Call for Paper: Sammelband zur „Postkolonialen Schweiz“
Patricia Purtschert, Barbara Lüthi, Francesca Falk (Hrsg.)
Einsendeschluss des Abstracts (1-2 Seiten): 1. März 2010
Einsendeschluss des druckfertigen Artikels: 1. Oktober 2010
Die Annahme, wonach die Schweiz nicht in das koloniale Geschehen involviert gewesen sei, wurde in den letzten Jahren insbesondere durch wirtschaftshistorische Forschungen, welche sich der Rolle der Schweiz im transatlantischen Handel widmen, nachdrücklich widerlegt. Allerdings machen diese ökonomischen Verstrickungen nur einen Aspekt der „kolonialen Schweiz“ aus. Völkerschauen, Reiseberichte, rassentheoretische Abhandlungen, völkerkundliche Sammlungen und Museen, exotische Ansichtskarten, völkerrechtliche Beiträge, Missionszeitschriften, Sonntagschultraktate oder Tourismuswerbung stellten und stellen zentrale, durch koloniale Perspektiven geprägte Bestandteile des Lebens in der Schweiz dar. Die Exotisierung anderer Kulturen oder ihre Darstellung als vormodern, archaisch und auf westliche Entwicklungshilfe angewiesen prägen bis heute zentrale Aspekte des Schweizer Selbstverständnisses, das sich in Absetzung dazu als modern, progressiv und humanitär definiert.
Mit Hilfe postkolonialer Theorieansätze sollen in diesem interdisziplinär angelegten Sammelband sozio-kulturelle, wirtschaftliche, diskursive und imaginäre Dimensionen einer „postkolonialen Schweiz“ in den Blick genommen und untersucht werden. Ausgangsthese ist, dass die Postcolonial Studies hilfreiche Denkansätze zur Verfügung stellen, um koloniale Verflechtungen und ihre Rückwirkungen auf die europäische Geschichte bis hinein in die Gegenwart zu untersuchen. Da sich postkoloniale Ansätze aber zumeist auf die Analyse ‚klassischer’ imperialer Mächte beziehen, soll auch gefragt werden, welcher Differenzierungen und Transformationen es bedarf, um die Postcolonial Studies auf die Schweiz anwenden zu können. Als hilfreich könnte sich dabei die Verwendung bestehender Konzepte wie Entangled History (Shalini Randeria), Colonial Complicity (Diane Mulinari et al) oder Innocence Unlimited (Gloria Wekker) erweisen. Besonders berücksichtigt werden ferner intersektionale Fragestellungen, d.h. Forschungsbeiträge, welche die konstitutive Verflechtung von Rasse, Ethnizität, Nation, Geschlecht, Sexualität und Religion in den Blick nehmen.
Abstracts sind zu senden an:
Patricia Purtschert, patricia.purtschert@unibas.ch
Barbara Lüthi, barbara.luethi@unibas.ch
Francesca Falk, Francesca.Falk@unibas.ch