Doings-Sayings-Writings. 1. Historiker-Workshop des DFG-Graduiertenkollegs „Selbst-Bildungen. Praktiken der Subjektivierung“

Doings-Sayings-Writings. 1. Historiker-Workshop des DFG-Graduiertenkollegs „Selbst-Bildungen. Praktiken der Subjektivierung“

Veranstalter
Constantin Rieske / Lucas Haasis, DFG-Graduiertenkolleg "Selbst-Bildungen"
Veranstaltungsort
Carl von Ossietzky Universität
Ort
Oldenburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.12.2012 - 08.12.2012
Von
Milena Weber

Wie wird ein Subjekt zum Subjekt? Auf den ersten Blick stellt sich diese Frage erst im Zeitalter des Internets, dessen unzählige Foren die Möglichkeit zu bieten scheinen, sich ständig neu zu erfinden. Aber lassen sich vergleichbare Phänomene womöglich bereits in der Geschichte finden? Während sich wissenschaftliche Diskurse bislang vor allem auf die theoretische Frage konzentriert haben, was das Subjekt sei und ab wann in der Geschichte von einem Subjekt gesprochen werden könne, befasst sich das interdisziplinäre DFG-Graduiertenkolleg „Selbst-Bildungen. Praktiken der Subjektivierung“ mit der historischen Dimension von Selbst-Bildungen.

In Weiterführung praxeologischer und subjektivierungstheoeretischer Konzepte geht es der Frage nach, wie Akteure in verschiedenen historischen Kontexten zu Subjekten gemacht wurden, sich selbst zu Subjekten machten und als solche erkennbar wurden: durch Habitus, Sprache, Bilder und Artefakte. Es gilt dabei, das Soziale als ein „beobachtbares“ körperliches Geschehen verschiedener, in den „Spielzügen“ sozialer Praktiken miteinander verflochtener Handlungsträger zu thematisieren. Unter sozialen Praktiken werden dabei Komplexe sozial geregelter und typisierter Handlungsmuster verstanden, in die sich die Menschen bei ihrem alltäglichen Tun und Handeln gleichsam verwickelten. Im Unterschied zu Handlungen gehen Praktiken nicht von Subjekten aus, sondern Subjekte schufen und bildeten sich in Praktiken. Diese waren stets eingebettet in historische Kontexte, umfassten einen stets wandelbaren Bestand einflussreicher Gebräuche und Wissensbestände, auf die die Akteure zurückgriffen und sie gleichzeitig reproduzierten und transformierten. Historisch-praxeologische Ansätze bieten somit neue Erklärungen für das Verständnis gesellschaftlichen Wandels, soziokultureller Verwerfungen und Neuorientierungen.

Der erste Historiker-Workshop des DFG-Graduiertenkollegs vom 07. bis 08. Dezember 2012 an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg wendet sich nun gezielt deutschlandweit an DoktorandInnen und PostdoktorandInnen der Geschichtswissenschaft vergleichbarer Gedankenschmieden. Angesprochen werden sollen HistorikerInnen aus dem Mittelbau, die ihre Arbeiten gerade in jüngster Zeit vermehrt dieser neuen Forschungsrichtung verschreiben und ihr dadurch gleichsam ihr ganz eigenes, erst zukunftsträchtiges Profil verleihen. Ziel des Workshops ist es, diese verschiedenen Ansätze erstmals gebündelt zusammenzuführen und sich dezidiert im gegenseitigen Austausch kritikfähig der Frage nach der „Machart“ und den Eigenheiten einer mit „praxeologisch“ überschriebenen Forschungsoptik in der Geschichtsschreibung zu widmen.

Im Rahmen des Workshops sollen sowohl unterschiedliche historisch-praxeologische Forschungsansätze sowie Mittel und Wege der (Re-) Lektüre von Quellen zur Sprache kommen, als auch Möglichkeiten und Grenzen der historisch-praxeologischen Arbeit und Analyse ausgelotet und diskutiert werden.

Betont werden soll dabei die Form des „Workshops“ als offene Plattform für einen anregenden und flexiblen Austausch über historische Perspektiven auf die prominent kursierenden „Doings-Sayings-Writings“ innerhalb historisch-spezifischer Konstellationen.

Programm

Freitag, 07. Dezember

13:00 Begrüßung

13:15 – 14:15 Tim Neu (Universität Göttingen): Die Ambivalenz der Aneignung. Möglichkeiten und Grenzen diskursiven Handelns in vormodernen Verfassungskonflikten

14:15 – 15:15 Annika Raapke (Universität Oldenburg): Der seltsame Fall des gestohlenen Skalpells und andere Begebenheiten. Anerkennungspraktiken und Konfliktsituationen in Ärztekollegien des 18. Jahrhunderts

15:15 – 15:45 Kaffeepause

15:45 – 16:45 Lucas Haasis (Universität Oldenburg): Correspondence makes the merchant: Die Briefe Nicolaus Gottlieb Lütkens` (1744-1746)

16:45 – 17:45 Katja Lißmann (Universität Tübingen): Das Wachstum im Glauben, die Neue Kreatur und die „Arbeit (an) seiner Seelen": Die Briefe Sophia Maria von Stammers an August Hermann Francke als schriftliche Subjektkonstitution im Netzwerk (1691-1705)

Moderation: Constantin Rieske

19:00 Abendessen (Patio, Bahnhofsstraße 11, 26122 Oldenburg)

Samstag, 08. Dezember

10:00 – 11:00 Constantin Rieske (Universität Oldenburg): Re-Turning to God?! Zur Praxis frühneuzeitlicher Glaubenswechsel in Konversionserzählungen

11:00 – 12:00 Babette Reicherdt (Universität Kassel): Gemeinschaft und Geschlecht in Klosterräumen: Körper, Beziehungen und Emotionen in Chroniken aus Klarissenkonventen des 16. Jahrhunderts

12:00 – 12:45 Mittagspause

12:45 – 13:45 Julia Breittruck (Universität Bielefeld): Von Schülern und 'Transformationsräumen'. Vögel als Haustiere im 18. Jahrhundert

13:45 – 14:45 Jörn Esch (Universität Oldenburg): How to play by the book? Der Fußballer in Praxismanualen

Moderation: Lucas Haasis

14:45 – 15:00 Kaffeepause

15:00 – 16:00 Abschlussdiskussion, Organisatorisches, Kaffee

Kontakt

m.maria.weber@uni-oldenburg.de

http://www.uni-oldenburg.de/forschung/graduiertenkolleg-selbst-bildungen/
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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