Fremdsprachen in der Adelserziehung der Frühen Neuzeit

Fremdsprachen in der Adelserziehung der Frühen Neuzeit

Veranstalter
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel; Matthias-Kramer-Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte des Fremdsprachenerwerbs und der Mehrsprachigkeit, gefördert mit Mitteln der Van Runset-Stiftung
Veranstaltungsort
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
Ort
Wolfenbüttel
Land
Deutschland
Vom - Bis
28.09.2016 - 30.09.2016
Website
Von
Dr. Andreas Flurschütz da Cruz

Die Adelserziehung in der Frühen Neuzeit hat in den letzten Jahren verstärkt das Interesse der Forschung auf sich gezogen. Dies lässt sich sowohl mit der Renaissance der sozial- und kulturhistorisch ausgerichteten Adelsforschung als auch mit dem bildungsgeschichtlichen Interesse an standesspezifischen Ausbildungsformen und -praktiken erklären. Insbesondere die Kavalierstour bzw. Grand Tour als Bildungsreise der europäischen Oberschicht und die damit einhergehenden kulturellen Transferprozesse sind Gegenstand einschlägiger Studien geworden. Obwohl dabei wiederholt Aspekte des Sprachenlernens thematisiert wurden, wird der Erwerb von Fremdsprachen im Kontext der Adelserziehung hier erstmals im größeren europäischen Zusammenhang aufgearbeitet.

Der europäische Adel wurde in der Frühen Neuzeit zu einem wesentlichen sozialen Träger von Kenntnissen moderner Fremdsprachen. Die Höfe wurden in ganz Europa mehrsprachig und der Erwerb „lebender“ Fremdsprachen obligatorischer Bestandteil der Adelserziehung. Die Entstehung eines Netzwerks ständiger Gesandtschaften, die Bürokratisierung und administrative Verdichtung frühneuzeitlicher Territorialstaaten sowie die Herausbildung stehender Heere führten zu einem wachsenden Bedarf an umfassend gebildeten und professionalisierten Diplomaten, höheren Beamten und Offizieren, die sich zu einem beträchtlichen Teil – in manchen Ländern sogar exklusiv – aus dem Adel rekrutierten.

Die Tagung deckt das Thema chronologisch wie geographisch breit ab und nimmt zeitliche Veränderungen sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen europäischen Ländern und Regionen in den Blick. Neben dem hohen und niederen Reichsadel werden der englische, französische, italienische, schwedische, böhmische, kroatische, baltische und russische Adel behandelt. Von besonderem Interesse sind die Zusammenhänge zwischen Fremdsprachenlernen, höfischer Kultur und adeligem Selbstverständnis.

Organisatoren:

Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Glück, Institut für Germanistik, Otto-Friedrich-Universität, 96045 Bamberg, Tel. 0951/863-2141; 0951/52831, e-mail: helmut.glueck@uni-bamberg.de

Prof. Dr. Mark Häberlein, Lehrstuhl für Neuere Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte, Otto-Friedrich-Universität, 96045 Bamberg, Tel. 0951/863-2356, e-mail: mark.haeberlein@uni-bamberg.de

Programm

Mittwoch, 28. September

14.00 Begrüßung durch den Direktor der Herzog August Bibliothek

Helmut Glück/Mark Häberlein: Einführung in das Tagungsthema

Sektion 1: Adelserziehung im konfessionellen Zeitalter (16. und frühes 17. Jahrhundert)
Leitung: Konrad Schröder

14.20 Benjamin Müsegades: Lernen durch Lesen oder Sprechen? Reichsfürstliche Französischkenntnisse am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit

15.00 Elena Taddei: „Nach Italien nit allein zur Erlehrnung der Sprache“. Ferrara als Ort des Fremdsprachenlernens im 16. Jahrhundert

15.40 Pause

16.00 Dörthe Buchhester: Sprachausbildung und Erziehungsdiskurse am pommerschen Herzogshof im 16. Jahrhundert

16.40 Martin Hóly: Fremdsprachen in der Erziehung des Adels in den böhmischen Ländern in 16. und 17. Jahrhundert

17.20 Matthias Asche: Catharinus Dulcis (1540–1626): Vom Glaubensflüchtling zum Hofmeister, Sprachmeister und Professor. Eine Biographie im Spannungsfeld von Gelehrsamkeit und Aufstiegserwartung

Donnerstag, 29. September

Sektion 2: Europäische Adelserziehung im 17. und 18. Jahrhundert
Leitung: Helmut Glück

9.00 Andrea Bruschi: Foreign Languages and Noble Culture: Modern Language Learning for the Elites in Seventeenth- and Eighteenth-Century France and Italy

9.40 John Gallagher: Language Learning and Noble Culture in Tudor and Early Stuart England

10.20 Nils Jörn: “Was frühe blüht, pflegt frühe zu vergehen.” Gustav Helmfeld (gest. 1673) und die Hoffnungen der schwedischen Krone auf einen polyglotten Richter am Wismarer Tribunal

11.00 Pause

11.30 Ivana Horbeć/Maja Matasović: Latein als ‘national’, Deutsch als kosmopolitisch? Die Mehrsprachigkeit des kroatischen Adels als Voraussetzung seiner politischen und sozialen Tätigkeit

12.10 Ineta Balode: Russischkenntnisse in deutschbaltischen Adelsfamilien des 18. Jahrhunderts

12.50 – 14.30 Mittagspause

14.30 Vladislav Rjéoutski: French, German, English and Italian in the Education of the Russian Nobility (18th–early 19th centuries)

Sektion 3: Adelige Frauen und Fremdsprachen
Leitung: Claudie Paye

15.10 Barbara Kaltz: Zum weiblichen Fremdsprachenerwerb in der Adelserziehung der Frühen Neuzeit

15.50 Helga Meise: Fremdsprachenerwerb für Fürstinnen: Hessen-Darmstadt und Baden-Durlach im 18. Jahrhundert

16.30 Gelegenheit zur Teilnahme an einer Stadtführung

Freitag, 30. September

Sektion 4: Adel und Fremdsprachen im Heiligen Römischen Reich (spätes 17. und 18. Jahrhundert)
Leitung: Mark Häberlein

9.00 Wolf Peter Klein: Wie kommunizierten Adelige? Einige Befunde und Überlegungen anhand von frühneuzeitlichen Sprachratgebern

9.40 Andreas Flurschütz da Cruz: Repräsentation und Edukation. Aspekte der Ausbildung am Hof und auf grand tour im hohen und niederen Reichsadel

10.20 Iris von Dorn: „zu einer Standes-mässigen ... Erudition nach jetziger Welt-Art“. Die Fremdsprachenerziehung an der Ritterakademie Erlangen

11.00 Pause

11.30 Thomas Grunewald: Sprachunterricht und Kavalierstouren. Anton von Geusau (1695–1749) im Dienst der pietistischen Grafen von Reuß

12.10 Michael Rocher: Spracherziehung für den Adel am Philanthropin Dessau – Inhalte, Konzeptionen und Frequentierung

12.50 Abschlussdiskussion / Ende der Tagung

Kontakt

Prof. Dr. Mark Häberlein

Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Lehrstuhl für Neuere Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte
0951/863-2356

mark.haeberlein@uni-bamberg.de


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