Recht und Gerechtigkeit. Die Justiz und das Erbe der SED-Diktatur.

Recht und Gerechtigkeit. Die Justiz und das Erbe der SED-Diktatur.

Veranstalter
Horch und Guck. Zeitschrift zur kritischen Aufarbeitung der SED-Diktatur
Veranstaltungsort
Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
15.12.2009 - 31.03.2010
Deadline
31.03.2010
Von
Johannes Beleites

Die Redaktion der Zeitschrift HORCH UND GUCK lädt für ihr am 1. Juni 2010 erscheinendes Heft 68 (2/2010) ein zu Beiträgen zum Thema:

Recht und Gerechtigkeit.
Die Justiz und das Erbe der SED-Diktatur.

„Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat.“ Dieser Enttäuschung, Resignation und auch Anklänge von Ohnmacht ausdrückende Ausspruch Bärbel Bohleys ist verbunden mit der unbefriedigenden Sühne kommunistischer Verbrechen und alltäglicher Eingriffe und den Umdeutungen der einstigen Täter nach der deutschen Vereinigung. Inzwischen sind es oft frühere Systemträger der SED-Diktatur, die sich – nicht selten in zynisch wirkender Weise – auf den Rechtsstaat berufen. Mit dessen Hilfe wollen sie Sonder-Renten sichern oder verhindern, dass ihre Verantwortung in der Diktatur öffentlich gemacht wird. Frühere Stasi-Mitarbeiter wenden sich an die Datenschutzbeauftragten und versuchen mit deren Hilfe, die Nennung ihrer Namen in Ausstellungen und Internetprojekten zu verhindern. Zum Beweis, dass die Stasi ein normaler Geheimdienst gewesen sei, wird immer wieder angeführt, dass lediglich ein früherer MfS-Mitarbeiter von der bundesdeutschen Justiz zu einer tatsächlichen Haftstrafe verurteilt worden sei.

Demgegenüber beklagen frühere Stasi-Opfer häufig die Nachsicht des Rechtsstaates und führen ebenfalls die geringe Zahl der Verurteilungen ehemaliger Systemträger an. Wer verfolgt war, profitiert häufig auch da nicht vom Rechtsstaat, wo dieser die spezifischen Belange der Verfolgten adressiert: Gesetzliche Regelungen, die einen gewissen finanziellen Ausgleich für erlittenes Leid sichern sollen, greifen für zahlreiche Betroffene nicht. Entgegen dem erklärten Willen des Gesetzgebers scheint sich in den heutigen Rentenbezügen in der SED-Diktatur erlittenes Unrecht fortzusetzen.

Knapp zwanzig Jahre nach den ersten Strafverfahren gegen DDR-Systemträger, die 1990 noch in der DDR begannen, ist es an der Zeit nachzufragen, welche Wirkung der Rechtsstaat bei der Bewältigung politisch bedingten Unrechts tatsächlich entfalten konnte, und in welchem Verhältnis dazu die Bewertungen und Wahrnehmungen verschiedener Akteursgruppen stehen. Wie wirk(t)en sich die Ergebnisse strafrechtlicher Verfahren, aber auch der Rechtsprechung in Fragen der Rehabilitierung und Entschädigung in der Gesellschaft aus? Wie weit sind sie überhaupt bekannt? Auf welchen Informationen und Vorstellungen beruht das Räsonieren über das Verhältnis von Rechtsstaat und Gerechtigkeit bei der Beurteilung der SED-Diktatur heute?

Im Zusammenhang mit den Strafverfahren gegen DDR-Systemträger wäre zu fragen, welche Rolle diese Verfahren für die Opfer von Repression und Willkür spielen, die in den Verfahren höchstens als Zeugen, selten auch als Nebenkläger auftauchten. Wie ist die
Schuld anderer Stützen der Diktatur politisch-kulturell zu fassen? Welche Chancen bestehen noch für außerrechtlicher Formen der Vergangenheitsbewältigung, wenn es um das Gerechtigkeits-Empfinden geht? Worin bestehen deren Grenzen?

HORCH UND GUCK widmet sich im am 1. Juni 2010 erscheinenden Heft 68 (2/2010) diesem Themenfeld als Schwerpunkt. Die Redaktion ist interessiert an Beiträgen im Umfang von etwa 20.000 Zeichen sowie an Fotos, Illustrationen, Dokumenten oder sonstigen Fundstücken.

Gleichfalls ist die Redaktion der „Zeitschrift zur kritischen Aufarbeitung der SEDDiktatur“ – so der Untertitel von HORCH UND GUCK – an weiteren Beiträgen im Themenfeld der Zeitschrift interessiert.

Bitte schicken Sie Abstracts mit einer Länge von ca. 1.000 Zeichen bis zum 15. Dezember 2009 an die Redaktion. Redaktionsschluss für diese Ausgabe ist der 31. März 2010.

Programm

Kontakt

Peter Grimm

Horch und Guck, Winsstr. 60, 10405 Berlin

030/88552170

info@horch-und-guck.info

www.horch-und-guck.info