Keynote
Susanne Raidt, Philipps-Universität Marburg: „Geschlechter(Un)Ordnungen – NS-Verbrecherinnen vor westdeutschen Gerichten (1945-1952)“
URL:
http://www.villamerlaender.de
Richard Merländer, geboren 1874 in Mühlheim an der Ruhr, wurde als Jude und Homosexueller durch die Nationalsozialist_innen aus der Gesellschaft ausgeschlossen, 1942 wurde er in Treblinka ermordet. Das einstige Wohnhaus des Seidenfabrikanten Merländer ist seit 1991 Sitz der NS-Dokumentationsstelle Krefeld, seit März 2018 wird diese von der Historikerin Sandra Franz geleitet.
Traditionell stehen in der deutschen Erinnerungs- und Forschungsarbeit die Opfer der Nationalsozialist_innen im Zentrum. Täter_innenforschung fokussiert sich gegebenenfalls auf Einzelpersonen und verfolgt damit eine Linie, die seit mehreren Jahrzehnten überholt sein sollte. Strukturelle, genderbasierte Forschung findet verschwindend wenig statt und ist in Gedenk- und Dokumentationsstellen selten zu fin-den. Im Schulunterricht findet sie gar keinen Einsatz. Mit der Villa Merländer als Tagungsort sollen Täter_innen stärker in den Fokus von Gedenkstättenarbeit gerückt werden. Zudem soll zu neuen Forschungsansätzen in und außerhalb Krefelds angeregt werden. In einem speziellen Panel wird der Fokus auf den Einsatz von Täter_innenforschung im Schulunterricht gelegt werden.
Nicht nur die Villa Merländer als Ort und Richard Merländer als Person werfen viele Fragen auf, denen in verschiedenen Vorträgen nachgegangen werden soll und zu denen Abstracts willkommen sind:
Wie wuchsen Täter_innen und Opfer des NS in der Weimarer Republik auf?
Was bedeutete es, im NS-System aufzuwachsen und dieses zu hinterfragen? Welche Rollen spielen hierbei Bildung und Arbeit?
Woher nahmen Täter_innen ihre Motivation, dem System zu dienen?
Wie reagierten Täter_innen, Opfer und sich passiv zum System verhaltende Deutsche im Alltag des NS auf sexuelle Orientierungen, die nicht der nationalsozialistischen Norm entsprachen? Wie groß waren die Unterschiede zwischen der Weimarer Republik und der NS-Zeit tatsächlich?
Welche Opfer oder potentielle Täter_innen, die keine werden wollten, gingen ins Exil und wer blieb bewusst in Deutschland?
Wie gehen Historiker_innen mit Überlieferung und Erinnerung an die Zeit des NS um, was bedeutet erinnern, welche Orte sind geeignete Erinnerungsorte?
Und wie gehen Opfer und Täter_innen mit ihrer eigenen Geschichte nach 1945 um?
Wie kann Täter_innenforschung gezielt im Schulunterricht eingesetzt werden? Und wie kann der Blick auf die Täter_innen das Geschichtsbewusstsein von Schüler_innen verändern?
Vor allem Fragen zur Bedeutung und zur Rolle des Geschlechtes von Opfer und Täter_innen sollen diskutiert und erörtert werden. Weitere Themenschwerpunkte und Fragestellungen sind selbstverständlich willkommen.
Bitte senden Sie einen Abstract für einen Vortrag (max. 300 Worte) sowie eine kurze Biografie (max. 250 Worte) bis zum 25.11.2018 an Sandra Franz, sandra.franz@krefeld.de und Mareen Heying, mareen.heying@hhu.de Eine Rückmel-dung erfolgt bis zum 30. November 2018.
Um die Einwerbung finanzieller Mittel wird sich bemüht, um die Reise- und Übernachtungskosten für Vortragende zu tragen. Eine Teilnahmegebühr wird nicht erhoben.