Im November 2015 feiert der Arbeitskreis historische Frauen- und Geschlechterforschung (AKHFG) sein 25-jähriges Bestehen. Wir veranstalten aus diesem Anlass eine Nachwuchstagung zum Thema „Vergessen, Erinnern, Feiern“, die in Verbindung mit einer Festveranstaltung vom 27. bis 28. November 2015 in Berlin stattfinden wird.
Vergessen und Erinnern stehen in einem dialektischen Verhältnis zueinander, sie sind „zwei Seiten – oder verschiedene Prozesse – desselben Phänomens: des Gedächtnisses“ (Astrid Erll). Erinnern setzt Vergessen voraus, weil jeder Akt des Erinnerns das Nichterinnerte ausblendet. Dem geschichtswissenschaftlichen Arbeiten liegen Prozesse des Vergessens und Erinnerns deshalb notwendig zugrunde. Über sie zu reflektieren, ist unverzichtbar, um als Historiker_in den eigenen Standort zu bestimmen.
Die Frauen- und Geschlechtergeschichte ist mit dem Nachdenken über Vergessen und Erinnern untrennbar verbunden. Denn es war nicht nur von Beginn an eines ihrer zentralen Anliegen, an Frauen als historische Akteurinnen zu erinnern. Vielmehr ging es ihr zunehmend auch darum, Geschlecht als ein Produkt kultureller Erinnerung und Traditionsbildung sichtbar zu machen: „Gender wird konstruiert, indem es sowohl individuell als auch kollektiv erinnert und erinnernd re-artikuliert oder auch […] wiederholt wird“ (Meike Penkwitt). Dieser Zusammenhang ruft dazu auf, der Kategorie Geschlecht bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Prozessen des Vergessens, Erinnerns und Gedenkens konsequent Rechnung zu tragen.
Jubiläen regen in besonderem Maß dazu an, über die Bedingungen und Mechanismen des Vergessens und Erinnerns nachzudenken. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des AKHFG laden wir deshalb Interessierte aus der Geschichtswissenschaft und verwandten Disziplinen ein, sich mit einem geschlechtergeschichtlichen Thema an der Nachwuchstagung „Vergessen, Erinnern, Feiern“ zu beteiligen. Diskutiert werden können eigene begonnene oder in Planung befindliche Projekte für Qualifikationsarbeiten ab der B.A.-Arbeit aufwärts. Ziel ist es, das vorgestellte Thema geschlechtergeschichtlich zu durchleuchten und gleichzeitig über die Chancen eines solchen Zugangs ins Gespräch zu kommen.
Für eine geschlechtergeschichtliche Beschäftigung mit dem Rahmenthema erscheinen uns folgende Aspekte besonders anregend, wobei die Aufzählung nicht als erschöpfend anzusehen ist:
- Gegenstände: Woran wird erinnert, was wird vergessen? Was wird als jubiläumswert angesehen? Wessen könnte man noch gedenken?
- Kontinuitäten und Brüche: Welchem Wandel sind Vergessen und Erinnern unterworfen? Welche Kontinuitäten, welche Brüche gibt es?
- Institutionalisierung: Wer bestimmt über Vergessen und Erinnern? Wer hat die gesellschaftliche Definitionsmacht über das Gedenken? Unterstützt oder behindert eine Institutionalisierung das Gedenken?
- Orte und Materialitäten: Welche räumlichen und materiellen Figurationen bildet das Gedenken, und in welchem Maß sind diese abhängig vom Geschlecht? Wem sind Orte des Gedenkens zugänglich? Wer entscheidet über ihre Ausgestaltung?
- Überlieferung: Welcher Überlieferung bedarf es, um zu gedenken? Wie bedingen sich Überlieferung, Vergessen und Erinnern? Wie wurde und wird Überlieferung sichergestellt (oder auch nicht)?
Nachwuchswissenschaftler_innen, die ein Forschungsprojekt auf dem Workshop vorstellen wollen, senden bitte bis 15. Juni 2015 einen Themenvorschlag in Form eines kurzen Abstracts (ca. 1500 Zeichen) an Lisa Kirchner, studentische Hilfskraft des Lehrstuhls für Geschlechtergeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (lisa.kirchner@uni-jena.de).