiege brewery, Bochum

Friday, February 20

Session 2 (continued): Western and Southern Europe

9.00 Florent Le Bot (Paris)
The post-war Purge in France and the Confiscation of “Illicit Profits”,
1944–1960s

9.20 Rolf Petri (Venice)
Miraculous Economy, Enduring Elite. The Case of Post-War Italy, 1948–1960

9.40 Michela Ponzani (Florence)
The Legal Purge of Economic Elites in Post-War Italy. Activities of anti-fascist Commissions and Extraordinary Courts of Assize, 1945-1947

10.00 Discussion of Session 2: The Cases of France and Italy

10.30 Coffee break

Session 3: Northern and Northwestern Europe

11.00 Steen Andersen (Copenhagen)
The juridical settlement that tumbled before it got started – Denmark and the persecution of collaborators

11.20 Dirk Luyten (Brussels)
Purge and Economic Elite Change in Belgium after 1944: A Matter of Legitimacy rather than Power

11.40 Discussion of the papers

12.10 Lunch Break

12.30 Common lunch at Tucholsky Restaurant, Bochum

Session 3 (continued): Northern and Northwestern Europe

14.00 Ben Wubs (Utrecht)
Unilever’s Post-war Purges

14.20 Wouter Veraart (Amsterdam)
The Downfall of the Schichts. Controversies around enemy property in Europe after World War II

14.40 Short Discussion of the papers

15.00 Discussion of Session 3: Post-war Purge and Entrepreneurs

15.30 Coffee break

Session 4: Eastern Europe

16.00 Jaromír Balcar (Bremen)
The Struggle for the Factories. Factory Councils, National Administration and Trade Unions in Czechoslovakia between Liberation and Nationalization

16.20 Dagmara Jajeśniak-Quast (Erfurt)
Between the Continuity and Discontinuity of Economic Experts During Socialist Industrialization in Poland. The Example of Iron and Steel Industries

16.40 Žarko Lazarević (Ljubljana)
Replacement of Economic Elites in Slovenia after World War II

17.00 Discussion of Session 4: Post-war Purge under Communist Rule

17.30 General discussion

18.00 Final announcements

Saturday, February 21

9.30 Visit of the Deutsches Bergbau Museum

Kontakt

Marcel Boldorf

Fakultät für Geschichtswissenschaft, 44780 Bochum

0234/3224660
0234/3214464
marcel.boldorf@rub.de

http://www.ruhr-uni-bochum.de/swg/index.html
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