Gute Erinnerungen an böse Zeiten – Nostalgie in „posttotalitären“ Erinnerungsdiskursen nach 1945 und 1989

Gute Erinnerungen an böse Zeiten – Nostalgie in „posttotalitären“ Erinnerungsdiskursen nach 1945 und 1989

Veranstalter
Prof. Dr. Monica Rüthers (Stipendiaten des Instituts für Zeitgeschichte beim Historischen Kolleg)
Veranstaltungsort
Historisches Kolleg, Kaulbachstr. 15, 80539 München
Ort
München
Land
Deutschland
Vom - Bis
18.04.2018 - 20.04.2018
Deadline
02.04.2018
Von
Jörn Retterath, Historisches Kolleg, Stiftung zur Förderung der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und des Historischen Kollegs

Schon bald nach 1989 zeichnete sich ab, dass sich der West-Ost-Gegensatz in den Diskursen um „richtiges“ und „falsches“, „nostalgisches“ Erinnern fortsetzte. Die normativen westeuropäischen Erinnerungsdiskurse hatten sich während Jahrzehnten entlang der Auseinandersetzung mit der Geschichte des Zweiten Weltkrieges und der Ermordung der europäischen Juden entwickelt, daraus Theorien zu kollektiven Prozessen des Erinnerns abgeleitet und normative Verfahren für den Umgang mit der Vergangenheit formuliert. Erst in den 1980er Jahren gerieten mit den Projekten zur Alltagsgeschichte und der Oral History auch positive individuelle Erinnerungen an den Nationalsozialismus systematisch in den Blick. Am Kolloquium werden Themen positiven Erinnerns wie Kindheit oder Gemeinschaft im Nationalsozialismus und Staatssozialismus ebenso diskutiert, wie die Schwierigkeiten biographischen Erinnerns und verschiedene Orte und Arenen der Kommunikation über Vergangenheit nach deren Untergang.

Programm

Mittwoch, 18.04.2018

14:00–14:10 Begrüßung durch Andreas Wirsching, ehem. Vorsitzender des Kuratoriums des Historischen Kollegs und Direktor des Instituts für Zeitgeschichte

14:10–14:30 Monica Rüthers (Hamburg/München): Schön war’s! Nostalgie nach Diktaturen

1. Sektion: Gesellschaftliche Diskurse über positives Erinnern nach 1945/1989

14:30–15:15 Tanja Zimmermann (Leipzig): Appropriation totalitärer Ästhetik nach 1945 und 1989

15:15–16:00 Ekaterina Makhotina (Bonn): Stalin als Nostalgie: Gesellschaftliches Erinnern und Geschichtspolitik im post-sowjetischen Russland

16:00–16:30 Kaffeepause

16:30–17:15 Jonathan Bach (New York): Ostalgie – eine Rezeptionsgeschichte

17:15–17:45 Diskussion
Moderation: Jürgen Zarusky (München)

19:00–20:30 Abendvortrag
Dorothee Wierling (Hamburg): Das Gute erzählen, um das Schlimme nicht zu erinnern (DDR)

Impulse und Podiumsdiskussion mit
Jonathan Bach (New York)
Gudrun Brockhaus (München): „immer ganz unpolitisch ...“ – Camouflage-Techniken in positiven Erinnerungen an die NS-Zeit
Alexander von Plato (Hagen): Ambivalente Erinnerungen an den Nationalsozialismus aus der Arbeiterklasse
Moderation: Lu Seegers (Hamburg)

anschließend Empfang im Gartensaal

Donnerstag, 19.04.2018

2. Sektion: Themen guten Erinnerns: Geborgenheit und glückliche Kindheit

9:00–9:45 Ekaterina Emeliantseva Koller (Zürich): „Wir leben heute besser als unsere Eltern, aber so fröhlich feiern, das können wir nicht!“ Spätsowjetische Festkultur und Gemeinschaft in den post-sowjetischen Erinnerungen

9:45–10:30 Lu Seegers (Hamburg): Geborgenheit und Wiedergutmachung: Zur Ambivalenz in den Erinnerungs-Erzählungen vaterloser Kriegskinder in West- und Ostdeutschland

10:30–11:00 Kaffeepause

11:00–11:45 Anja Tippner (Hamburg): „Der Sozialismus ist zu Ende, aber wir sind geblieben.“ Positive Erinnerungen an die Sowjetunion in Svetlana Aleksievičs Vremja sekond chėnd

11:45–12:30 Martina Winkler (Kiel): Kindheitserinnerungen: Tschechische Populärkultur nach 1989

12:30–13:00 Diskussion
Moderation: Monica Rüthers (Hamburg/München)

13:00–14:30 Mittagspause

3. Sektion: Wendebiografien: Leben in Systemwechseln

14:30–15:15 Nina Leonhard (Potsdam): NVA-Offiziere im vereinigten Deutschland: Herausforderungen der (berufs-)biografischen Vergangenheitsverarbeitung im Kontext eines Systemwechsels

15:15–16:00 Julia Richers (Bern): Das Böse kam von außen. Jüdische Kindheit in der Karpato-Ukraine

16:00–16:30 Kaffeepause

16:30–17:15 Claudia Fröhlich (Berlin): (K)eine neue Meistererzählung! Kritische Überlegungen zur positiven Erinnerung an personelle Kontinuitäten vom NS-Staat in die Bundesrepublik

17:15–17:45 Diskussion
Moderation: Johannes Hürter (München)

17:45 Apéro im Gartensaal

Freitag, 20.04.2018

4. Sektion: Arenen positiven Erinnerns. Familien und soziale Netzwerke

9:00–9:45 Oksana Sarkisova (Budapest): Mining Family Albums: Domestic Photography and Nostalgia Revisited

9:45–10:30 Sabine Moller (Berlin): Nostalgie als Systemkritik. Familienerinnerungen an die NS-Zeit in Ostdeutschland

10:30–11:00 Kaffeepause

11:00–11:45 Marketa Spiritova (München): „Es war nicht alles schlecht“: Erinnerungen an den sozialistischen Alltag in der ČSSR

11:45–12:15 Diskussion
Moderation: Carmen Scheide (Bern)

12:15–13:00 Schlussrunde: Wie lassen sich die Forschungsdebatten um postsozialistische Nostalgie und positive Erinnerungen an den Nationalsozialismus sinnvoll aufeinander beziehen?

Kontakt

Jörn Retterath

Historisches Kolleg
Kaulbachstr. 15, 80539 München

joern.retterath@historischeskolleg.de

http://www.historischeskolleg.de