Kontinuität und Wandel von Vorsorgeregimen und Risikodebatten

Kontinuität und Wandel von Vorsorgeregimen und Risikodebatten

Organizer
Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS)
Venue
FRIAS, Albertstr. 14, 79104 Freiburg
Location
Freiburg
Country
Germany
From - Until
20.11.2015 - 21.11.2015
Deadline
31.03.2015
Website
By
von Contzen, Eva; Itzen, Peter

Eine der Grundannahmen der Geschichte zu Risiken und zu ihrer Vermeidung ist die Annahme, dass nur moderne Gesellschaften des 19. und 20. Jahrhunderts Risikodebatten führen. Dagegen habe es in vor- und frühmodernen Gesellschaften nur vereinzelt Versuche gegeben, systematisch über Risiken und deren Verhütung und Kompensation nachzudenken. Zugleich gibt es Studien, die nahelegen, dass bereits das Mittelalter Elemente einer Risikogesellschaft aufwies. In dem Workshop wollen wir diese Annahmen überprüfen und diskutieren, inwiefern sich Vormoderne und Moderne in ihrem Umgang mit Risiken, Unsicherheiten und Gefahren ähneln oder unterscheiden. Der Workshop setzt sich zum Ziel, das Themenfeld nicht nur historisch, sondern auch soziologisch und kulturwissenschaftlich zu betrachten und die verschiedenen Disziplinen miteinander in den Dialog zu bringen. Im Mittelpunkt steht die Frage, welche Aussagen sich über Kontinuität, Wandel und Zäsuren in der Risikogeschichte treffen lassen. Der interdisziplinäre Ansatz verspricht die Historisierung des Risikobegriffs und seiner jeweiligen Manifestationen in vor-, früh- und spätmodernen Gesellschaften, insbesondere mit Blick auf Risikodiskurse, wissenschaftliche und kalkulatorische Strategien zur Risikovermeidung oder -prävention, die Wahrnehmung von Risiken sowie den Umgang mit und die Darstellung von Risikoszenarien.

Für den Workshop sind vier Panels vorgesehen: (1) ‚Erkennen’, (2) ‚Vorbeugen’, (3) ‚Archivieren und Erinnern’ sowie (4) ‚Aufräumen und Lernen’. Pro Panel soll es zwei Vorträge geben.

1) Erkennen
In der ersten Sektion wollen wir über unterschiedliche Konzepte von Risiken und Gefahren diskutieren. Welche Phänomene haben Menschen zu unterschiedlichen Zeiten als besonders gefährlich empfunden? Welche Begriffe, Semantiken und Narrative nutzten sie, um sich über Unsicherheit und Angst zu verständigen. Inwieweit kam es im 19. bzw. 20. Jahrhundert zu semantischen und diskursiven Verschiebungen? Welche Kriterien entwickelten Zeitgenossen, um über Risiken und/oder über Gefahren zu diskutieren?

2) Vorbeugen
In der zweiten Sektion wollen wir unterschiedliche Formen der Prävention untersuchen, die nicht unbedingt technischer oder materieller Natur sein müssen. Welche historisch spezifischen Strategien der Vorbeugung lassen sich ausmachen? Welche Rolle fällt Institutionen bei der Risikobewältigung zu? Woran werden Risiken festgemacht und inwiefern ist Expertenwissen relevant?

3) Aufräumen und Lernen
Die dritte Sektion beschäftigt sich mit der Nachsorge und mit Versuchen, aus Risikoerfahrungen zu lernen und Konsequenzen zu ziehen. Dazu gehören zum einen die Entwicklung unmittelbarer Nachsorgemechanismen (wie etwa von Feuerwehren und Ambulanzen) und der Umgang mit Opfern und deren Angehörigen nach Unfällen und Katastrophen, zum anderen strukturelles Lernen beispielsweise im Sinne von technischen und materiellen Verbesserungen. Neben der Analyse solch praktisch orientierter Strategien und Mechanismen soll es auch darum gehen, wie literarische oder historiographische Texte ‚Nachsorge betreiben’, indem sie den Umgang mit Katastrophen oder Risiko diskutieren, reflektieren, mitunter auch leugnen und verharmlosen.

4) Archivieren und Erinnern
In der letzten Sektion wollen wir uns mit der Rezeption von Risiken und Katastrophen und ihrer bleibenden Existenz im individuellen, kulturellen und kollektiven Gedächtnis befassen. Wie werden Risiken beschrieben und evaluiert? Zu welchem Zweck und für welches Publikum? Wer ist verantwortlich für die Darstellung eines riskanten Ereignisses, d.h. welche Macht- und Interessensansprüche liegen dem Sprechen über Gefahr und Risiken zugrunde? Wie sind literarische und ikonographische Darstellungen von Katastrophen gestaltet und welche Ziele verfolgen sie? Wie werden Risiken retro- oder auch prospektiv ideologisiert und/oder instrumentalisiert? Welche Rolle spielen Archivierungspraktiken, um die Erinnerung an Gefahren präsent oder latent zu halten? Wie wirken sie das Verdrängen oder Vergessen von Missgeschicken, Unfällen und Katastrophen zurück?

Der Workshop ist explizit interdisziplinär angelegt und richtet sich an Literatur- und Kulturwissenschaftler/innen, Soziologen und Soziologinnen sowie an Historiker/-innen.
Wir freuen uns über die Zusendung von Vortragsvorschlägen in Form von Abstracts (200 W.) unter Angabe der möglichen Sektionszuordnung (1-4) bis zum 31. März 2015.

Kontakt: Eva von Contzen (eva.voncontzen@rub.de) und Peter Itzen (peter.itzen@geschichte.uni-freiburg.de)

Programm

Contact (announcement)

Peter Itzen

Historisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität, Rempartstr. 15, 79085 Freiburg

0761 2033445

eva.voncontzen@rub.de, peter.itzen@geschichte.uni-freiburg.de


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