1. Von der Reklame über die Propaganda zu Public Relations und schließlich zur Strategischen Kommunikation?
Die Theoriebildung der Public Relations wird in Deutschland meist auf die Zeit nach 1945 datiert. Public Relations wirken so vergleichsweise jung, mitunter sogar als Theorieimport aus den USA. Aber: inwiefern lassen sich die Werbe- oder Propaganda-Aktivitäten vor 1945 von den Public Relations nach 1945 unterscheiden? Welche Veränderungen machten Werbung, Propaganda, PR und schließlich Strategische Kommunikation durch? Und auch, welche Veränderungen brachte der Nationalsozialismus? Zweifelsohne wurde die Berichterstattung ideologisch gebunden, ungelenkte Meinungsäußerung fand nach 1933 nicht mehr statt, - jedenfalls nicht auf einer politischen Ebene. Galt das auch für Unternehmen und die „Propaganda“ in eigener Sache?
2. Vom Kreuz des Wirtschaftsjournalismus: autonom, aber nie autark?
Die Berichterstattung von Journalisten gilt vielen als „frei“ und manchem sogar als autonom. Wie dem auch sei: tatsächlich gehört der Wirtschaftsjournalismus zu den großflächigen historischen Desideraten. Die Berichterstattung, erst recht die über Unternehmen oder Wirtschaftsorganisationen ist deutlich stärker als anderer Journalismus von dem Auskunftswillen des Objekts der Berichterstattung, d.h. den Unternehmen, abhängig. Informationen können von den PR-Abteilungen kommen, oder auch von Insidern. Welche Rolle spielten Insider und in welchem Verhältnis standen sie zum dem Wirtschaftssubjekt, über das sie „auspackten“? Aber auch: was motivierte zur Entlarvung? Und in welcher Rolle, mit welcher Währung, wurden Vertrauensbeziehungen zwischen Unternehmen und Journalisten aufgebaut und stabilisiert? Welche Bedeutung nahmen die Redaktionen und Herausgeber als Träger der Wirtschaftsberichterstattung ein?
3. Anonyme Macht? Wirtschaftsöffentlichkeit(en)
Als Adressat von Public Relations und auch Wirtschaftsjournalismus wird oftmals eine abstrakte Öffentlichkeit angenommen. Was aber charakterisiert diese „Wirtschaftsöffentlichkeit“, was unterscheidet sie von anderen Öffentlichkeiten und welchem Wandel unterlag sie? Zedtwitz-Arnim unterschied in seiner Denkschrift z.B. scharf zwischen Masse und „Meinungsmachern“. Wie lassen sich Meinungsmacher identifizieren und analysieren? Und, ist es analytisch folgerichtig von „Wirtschaftsöffentlichkeiten“ statt von „Wirtschaftsöffentlichkeit“ auszugehen?
4. Neue Formate, neue Kritik, neue Konflikte?
In den 1960er Jahren entstand eine kritischere Öffentlichkeit und korrespondierend auch ein neuer investigativer Wirtschaftsjournalismus. Die ARD-Fernsehmagazine Panorama und Report kritisierten in ihren Reportagen betriebliche Missstände und provozierten dadurch die deutsche Unternehmerschaft. In den 1970er Jahren brachten zunächst das Manager Magazin, dann auch andere Wirtschaftsmagazine betriebliche Reportagen über unzeitgemäße Führungsmodelle und Managementfehler, die die Vorstände der deutschen Unternehmen herausforderten. Wie reagierten die unternehmerischen Akteure auf diese Kritik und mit welchen Strategien versuchten sie dem drohenden Vertrauensverlust entgegenzuwirken? Wie verhielten sich also PR und freie Wirtschaftspresse im Konfliktfall? Welche Rolle spielten dabei das Presserecht und juristische Aspekte?
5. „Aufklärung“ und „Image“ durch Auftragsarbeiten renommierter Autoren
Wie akquirierten Unternehmen Autoren, die sich „loyal“, aber doch „aufklärerisch“ genug und damit als authentisch verkaufen ließen? Welche Rolle spielten etwa Historiker? Und wie wurden Beziehungen zwischen Autoren und Unternehmen stabilisiert und auch gelenkt? Heute ist es normal, dass Unternehmen, wenn sie etwa eine Unternehmensgeschichte in Auftrag geben, einen Vertrag mit dem Autor schließen, der Akteneinsicht, Autorenrechte und Honorar festlegt. Die Professionalisierung durch Verträge zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber kam, so die landläufige Meinung, in Westdeutschland stark im Zusammenhang mit dem sog. „NS-Boom“, der gezielten und unabhängig zu klärenden Frage nach der Zeit der Unternehmen im Nationalsozialismus seit den späten 1980er Jahren, auf. Mit welchen Mitteln wurde die Beziehung zwischen Autor und Unternehmen vorher strukturiert und lässt sich die These vom „NS-Boom“ überhaupt halten?
Wir bitten bis zum 3. Februar 2019 um ein kurzes Abstract (1-2 Seiten) und ein kurzes CV.
Theoretische wie empirische Beiträge aus PR-Wissenschaft, Journalistik, Zeit- und Wirtschaftsgeschichte sind höchst willkommen.