Der aktuelle Krisendiskurs europäischer Theater und Musiktheater befasst sich neben Fragen zur Finanzierung und zum demographischen Wandel u.a. auch mit den Herausforderungen, die die rasante Entwicklung der Neuen Medien hervorbringen. Daher widmet sich dieser Workshop der Frage: Welche Rolle spielen die Digitalen Medien und das Filmische/Audio-Visuelle bei den Transformationsprozessen der Oper als Gattung und Institution?
Themenkomplex A: Transformationsprozesse in der Oper als Institution
Héctor Pérez, Associate Professor für audio-visuelle Kommunikation und Ästhetik, konstatiert, dass nach den 1990er Jahren nun eine zweite Phase der Bedrohung von live Opernauf-führungen durch audiovisuelle Technologien anstehe und verweist damit auf eine für diesen Workshop zentrale und kontrovers zu diskutierende Debatte. Dabei sei auf der einen Seite auf die neuesten Streaming-Möglichkeiten von Opern, wie z.B. durch die digitalen Angebote der MET verwiesen und auf der anderen Seite auf die neue Mobilität der Verwendung von Streaming-Angeboten auf Computern, Tablets oder Smartphones.
Die Musikwissenschaftler/innen Carolyn Abbate und Roger Parker diskutieren kritisch die Bedeutung des Internets als neues und sich permanent erweiterndes „easy access“-Archiv von internationalen Opernaufführungen (historisch und aktuell). Während Abbate/Parker negativ hervorheben, dass die Hoffnung auf ein neues Publikum, durch die mediale Präsenz im Internet nicht erfüllt werde, artikulieren gerade kleinere Operngesellschaften, wie z.B. wie die kanadische City Opera Vancouver oder Tapestry Opera, durchaus positive Effekte durch soziale Medien. Sie verweisen sowohl auf eine erhöhte Visualität des Operngenres und ihrer eigenen Produktionen als auch auf eine bessere Kommunikation mit ihrem Publikum.
Mit Blick auf die Institutionen stellen sich somit folgende Fragen: Wie werden digitalen Medien (Streamings von Mitschnitten, Making Offs, Trailern auf Homepages und in sozialen Netzwerken) durch Operngesellschaften und Komponisten für neue Vermarktungs- und Kommunikationsstrategien eingesetzt? Wer nutzt welche Kanäle? Haben Operngesellschaften eine multi-channel bzw. multi-platform Strategie?
Themenkomplex B: Transformationsprozesse der Oper als Gattung
Carolyn Abbate und Roger Parker suggerieren, dass die Oper aktuell womöglich einen evolutionären turn zum Filmischen nehme und eine „art-for-the screen“ werde. Sie beobachten dies sowohl in den Operninstitutionen selbst, die institutionell Internetstreamings HD-Übertragungen verwenden, als auch bei neuen Konzeptionsformen von Opern, die sich am Filmischen orientieren. Im Workshop soll erörtert werden, welche ästhetischen Verfahren verwendet werden und welche neuen (Hybrid-)Formen für die Bühne, DVD oder das digitale Netz entstehen können.
Um den neuen Facettenreichtum anzudeuten, sei hier nur exemplarisch auf die Inszenierung der Zauberflöte mit Elementen des Stummfilms und des Comicromans an der Komischen Oper Berlin durch den Intendanten Barrie Kosky und die britische Theatertruppe „1927“, die opera-documentary Fig Tree des kanadischen Regisseurs John Greyson, die südafrikanische, filmische Adaption Unogumbe – Noye’s Fludde des „Isango Ensembles“, die Vocaloid Opera The Ende am Theatre du Chatelet in Paris, die Internetoper Die Affäre Manon des Gelsenkir-chener Musiktheaters oder die interaktive Musiktheater Performance A Magnificent Cross-breeding of Protein and Tinplate vom Attenborouch Centre for the Creative Arts verwiesen.
Themenkomplex C: Transformationsprozesse der Aufführungskultur und Rezeption
Mit den neuen Formaten und ihrer neuen Ästhetik stellt sich auch die Frage nach neuen Rezeptionsweisen und deren soziokulturellen Dimensionen. Welches Potenzial haben digitale Medien für einen Wandel im Opernpublikum? Ob und in welcher Form findet ein Wandel der musiktheatralen Aufführungskultur im Sinne des Theaterwissenschaftlers Wolf-Dieter Ernst statt? Und kann dies zu einem Wandel des Operndiskurses als Elitenkultur führen?
Es wird besonders zu Vorträgen eingeladen, die sich folgenden Aspekten widmen:
- Digitale Medien in Opernaufführungen / Konzeptionsformen von Opern, die sich am Filmischen orientieren
- Neue (Hybrid-)Formen von Opern und ihre neuen Rezeptionsweisen
- Medienästhetik möglicher Hybride
- Wandel musiktheatraler Aufführungskultur
- neue Vermarktungs- und Kommunikationsstrategien von Operninstitutionen in und außerhalb Europas
- Public-Screenings, digitale Angebote der MET / Streaming-Angebote
- Potenzial medialer Innovationen für freie Opernszene
- Wandel des Operndiskurses als Elitenkultur durch mediale Innovationen
Bitte senden Sie Abstracts (max. 2000 Zeichen) für einen 20minütigen Beitrag im thematischen Rahmen des Workshops und die Angabe der benötigten technischen Voraussetzungen für den Vortrag, sowie eine Kurzvita (max. 500 Zeichen) inklusive Kontaktdaten bis 1. Juli 2018 per E-Mail an Lena van der Hoven (Lena.van-der-Hoven@uni-bayreuth.de). Gleichermaßen willkommen sind Beiträge aus den Geistes- und Sozialwissenschaften (Musik-, Medien-, Theater- und Kulturwissenschaft). Nachwuchswissenschaftler/innen seien nachdrücklich zu einer Bewerbung aufgefordert. Die ausgewählten Referent/innen werden bis zum 15. Juli 2018 benachrichtigt und das Konferenzprogramm unter http://www.badw.de/veranstaltungen.html und http://www.prof-musikwissenschaft.uni-bayreuth.de/de/index.html online veröffentlicht. Für die ausgewählten Referent/innen können voraussichtlich im begrenzten Umfang die Reisekosten (im Inland) sowie die Übernachtungskosten erstattet werden.