Militärisches Entscheiden. Voraussetzungen, Prozesse und Repräsentationen einer sozialen Praxis von der Antike bis zur Gegenwart

Militärisches Entscheiden. Voraussetzungen, Prozesse und Repräsentationen einer sozialen Praxis von der Antike bis zur Gegenwart

Veranstalter
Arbeitskreis Militärgeschichte e.V.; Martin Clauss (Technische Universität Chemnitz), Martin Kintzinger (Westfälische Wilhelms-Universität Münster), Christoph Nübel (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam), Markus Pöhlmann (Universität Potsdam)
Veranstaltungsort
Universitäts- und Landesbibliothek Münster, Krummer Timpen 3, 48143 Münster
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.10.2017 - 21.10.2017
Deadline
12.10.2017
Website
Von
Christoph Nübel

Militärisches Handeln ist, so suggerieren Quellen und Historiographie, vor allem Entscheidungshandeln. In der Forschung ist häufig von „militärischen Entscheidungsträgern“ die Rede, die in historische Prozesse eingreifen und damit sprichwörtlich Geschichte machen. Auf diese Weise werden Entscheidungen zu Schlüsselereignissen in der Kriegführung, die über Sieg und Niederlage bestimmen. Solchen Beschreibungen liegt ein Modell rationaler Akteure und Verfahren zugrunde, die auf Basis der verfügbaren Informationen kühl wägend ihre Entschlüsse fassen. Niklas Luhmann hingegen regt an, Konstitution, Gegenstände und Zeitlichkeit des Entscheidungshandelns zu beleuchten. Andere Autoren betonen im Kontext der Spieltheorie oder des Gruppendenkens die Variabilität von Entscheidungen im Zusammenwirken mehrerer Akteure. Der Sonderforschungsbereich 1150 „Kulturen des Entscheidens“ in Münster, der Gastgeber der Jahrestagung ist, versteht Entscheiden beispielsweise als kommunikativen Prozess, der in seinen spezifischen historischen Konstitutionsbedingungen untersucht werden muss. Weiterhin weist die neuere Organisationssoziologie auf Faktoren wie Mitgliedschaft, Zweck und Verfahren hin, welche Entscheiden als soziale Praxis beeinflussen.
Die Konferenz will solche Entscheidungstheorien auf das Feld der Militärgeschichte wenden und fragt danach, ob es spezifisch militärische Entscheidungskulturen gibt. Mit dieser Problemstellung zielt sie auf eine epochenübergreifende Historisierung militärischen Entscheidens und damit auf eine Dekonstruktion eines häufig unkritisch übernommenen historiographischen Konzepts. Damit stehen die Strukturen des Entscheidens im Mittelpunkt der Analyse, nicht die einzelne Entscheidung.

Anmeldung bis 12.10.2017 erbeten an Sebastian Schaarschmidt, M.A.: sebastian.schaarschmidt@phil.tu-chemnitz.de

Programm

Donnerstag, 19.10.2017

13.00 Eröffnung der Veranstaltung (Stig Förster)
13.10 Begrüßung und Vorstellung des SFB 1150 (Ulrich Pfister)
13.30 Einführung (Christoph Nübel)
13.50 Keynote: Hasardspiel oder Kriegswissenschaft: Rhapsodische
Überlegungen zur militärischen Entscheidungskultur (Wolfram Pyta)

14.50 Pause

15.00 Sektion 1: Lernen (Gundula Gahlen)
15.00 Kann man Feldherr lernen? Eigenschaften des militärischen Entscheiders in den militärtheoretischen Schriften des 17. bis frühen 19. Jahrhunderts (Michael Sikora)
15.20 Dezisionismus als Denkstil. Auftragstaktik im preußisch-deutschen Heer 1869-1945 (Marco Sigg)
15.40 Militärische Entscheidungsvorbereitung und soziale Kognition. Anmerkungen zur Präsenz kognitiver ‚Abkürzungen‘ in der Beurteilung der Streitkräfte europäischer Neutraler durch den Generalstab des Feldheeres 1918 (Peter Mertens)
16.00 Diskussion

16.30 Kaffeepause

17.00 Sektion 2: Wissen (Martin Clauss)
17.00 More veterum consilium capere - Militärisches Entscheiden durch das Wissen der Vorfahren (Simon Puschmann)
17.20 Prognostische Entscheidungsressourcen im byzantinischen Militärwesen (Michael Grünbart)
17.40 Bellona als Vermesserin der Welt? Kartografisches Wissen als militärische Entscheidungsressource im 17. und 18. Jahrhundert (Jan Philipp Bothe)
18.00 Diskussion

18.30 Pause

19.00 Abendvortrag
Das Unmögliche denken. Atomwaffen und politisch-militärische Entscheidungskulturen im Kalten Krieg (Bernd Greiner)

Freitag, 20.10.2017

09.30 Sektion 3: Politik (Christoph Rass)
09.30 Die angebliche Entscheidungsfreiheit des Feldherren und die Senatspolitik in der römischen Republik: das Beispiel der Aufhebung von Massenversklavung (Florian Wieninger)
09.50 Militärisches Entscheiden in Zeiten politischer Spannung. Der deutsche Generalstab in den diplomatischen Krisen vor dem Ersten Weltkrieg (Lukas Grawe)
10.10 Das Gewissen als Kriterium in militärischen Entscheidungsprozessen. Die Vorbildfunktion der Verschwörer vom 20. Juli 1944 und die „Innere Führung“ als neues Entscheidungsinstrument (Martina Metzger)
10.30 Diskussion

11.00 Kaffeepause

11.30 Sektion 4: Prozesse (Stephan Ruderer)
11.30 Militärische Unterstützung. Strukturen und Prozesse des Entscheidens in Städtebünden des späten Mittelalters (Simon Liening)
11.50 Stehen oder Gehen? Die Rolle Ostpreußens in der Planung des preußisch- deutschen Generalstab 1894-1914 (Carsten Siegel)
12.10 Der Angriff auf Kursk im Sommer 1943 als Entscheidungsfindungsprozess (Roman Töppel)
12.30 Diskussion

13.00 Mittagspause

14.30 Sektion 5: Monarchen (Martin Kintzinger)
14.30 Der mittelalterliche König im Prozess des militärischen Entscheidens am Beispiel der Stauferherrscher (Sebastian Schaarschmidt)
14.50 Friedrich II. – Roi Connetable (Daniel Hohrath)
15.10 Emperor William I and the problem of military command during the Franco-Prussian War, 1870-1871 (Frank Sterkenburgh)
15.30 Diskussion

16.15 Verleihung des Wilhelm-Deist-Preises
16.45 Mitgliederversammlung des Arbeitskreises Militärgeschichte e.V.

Samstag, 21.10.2017

09.00 Sektion 6: Kollektive (Kerstin von Lingen)
09.00 Das Kollektiv als schlachtentscheidende Instanz? Beispiele aus der spätmittelalterlichen Eidgenossenschaft (Oliver Landolt)
09.20 Generalstabs-Ikonographie. Zur bildlichen und musealen Präsentation von militärischen Entscheidungen (Thomas Weißbrich)
09.40 Selbstrekrutierung von Entscheidungseliten im deutschen Militär 1914-45. Primat sozialer Herkunft oder institutionalisierter Karrierestrukturen? (Thorsten Loch)
10.00 Diskussion

10.30 Kaffeepause

11.00 Sektion 7: Schlachten (Christoph Nübel)
11.00 Entscheiden in der hochmittelalterlichen Schlacht (Fabian Fellersmann)
11.20 Feldposten als organisatorische Angelpunkte militärischen Entscheidens? Zu den Folgen der Transformation der Militärkommunikation in der Frühen Neuzeit (Kai Lohsträter)
11.40 Die Abwehr der Invasion in Frankreich 1944. Raum, Kräfte und Dispositive (Markus Pöhlmann)
12.00 Diskussion

12.30 Militärisches Entscheiden: Schlussdiskussion

13.00 Ende der Tagung

Der AKM dankt dem Sonderforschungsbereich 1150 „Kulturen des Entscheidens“ für die finanzielle Unterstützung der Tagung.

Kontakt

Christoph Nübel

Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr

christoph1nuebel@bundeswehr.org


Redaktion
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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