Spätestens mit der Banken-, Finanz- und Eurokrise schien der Begriff „liberal“ diskreditiert zu sein. Der Liberalismus galt als programmatische Grundlage derjenigen marktradikalen Ideen, die zuerst Hauseigentümer, dann Banken und zuletzt ganze Staaten ins Unglück gestürzt hatten. Wie schnell sich solche Zuschreibungen wieder ändern können, zeigt der Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in Europa und ein Präsidentschaftswahlkampf in den USA, der alles in Frage stellte, was zuvor als Gewissheit behandelt wurde. Nun war von der „liberalen“ Demokratie die Rede, die gegen ihre Feinde verteidigt werden müsse. Bedroht scheinen nicht zuletzt Formen des angemessenen Umgangs, die als kulturelle Grundlage einer liberalen Form der Demokratie gelten und erst durch Erziehung und Bildung hervorgebracht werden.
Das liberale Programm geriet aber bereits zu dem Zeitpunkt in eine Krise, zu dem das „demokratische Zeitalter“ (Jan-Werner Müller) anbrach und immer weitere Bevölkerungsgruppen eine realistische Chance erhielten, Teil des politischen Gemeinwesens zu werden. Die Veranstaltung widmet sich der Frage, wie im Liberalismus Bildung, Erziehung und öffentliches Unterrichtswesen verhandelt wurden und werden. Im Zentrum stehen sowohl ideengeschichtliche Perspektiven auf die liberale Klassik und die Versuche der Neuformulierung des liberalen Programms im 20. Jahrhundert als auch zeitgenössische Debatten.