Übergangsperioden als historiographisches Problem. Die entscheidenden Entwicklungsphasen der "Moderne", 1494-1973

Übergangsperioden als historiographisches Problem. Die entscheidenden Entwicklungsphasen der "Moderne", 1494-1973

Veranstalter
Italienisch-Deutsches Historisches Institut
Veranstaltungsort
Via S. Croce 77
Ort
Trento
Land
Italy
Vom - Bis
11.09.2012 - 14.09.2012
Von
Dr. Stefan Bauer

Das Gefühl, in einer historischen Übergangszeit zu leben, verbreitet sich immer mehr. Man wird sich bewußt, daß die Schwierigkeiten, mit denen die Welt, und besonders Europa, kämpft, nicht mehr die Symptome einer klassischen „Krise“ sind. Sie sind nicht mehr nur ein Augenblick negativer Konjunktur, der durch eine Verstärkung des Systems – das durch seine Schwierigkeiten lernt – überwunden werden kann. Vielmehr stellen Sie einen epochalen Übergang in Richtung einer Zukunft dar, in der unsere Verständnis- und Organisationsparameter tief verändert werden.

Es handelt sich natürlich nicht um ein völlig neues Gefühl: Seit Ende des 19. Jahrhunderts gab es regelmäßig Phasen der Betrachtung zum Thema des „Niedergangs“, erhitzte Debatten über den sogenannten „Untergang des Abendlandes“ oder Debatten über neue Weltmächte und die Homogenisierung der Kulturen. Das Thema wird jedoch heute drängender; und das Bewußtsein wird tiefer, daß man das Thema nicht einfach mit den Kategorien, die man üblicherweise verwendet hat, erklären kann. Denn die sogenannte Globalisierung hat viele unserer Horizonte erschüttert.

In den Sozialwissenschaften hat man sich seit langem mit dem Thema beschäftigt. Karl Jaspers prägte 1949 den Begriff der „Achsenzeit“ als Wiege der Moderne. Damit meinte er die Ausformung der Weisen, in denen wir Mensch und Welt verstehen, und er bezog sich auf die fünf Jahrhunderte des Altertums, in denen sich die chinesische, indische, jüdische und griechische Kultur durchsetzten. Soziologen wie Shmuel N. Eisenstadt, Robert Bellah und Hans Joas haben dem Studium der „Achsenzeiten“ neue Impulse gegeben, um die Entwicklung der „multiple modernities“, d.h. der verschiedenen Formen der Moderne im Laufe der Zeit, zu verstehen.

Parallel dazu hat sich nicht nur in den Sozialwissenschaften und den Künsten, sondern ebenfalls in der Geschichtswissenschaft eine Debatte über die „Postmoderne“ ausgebildet. Auch sie ist Ausdruck der Empfindung, daß sich nunmehr die Paradigmen einer historischen Epoche beinahe aufgebraucht haben.

Das Italienisch-Deutsche Historische Institut in Trient (ISIG) hat sich seit Oktober 2010 das Ziel gegeben, das oben beschriebene Thema historisch aufzuarbeiten. Im Jahr 1973 wurde das Institut auf Initiative von Paolo Prodi gegründet. Heute ist es ein Teilinstitut der „Fondazione Bruno Kessler“, die unter der Leitung von Prof. Massimo Egidi eins der vielfältigsten und innovativsten außeruniversitären Forschungszentren in Italien darstellt. Das ISIG beschäftigt 14 Forscher und zwei Forschungsdirektoren, die alle über das Thema „Übergänge als historiographisches Problem. Die entscheidenden Entwicklungsphasen der Moderne, 1494-1973“ arbeiten.

Das dreijährige Projekt ist nun auf der Hälfte des Wegs, und um die Stichhaltigkeit und die Angemessenheit der Arbeit zu prüfen, ist die Studienwoche (11.–14. September 2012) dieses Jahr der Diskussion zwischen den Forschern des Instituts und eingeladenen hochqualifizierten Historikern gewidmet (siehe beiliegendes Programm). Das Ziel besteht darin, nicht nur die bisher erreichten Ergebnisse zu überprüfen, sondern auch die Erweiterung der historiographischen Debatte zur Kategorie des „Übergangs“ anzusprechen. Diese Kategorie wird in der Form von drei Übergangsphasen erforscht: der Zeit der Reformation und der Gegenreformation; der Sattelzeit vom 18. bis 19. Jahrhundert; und schließlich der Jahre von 1945 bis 1973, in denen es einerseits schien, als ob der ersehnte Fortschritt vollends erreicht worden sei, man aber andererseits feststellte, daß dieser Fortschritt eben dieselben Werte in Frage stellte, auf die er gegründet zu sein schien.

Mit diesen Forschungen wollen wir es der italienischen Geschichtsforschung, besonders deren jüngeren Vertretern, ermöglichen, Beiträge zu einem Thema zu geben, das international immer stärker einen Platz im Mittelpunkt des Interesses erobert.

Die Studienwoche ist öffentlich und der Eintritt ist frei. Sie wird in Trient im Institut in der Via S. Croce 77 stattfinden. Es sind auch 12 Stipendien zur Teilnahme von jungen Historikern und Historikerinnen vorgesehen. Weitere Auskünfte gibt das Sekretariat des ISIG: Tel. +39-0461-314 265 oder per E-mail: info-studistorici@fbk.eu.

Programm

Dienstag, 11. September 2012

15.00-15.15
Saluto del direttore FBK-Isig / Begrüßung des Direktors des FBK-Isig Paolo Pombeni

15.15-15.45
Paolo Pombeni (Trento-Bologna)
La transizione e le sue fasi: riflessioni sui problemi aperti / Der Übergang und seine Phasen: Überlegungen zu offenen Problemen

15.45-16.15
Marcello Verga (Firenze)
Tradimento della borghesia e transizione:discorsi sulla storia italiana dell'età moderna/ Verrat des Bürgertums und Übergang: Deutungen der italienischen Geschichte der Neuzeit

17.10-18.30 CASI DI STUDIO / HISTORISCHE FALLSTUDIEN
Carlo Taviani (FBK-Isig)
“Stati privatizzati”. Discorsi sulla lunga transizione del potere territoriale delle compagnie finanziarie e commerciali (XV-XVIII secolo) / “Privatisierte Staaten”. Diskurse über die lange Wandlung der territorialen Herrschaft der Finanz- und Handelskompanien (15.-18. Jh.)

Katia Occhi (FBK-Isig)
Ai confini dell'Impero. Attività produttive e reti commerciali tra continuità e mutamento (secoli XVI-XVIII) / An den Grenzen des Reichs. Vorindustrielle Produktion und Handelsnetzwerke zwischen Kontinuität und Wandlung (16.-18. Jh.)

COMMENTI / KOMMENTARE: Luciano Pezzolo (Venezia) - Marcello Verga (Firenze)
DISCUSSIONE / DISKUSSION

Mittwoch, 12. September 2012

9.30 -10.00
Reinhard Stauber (Klagenfurt)
Neuzeit? Zur Problematik des Übergangs um 1500. Eine Einführung / Modernità? Sulla problematica della transizione intorno all’anno 1500. Un’introduzione

10.15-13.00 CASI DI STUDIO / HISTORISCHE FALLSTUDIEN
Stefan Bauer (FBK-Isig)
Transizioni nello spazio della letteratura storiografica. Onofrio Panvinio (1530-1568): la comunicazione e trasformazione della storia della Chiesa / Übergänge im Raum der Geschichtsschreibung. Onofrio Panvinio (1530-1568): Kommunikation und Transformation von Kirchengeschichte

Massimo Rospocher (FBK-Isig)
Dall’oralità alla stampa: transizione o rivoluzione? / Von der Mündlichkeit zur Druckerpresse: Übergang oder Revolution?

COMMENTI / KOMMENTARE: Roberto Bizzocchi (Pisa) - Luise Schorn-Schütte (Frankfurt)
DISCUSSIONE / DISKUSSION

15.00-15.30
Christof Dipper (Darmstadt)
Die historische Schwelle um 1800. Eine Skizze. / La soglia storica intorno all'anno 1800. Uno schizzo

15.30 -18.30 CASI DI STUDIO / HISTORISCHE FALLSTUDIEN
Fernanda Alfieri (FBK-Isig)
"Trarre come dal caos e dar forma alle cose"? La Compagnia di Gesù nel primo Ottocento tra rotture e continuità / “Aus dem Chaos den Dingen Form geben”? Die Gesellschaft Jesu zu Anfang des 19. Jahrhunderts zwischen Brüchen und Kontinuität

Claudio Ferlan (FBK-Isig)
La percezione del mutamento religioso. I primi gesuiti in Austria (secolo XVI) / Die Wahrnehmung der religiösen Veränderung. Die frühen Jesuiten in Österreich (16. Jh.)

Emilie Delivré (FBK-Isig)
Giustizia popolare e transizione giuridica: i Rügegerichte nella Sattelzeit / Volksjustiz und Übergang im Justizwesen: Die Rügegerichte in der Sattelzeit

COMMENTI / KOMMENTARE: Marco Bellabarba (Trento) – Pierre-Antoine Fabre (EHESS - Parigi) - Dieter Langewiesche (Tübingen)
DISCUSSIONE / DISKUSSION

Donnerstag, 13. September 2012

9.30- 10.00
Paolo Macry (Napoli)
La sfera politica come gestione e come rappresentazione della transizione / Die politische Sphäre als Führung und Darstellung des Übergangs

10.00-13.00 CASI DI STUDIO / HISTORISCHE FALLSTUDIEN
Giovanni Bernardini (FBK-Isig)
Ideologia e transizione. La socialdemocrazia nel secondo dopoguerra tra specificità nazionali e reciproche influenze / Ideologie und Übergang. Die Sozialdemokratie nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen nationalen Eigenheiten und gegenseitiger Einflußnahme

Cecilia Nubola (FBK-Isig)
Giustizia di transizione. I provvedimenti di clemenza nell’Italia del secondo dopoguerra / Übergangsjustiz. Die Gnadenverfahren in Italien nach dem Zweiten Weltkrieg
INTERVENTO DI COMMENTO / KOMMENTARE: Guido Formigoni (IULM- Milano) –- Raffaele Romanelli (La Sapienza - Roma) – Jens Späth (DHI - Roma)
DISCUSSIONE / DISKUSSION

15.00-15.30
Axel Schildt (Hamburg)
Kulturelle Umbrüche nach 1945 / Cambiamenti culturali profondi dopo il 1945

15.30-18.30 CASI DI STUDIO / HISTORISCHE FALLSTUDIEN
Maurizio Cau (FBK-Isig)
Culture costituzionali in transizione. Italia e Germania nel secondo dopoguerra / Verfassungskulturen im Übergang. Italien und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg

Marco Mondini (FBK-Isig)
Transizioni dalla guerra alla pace: smobilitazioni e ritorni nell’Europa del ‘900 / Übergänge vom Krieg zum Frieden: Demobilisierungen und Heimkehr im Europa des 20. Jahrhunderts

Gabriele D’Ottavio (FBK-Isig)
La scienza politica in Germania e Italia dopo il 1945. Da oggetto di trasformazione a attore della transizione / Die Politikwissenschaft in Deutschland und Italien nach 1945. Vom Objekt zum Akteur der Übergangsphase

COMMENTI / KOMMENTARE: Gustavo Corni (Trento) - Maurizio Fioravanti (Firenze) - Heinz-Gerhard Haupt (Bielefeld)
DISCUSSIONE / DISKUSSION

Freitag, 14. September 2012

9.00- 9.30 Michael Freeden (Oxford), Final remarks: a View from Conceptual History/ Considerazioni finali: il punto di vista della storia dei concetti /Schlußbemerkungen aus Perspektive der Begriffsgeschichte

DIBATTITO CONCLUSIVO / SCHLUSSDEBATTE
QUALI NUOVE PROSPETTIVE DI RICERCA APRE IL CONCETTO DI “PERIODI DI TRANSIZIONE”? / WELCHE NEUE FORSCHUNGSPERSPEKTIVEN ERÖFFNET DAS KONZEPT DER “ÜBERGANGSPERIODEN”?
Moderatore / Moderator
Paolo Pombeni

11.30-12.30
Heinz-Gerhard Haupt (Bielefeld)
Ergebnisse und Perspektiven / Risultati e prospettive

COORDINAMENTO SCIENTIFICO / WISSENSCHAFTLICHE LEITUNG

Heinz-Gerhard Haupt (Universität Bielefeld)
Paolo Pombeni (FBK-Istituto storico italo-germanico / Università di Bologna)
Traduzione simultanea /Simultanübersetzung

Informazioni / Auskünfte
Fondazione Bruno Kessler
Istituto storico italo-germanico
Elisabetta Lopane - Antonella Vecchio
Tel :+39 0461 210 215-265
e-mail: info-studistorici@fbk.eu
http://isig.fbk.eu/

Kontakt

Antonella Vecchio / Elisabetta Lopane
Sekretariat

ISIG, Via. S. Croce 77

info-studistorici@fbk.eu

http://isig.fbk.eu/
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