Das Wissenschaftsmuseum wird gemeinhin als ein Ort anerkannt, an dem Geschichte und aktuelle Aspekte der (Natur-)Wissenschaften behandelt und in Dauerpräsentationen und Wechselausstellungen dargeboten werden. Prominente Beispiele sind das Deutsche Museum in München, das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden oder das Science Museum in London. Daneben sind seit dem 19. Jahrhundert zahlreiche Museen aufgebaut worden, die in direktem Zusammenhang mit einem bestimmten, meist durch seine Forschungen bekannten Wissenschaftler stehen wie das Darwin-Museum in Moskau, das Freud Museum in London, das Roentgen-Museum in Remscheid, das Pathologische Museum in Berlin, oder das Phyletische Museum in Jena. Ein genauer Blick auf diese Häuser zeigt, dass es hier feine, aber wichtige Unterschiede gibt: Zum einen handelt es sich um Museen, die in Gedenken an Wissenschaftler eingerichtet wurden und nicht selten ihre Wohn- und Arbeitsräume zum Ausgangspunkt musealer Präsentationen nehmen. Daneben existieren solche Museen, die dezidiert die Arbeiten und Entdeckungen von Wissenschaftlern zum Ausgangspunkt nehmen, gleichzeitig aber auch versuchen ihre Theorien in aktuelle Bezüge zu stellen. Schließlich ist eine dritte Kategorie zu benennen, in der Ausstellungen von Wissenschaftlern selbst aktiv betrieben, begründet und eingerichtet wurden. Diese drei Kategorien sollen vergleichend in den Blick genommen werden.
Wurde in den letzten Jahren vermehrt das Augenmerk darauf gerichtet, welchen zentralen Stellenwert Museen in der geistes-, wie naturwissenschaftlichen Forschungslandschaft besitzen, soll die geplante Tagung die Perspektive verkehren und danach fragen, welche Präsentationspraktiken aus den Museen und Ausstellungen in die Wissenschaftsräume diffundierten. Kurz gesagt: Neben die Forschung im Museum tritt die Ausstellung im Labor. Als prominentes Beispiel kann der Ausstellungsraum Vladimir Bechterevs angesehen werden, der Anfang des 20. Jahrhunderts in seinem psycho-physiologischen Labor in Sankt Petersburg ein ganzes Stockwerk der Ausstellung seiner Apparate und Versuchsaufbauten widmete. Aber auch das Phyletische Museum in Jena entstand in enger Verknüpfung mit den Darstellungspraktiken und Arbeitsweisen des Biologen Ernst Haeckel. In welchem Verhältnis stehen solche Ausstellungsräume zu den an den Universitäten üblichen Lehrmittelsammlungen? Welche gemeinsamen Praktiken wie etwa der Modellbau wurden gepflegt?
Ein Schwerpunkt der Tagung soll auf der Differenz zwischen Arbeitspraxis und Ausstellungspraxis liegen. These ist, dass der Gegenverkehr von Praktiken zwischen Museum und Labor nicht nur auf der Ebene der Repräsentation stattfindet, sondern ebenso auf der Ebene der Wissensproduktion. Das Ausstellen von wissenschaftlichen Objekten ist genauso historischen Wandlungen unterworfen, wie die wissenschaftlichen Objekte selbst. Mehr noch - das Ausstellen von Wissen ist nicht als Repräsentation von diesem Wissen unterscheidbar. Es ist Teil seiner Produktion.
Die Tagung wird die Darstellung, Ausstellung und Musealisierung von wissenschaftlichen Objekten in seiner historischen wie aktuellen Dimension herausarbeiten. Während der erste Schwerpunkt der Tagung die „Ausstellung im Labor“ thematisiert, soll der zweite Schwerpunkt den Auswirkungen einer „longue durée“ der Präsentationspraktiken gewidmet werden, die auch heute noch unseren Wissenschaftsalltag bestimmen. Wieviel Museum steckt in der Wissenschaft?
Usually, Science Museums are places where the history and meaning of science is on display and explained by permanent and temporary exhibitions. Prominent examples are the "Deutsches Museum" in Munich or the "Science Museum" in London. Beside these canonical institutions, another kind of museum has been established from the 19th century onwards, namely those which are prominently connected to a single scientist like the "Darwin Museum" in Moscow or the "Freud Museum" in London. Looking carefully at these museums, we discover a range of different aspects and discrepancies to the former type: while the former type deals with scientific stands within the various disciplines, the latter has usually been errected to commemorate the person of the scientist or to explain the work of a scientist by following up his or her theories into the present. Finally, a third kind comes to mind, that is a museum which was set up by the scientist himself. Those three categories will be in center of discussion.
Recent years saw the rise of a new sensibility to the question of how the idea and institution of the museum not only hosts research, but also contributes to the research of the „hard“ as well as the „soft“ sciences. This conference wants to turn around this fruitful perspective - how much science is in a museum - to the question of how much (and which parts) of the museum, or its practices of presentation and display, is influencing laboratory work. A prominent example of this new perspective is the exhibition space of the Russian physiologist Vladimir Bechterev. At the beginning of the 20th century he arranged and exhibited his laboratory equipment in several rooms of his physiological laboratory in St. Petersburg. Another example would be the "Phylogenetisches Museum" in Jena, planned by Ernst Haeckel, parallelising aesthetic and scientific interests. How do these arrangements communicate with other collections like teaching collections in universities? Which practices, for example model making, do they have in common? Do presentation practices have a "longue durée"? Do our poster sessions today come from these installations in the laboratory?
To answer these and other questions, we will concentrate on the relationship between scientific practices and presentation practices in the laboratory. Our assumption is, that this two-way relation is not only part of scientific representation, but also shows epistemological processes. Exhibitions and showrooms in scientific work spaces are not only displays of knowledge, but play a crucial role in its production. Thus, the leading question is: How much exhibition is there in science?