Freiburger Zeitschrift für GeschlechterStudien (fzg)
Call for Papers: Vision (Im-)possible?! Visionen und visionäres Potenzial in der Geschlechterforschung
Fristverlängerung: 11.05.2015
„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, das sagte Altkanzler Helmut Schmidt vor gut drei Jahrzehnten. In den 1970ern und 80ern waren gesellschaftspolitische Visionen noch nicht aus der Mode gekommen. Für die neuen sozialen Bewegungen, wie die Frauen-, Umwelt-, Anti-Atomkraft- und Student_innenbewegung, waren Fragen nach Geschlechtergerechtigkeit, mehr Demokratie und das Eintreten für eine gerechte Weltordnung zentrale kontrovers diskutierte Themen. Frauenbewegung und feministische Theoriedebatten zeichneten sich durch die Pluralität und Kontroversität gesellschaftskritischer Ansätze und damit verbundener gesellschaftlicher Visionen aus. In ihrer grundlegenden Kritik an tradierten Geschlechterverhältnissen entstanden die Gender Studies als eine normativ begründete Disziplin, die ihre politischen Anliegen wissenschaftlich reflektiert. Die Entwicklung von der Frauen- zur Geschlechterforschung vollzog sich ebenso wie die aktuelle Entwicklung zu intersektionalen und Diversity-Ansätzen immer auch als Reaktion auf gesellschaftliche und politische Ungleichheiten. Spätestens mit dem „linguistic turn“ und der poststrukturalistischen Wende in der Geschlechterforschung stellt sich die Frage nach dem Stellenwert von Visionen im Hinblick auf Geschlecht und Geschlechterverhältnisse neu. Debatten um Intersektionalität und Dethematisierung sind mit der Hoffnung verbunden, die Statuskategorie Geschlecht in einem breiteren Kontext verorten und analysieren zu können. Gleichzeitig besteht die Gefahr einer Entnormativierung und damit einer entpolitisierten Anpassung an die bestehenden Verhältnisse.
In diesem Heft wollen wir die Frage nach dem visionären Potenzial in den unterschiedlichen Feldern der Geschlechterforschung stellen und eine interdisziplinäre Debatte über den Stellenwert von Visionen in der Geschlechterforschung anregen. Was bleibt heute von den visionären Konzepten und Ideen feministischer Bewegung und Theoriebildung übrig? Welches visionäre Potenzial besitzt die Geschlechterforschung aktuell? Braucht die Geschlechterforschung überhaupt noch Visionen und wenn ja, wie könnten diese aussehen?
- In theoretischer Hinsicht interessieren die Vorstellungen von Vision, etwa in Abgrenzung zu Illusion, Kritik, Ideologie, science fiction oder Utopie. Wie stehen diese im Verhältnis zu Verwirklichung, Erfolg, Scheitern, Instrumentalisierung? Wie gehen solche Überlegungen in feministische und gendertheoretische Konzepte und Theorien ein? Sollen sie das überhaupt? Oder sollten sich die Gender Studies um eine wissenschaftliche Distanz zu normativen Konzepten bemühen?
- Welche methodologischen und methodischen Grenzen stellen die spezifischen wissenschaftlichen Disziplinen für Visionenentwürfe mit wissenschaftlichem Anspruch dar?
- Wie haben sich geschlechtertheoretische und -politische Visionen historisch entwickelt, auf welchen Traditionen beruhen sie? Für welche Kontexte wurden sie formuliert, welche nationalen/ethnischen Vorstellungen sind damit verbunden und welche Dimensionen von Ungleichheit bleiben dabei ausgeklammert?
- Welche Vorstellungen zu Geschlecht(ervielfalt) und Geschlechtergerechtigkeit existieren und zirkulieren in unterschiedlichen Forschungsfeldern, wie etwa in Arbeit, Care und Reproduktion, Empowerment im Netz, medizinische und technische Möglichkeiten der Geschlechterwahl und -optimierung oder geschlechtergerechte Sprache jenseits von Identitätskategorien.
Freiburg, im Dezember 2014
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