Wissen in Landwirtschaft und ländlicher Gesellschaft

Wissen in Landwirtschaft und ländlicher Gesellschaft

Veranstalter
Gesellschaft für Agrargeschichte mit dem Arbeitskreis für Agrargeschichte; Historisches Institut der Uni Duisburg-Essen
Veranstaltungsort
Kulturwissenschaftliches Institut Essen, Goethestraße 31, 45128 Essen, www.kwi-essen.de
Ort
Essen
Land
Deutschland
Vom - Bis
14.06.2013 - 15.06.2013
Deadline
01.06.2013
Von
Bracht, Johannes

In der Agrargeschichte sind wissenshistorische Ansätze verhältnismäßig rar (Auderset/Bächi/Moser, Harwood, Popplow, Spieker/Inhetveen/Schmitt, Schlude, Uekötter). Dies gilt insbesondere im Vergleich zu den zahlreichen sozial- und geisteswissenschaftlichen Arbeiten, die in den letzten zehn Jahren rund um die Kategorie »Wissen« entstanden sind. Unabhängig davon, dass der Wissensbegriff weiterhin unsicher ist, stimmen viele Arbeiten darin überein, dass Wissensbestände als eng verknüpft mit Praktiken anzusehen sind: Historisches Wissen zu erforschen heißt deshalb in weiten Teilen jene Praktiken zu erforschen, in denen es enthalten war bzw. durch die es hervorgebracht, stabilisiert, verbreitet und zuweilen auch wieder zerstört wurde. Vermittelt durch einen derart erweiterten Blick hat sich das Interesse der Forschung neben »klassischen«, formalisierten bzw. kodifizierten Wissensbeständen, die durch die Produktion entsprechender Quellen der historischen Analyse vergleichsweise leicht zugänglich sind, inzwischen auf eine Vielzahl anderer Formen des Wissens gerichtet, darunter Alltagswissen, Erfahrungswissen oder implizites Wissen.

Die erste gemeinsame Tagung der Gesellschaft für Agrargeschichte und des Arbeitskreises für Agrargeschichte verfolgt zwei Ziele: Zum einen möchte sie (Nachwuchs-) Wissenschaftler/innen die Gelegenheit geben, wissensorientierte Forschungen und Ansätze mit Bezug zur Landwirtschaft oder zur ländlichen Gesellschaft vorzustellen. Zum anderen soll dabei ausgelotet werden, inwiefern die Reflexion über Agrarwissen auch einen inhaltlichen oder methodischen Beitrag zum allgemeinen Projekt einer Wissensgeschichte leisten kann.

Wissensgeschichte fokussiert häufig – anders als die Wissenssoziologie, in der implizites oder Alltagswissen im Zentrum steht (Berger/Luckmann) – auf die Produktion neuen Wissens, d.h. auf wissenschaftliches Wissen in seiner gesellschaftlichen Einbettung. Eine sich formierende Geschichte des Wissens als eigenes Forschungsfeld (Speich-Chassée/Gugerli) stützt sich somit in weiten Teilen auf die neuere Wissenschaftsgeschichte mit ihren science in context und science as practice Ansätzen, steht jedoch gleichzeitig vor der Herausforderung sich als Wissens-Geschichte von ihr zu unterscheiden.

Oft wird die Berücksichtigung »nicht-wissenschaftlicher Wissensformen« gefordert, wenngleich deren Vorkommen nach Auflösung der Wissenschaften und des außerwissenschaftlichen Wissens in (alltägliche) Praktiken im Rahmen der neueren Wissenschaftsgeschichte nicht mehr so eindeutig zu identifizieren und abzugrenzen ist. Da sich Agrargeschichte in weiten Teilen mit Orten, Personen oder Praktiken befasst, die weithin als »nicht-wissenschaftlich« gelten, begreifen die Veranstalter/innen es nicht nur als Anreiz, sondern auch als Chance, gerade hier Wissensfragen zu bearbeiten und einen Dialog zwischen Agrar- und Wissensgeschichte anzustreben.

Programm

Freitag, 14. Juni 2013

12:00
Imbiss

12:45
Begrüßung

13:00
Wissenszirkulation und ihre Grenzen

Zirkulation des Wissens über den Tabakanbau in Baden und im Elsass um 1800
Alexander van Wickeren, M.A. (Universität zu Köln)

„Durch Rasse zur Leistung“ – Die Anfänge der Geflügelzucht in Westfalen
Ulrike Heitholt, M.A. (Universität Bielefeld)

Agrar-ökologisches Wissen in Simbabwe – Gender-Dimensionen und historische Kontexte
Dr. Rita Schäfer (Essen)

15:00
Kaffeepause

15:30
Wissensorganisation und -förderung

Von den Hofgärten in die Dorfgärten – Wege obstbaulichen Wissens vom Zentrum in die Peripherie im Kurfürstentum/Königreich Hannover
Heike Palm / Dr. ing. Sylvia Butenschön (Technische Universität Berlin)

Landwirtschaftliche Vereine als Wissensagenturen
Dr. Marten Pelzer (Köln)

Die Untersuchung über Lebens- und Arbeitsbedingungen von Frauen in der Landwirtschaft: Ein Beispiel für geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und Organisation von Wissen in der ländlichen Wissensgesellschaft
Dr. Marion Keller (Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main)

17:30
Kaffeepause

17:45
Mitgliederversammlung der Gesellschaft für Agrargeschichte

19:30
Gemeinsames Abendessen

Samstag, 15. Juni 2013

9:00
Wissenspolitiken

Auf der Suche nach dem Urweizen: Botanisches und agrarwissenschaftliches Wissen zwischen Ideologie und Anwendung in Palästina (1900-1930)
Dana Brüller, M.A. (Ludwig-Maximilians-Universität München)

White Farmers, Black Labourers? Agrarische Wissensvermittlung im Südafrika des 20. Jahrhunderts
Dr. Julia Tischler (Humboldt-Universität Berlin)

Experten-Diskussion im "Dritten Reich". Landwirtschaftliches Praxiswissen in den Quellen des Reichsnährstandes
Joachim Hendel, M.A. (Universität Jena)

11:00
Kaffeepause

11:30
Podiumsdiskussion

Zum Potenzial des wissensgeschichtlichen Ansatzes für die Agrargeschichte
Teilnehmer: Dr. Peter Moser (Archiv für Agrargeschichte, Bern), Verena Lehmbrock M.A. (Universität Jena), Dr. Marcus Popplow (Universität Salzburg), Prof. Dr. Werner Troßbach (Universität Kassel), Ursula Schlude M.A. (Berlin)

12:30
Mittagessen

14:00
Wissensmedien

‚Wissenschaft‘ zwischen Vorbild, Feld und Federkiel. Das Libro de agricultura des Gabriel Alonso de Herrera
Dr. Stefan Schlelein (Humboldt-Universität Berlin)

Der Film als Medium der Wissensvermittlung. Die agrarische Filmproduktion in der Schweiz der 1920er bis 1960er Jahre
Thomas Schibli, M.A. (Archiv für Agrargeschichte Bern)

Die agrarisch-industrielle Wissensgesellschaft am Scheideweg? Neue Kommunikationsmedien und Wissensordnungen seit den 1980er Jahren
Dr. Beat Bächi (Archiv für Agrargeschichte Bern)

Ende ca. 16:00

Es wird gebeten, sich bis zum 1.6.2013 unter u.a. Kontaktadresse anzumelden.

Kontakt

Prof. Dr. Stefan Brakensiek

Historisches Institut, Universität Duisburg-Essen

0201-183-3584

angelika.koeffer@uni-due.de

http://www.agrargeschichte.de
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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