Walter Dirks (1901–1991) war als linkskatholischer Publizist und Intellektueller ein präziser Beobachter und scharfzüngiger Zeitgenosse, der zwischen den und jenseits der sich rasch etablierenden weltanschaulichen, politischen und religiösen Strömungen in Deutschland agierte. Zeitlebens nahm Dirks für sich in Anspruch, gleichermaßen gläubiger Katholik und überzeugter Sozialist zu sein. Nicht nur in dieser Hinsicht saß Dirks „zwischen den Stühlen“, „den Roten zu schwarz und den Schwarzen zu rot“ – so hat er sich selbst einmal beschrieben.
In dieser Außenseiterstellung, die Dirks nur allzu oft auch in den anderen Wirkungsfeldern seines Lebens einnahm, liegt der große Reiz einer historischen Auseinandersetzung mit ihm begründet. Die Versöhnung von Sozialismus und Christentum, ein „dritter Weg“ in einem geeinten Europa zwischen den Blöcken, der Anspruch auf eine Radikalisierung der katholischen Kirche im Sinne der biblischen Botschaft – in diesen und vielen weiteren Facetten berührte Walter Dirks in seinem publizistischen und politischen Wirken Themenfelder, die in der politischen Kultur der Bundesrepublik zum Teil zwar diskutiert wurden, aber letztlich keine Realisierung erfuhren. Im ,unzeitgemäßen’ Denken und Wirken von Walter Dirks konzentrieren sich daher verschiedene, aufgrund ihrer Erfolglosigkeit heute zumeist vergessene Varianten und Alternativen zur ‚Erfolgsgeschichte Bundesrepublik’.
Die hier konzipierte Tagung soll im Medium der Biografie von Walter Dirks Schneisen in die intellektuelle Landschaft Deutschlands und Europas in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schlagen, vergessene Anstöße aufnehmen und nach den Kontexten seines Wirkens fragen, das in vielerlei Hinsicht quer zum politischen, kulturellen und religiösen Lagerdenken seiner Zeit stand.