Autorschaft und Konstellationen ‒ Martin Opitz’ Netzwerke

Autorschaft und Konstellationen ‒ Martin Opitz’ Netzwerke

Veranstalter
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel; Leitung: Prof. Dr. Stefanie Arend (Rostock) und Prof. Dr. Jörg Robert (Tübingen)
Veranstaltungsort
Seminarraum im Meißnerhaus (Schloßplatz 2)
Ort
Wolfenbüttel
Land
Deutschland
Vom - Bis
16.03.2016 - 18.03.2016
Website
Von
Bauer, Volker

Die Netzwerkforschung widmet sich derzeit besonders den Herausforderungen, die das Internet und die multimediale Kommunikation stellen. Das Denken in Netzwerken ist jedoch nicht auf die Moderne beschränkt. Dass Netzwerke schon weit vor dem Modernisierungs- und Reflexivitätsschub der ‚Sattelzeit‘ zentrale Faktoren der Literaturproduktion in einer internationalen Gelehrtenrepublik darstellen, ist immer wieder betont worden. Die entsprechenden Formen der Vernetzung – Akademien, Sodalitäten, Sprachorden usw. – sind in der germanistischen Humanismus- und Barockforschung längst gesehen worden. Welche Bedeutung sozia- len, kommunikativen und diskursiven Netzwerken und Konstellationen an der Schwelle zwischen Späthumanismus und Barock zukommt, zeigt sich exemplarisch an dem Archegeten der neueren deutschen Literatur ‒ Martin Opitz (1596‒1639).

Die Frage der Netzwerke berührt verschiedene Aspekte seiner literarischen Aktivität und Autorschaft. Generell lassen sich soziale, kommunikative und diskursive Netzwerke bzw. Konstellationen unterscheiden. Von Martin Opitz zu erzählen, bedeutet einerseits, von seinen Beziehungen zu relevanten Personen an bestimmten Wegkreuzungen zu erzählen, mit denen er manchmal kurz, manchmal über Jahre verbunden war und die in vielerlei Hinsicht Einfluss nahmen und Entscheidungen vorantrieben. Das ‚Phänomen‘ Martin Opitz ist nur in seinen sozialen und geistigen Konstellationen zu verstehen. Hinzu kommt andererseits eine intertextuelle Dimension: Opitz’ Texte bilden Netze und Netzwerke, indem sie sich mit anderen Texten verflechten oder – im Falle der Bearbeitungen, Übersetzungen und anderer Transformationen – spannungsvolle interkulturelle Konstellationen begründen. Das ostentative Neben- und Miteinander antiker, neulateinischer, romanischer und anderer markierter und unmarkierter Referenztexte zeigt, dass die deutsche Literatur systematisch in ein europäisches Text-Geflecht eingewoben werden sollte. Die literarische Verflechtung sollte zum Motor der sozialen werden. Das patriotische Konzept einer „Deutschen Poeterey“ entfaltet sich im Horizont einer gesamteuropäisch integrierten Respublica litterarum. In diesem transnationalen Feld suchte sich Opitz selbst als Autor und Akteur in unterschiedlichen Rollen zu positionieren. Die Frage nach Netzwerken und Konstellationen zu stellen, bedeutet daher immer auch, nach Opitz’ Modellierung(en) des Autorbegriffs zu fragen. Autorschaft und Konstellation bilden die beiden operativen Seiten der Suche nach Martin Opitz’ Netzwerken.

An dieser Stelle soll das Arbeitsgespräch ansetzen. Ausgangspunkt sind Leitfragen wie die folgenden: Wie vermitteln die Texte zwischen Literaturprogramm und biographisch-sozialer Realität, welche Verknüpfungen können zwischen diesen unterschiedlichen Netzwerk- konnationen geleistet werden, welche Rolle spielen dabei die bisweilen ausgreifenden Paratexte (Kommentare, Geleitgedichte und Vorreden)? Wie sind Ästhetik, poetische Selbstautorisierung, theologischer Deutungsanspruch und politische Paränese miteinander verbunden? Lassen sich in einem systematischen Vergleich vielleicht sogar Aspekte eines Metatextes ausfindig machen, eine gemeinsame Struktur oder Taktik von Verknüpfungen dieser bei Opitz so variantenreichen Facetten? Im Hinblick auf die Netzwerksemantik ist zu fragen, wie sich das ominöse ,Dazwischen‘ im ästhetischen und/ oder personalen Netz fassen ließe, in welcher Hinsicht sich Aspekte einer Heterarchie im Netz ausmachen lassen und wo sich Netzwerke mit gleichberechtigten Agenten entwickelten. Vor dem Hintergrund des skizzierten Rahmens ist ein großer Spielraum für die anvisierten Beiträge gegeben, die sich einzelnen Texten oder Werkkomplexen widmen, die nach Prinzipien des Opitz’schen Schreibens fragen oder auf der Grundlage der neu erschlossenen Zeugnisse (Opera latina, Briefwechsel) und alternativer Dokumente Konstellationen von Netzwerken unterschiedlicher Formen untersuchen.

Programm

Mittwoch, 16. März 2016

14.00 Uhr Begrüßung, Einführung:
Prof. Dr. Stefanie Arend, Prof. Dr. Jörg Robert

14.15 Uhr Prof. Dr. Robert Seidel (Frankfurt):
Martin Opitz, Schlesien und das Königreich Polen. Strategien literarischer Selbstverortung in den lateinischen Schriften 1636-1639

15.00 Uhr Prof. Dr. Dirk Niefanger (Erlangen):
Opitz und Karl Hannibal von Dohna

15.45 Uhr Kaffeepause

16.15 Uhr Prof. Dr. Rudolf Drux (Köln):
Wirksame Topik oder hilfreiches Netzwerk? Bemerkungen zur Aufnahme des Bürgers Opitz in die Fruchtbringende Gesellschaft

17.00 Uhr Prof. Dr. Klaus Garber (Osnabrück):
Opitz und die Piastenhöfe in Liegnitz und Brieg

19.00 Uhr Gemeinsames Abendessen

Donnerstag, 17. März 2016

09.00 Uhr Prof. Dr. Friedrich Vollhardt (München):
Schlesischer Opitzianismus: Das Beispiel von Andreas Scultetus (1622-1649)

09.45 Uhr Prof. Dr. Dirk Werle, Joana van de Löcht, Uwe Maximilian Korn (Heidelberg):
Opitz in den Leipziger Netzwerken

10.30 Uhr Kaffeepause

11.00 Uhr Prof. Dr. Stefanie Arend (Rostock):
Martin Opitz und Andreas Tscherning im brieflichen Netzwerk

11.45 Uhr Prof. Dr. Jörg Robert (Tübingen):
Königsberger Konstellationen: Ch. Kaldenbachs Deutsche Eklogen oder Hirtengesänge (1648)

12.30 Uhr Mittagspause

14.30 Uhr Prof. Dr. Achim Aurnhammer (Freiburg):
Pro oder contra Opitz? Zincgrefs Anhang underschiedlicher außgesuchter Getichten anderer mehr teutscher Poeten (1624)

15.15 Uhr Prof. Dr. Johann Anselm Steiger (Hamburg):
Diß donnerwort heißt Ewigkeit. Lyrisch-eschatologische Strategien gegen die Prokrastination bei Opitz und Johann Rist

16.00 Uhr Kaffeepause

16.30 Uhr Dr. Astrid Dröse (Tübingen):
Opitz’ musikalische Netzwerke

17.15 Uhr Dr. Jost Eickmeyer (Berlin):
Opitzens lateinische Prosa-Panegyrici im Netzwerk

18.00 Uhr Prof. Dr. Barbara Becker-Cantarino (Austin, Texas):
Zum niederländischen Netzwerk: Opitz‘ Gedichte auf Daniel Heinsius

19.30 Uhr Gemeinsames Abendessen

Freitag, 18. März 2016

09.00 Uhr Prof. Dr. Marie Thérèse Mourey (Paris):
Martin Opitz in Paris (1630): Neues zu alten Konstellationen

09.45 Uhr Dr. Victoria Gutsche (Erlangen):
Sint Moecenates, non deerunt forte Marones. Strategien der Positionierung in Martin Opitz’ Widmungen

10.30 Uhr Kaffeepause

11.00 Uhr Gudrun Bamberger (Tübingen):
Opitz‘ Netzwerke als editorisches Problem

11.45 Uhr Prof. Dr. Axel E. Walter (Klaipeda, Osnabrück):
Martin Opitz in Heidelberg – Prätexte. Kontexte, Subtexte eines poetischen Selbstkonzepts im Spiegel seiner Gedichte auf Georg Michael Lingelsheim

12.30 Uhr Abschluss

Kontakt

Dr. Volker Bauer

Herzog August Bibliothek Postfach 1364 38299 Wolfenbüttel

forschung@hab.de


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Deutsch
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