Mendikantische Genderdiskurse

Mendikantische Genderdiskurse

Veranstalter
Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Veranstaltungsort
Tagungszentrum Hohenheim
Ort
Stuttgart-Hohenheim
Land
Deutschland
Vom - Bis
05.07.2019 - 06.07.2019
Deadline
15.03.2019
Website
Von
Cristina Andenna, Matthias Standke, Petra Steymans-Kurz

Das Interesse an und die Diskussion über die sozio-kulturelle Konstruktion der Geschlechter hat in der Mediävistik allein in den letzten 20 Jahren ein weites Forschungsfeld etabliert. Dass in einer Epoche starker Religiosität wie dem Mittelalter sich dabei der Einfluss der Kirche bzw. religiöser Gruppen prägend auf die Genderkonstruktionen auswirkte und diskursgebend war, ist seit langem bekannt. Inwiefern innerhalb dieses Diskursfeldes allerdings Subdiskurse entstanden und wirkten ist bisher nicht hinterfragt worden. Diesem Umstand möchte sich der geplante Workshop annehmen und für eine spezifische religiöse Gruppe, den Mendikanten, deren diskursive Wirkmacht analysieren.

Bereits mit ihrem Aufkommen im 13. Jahrhundert werden die Bettelorden (Franziskaner, Dominikaner, Augustiner-Eremiten, Karmeliten) zu diskursmächtigen Institutionen, was sich etwa in ihrem gesteigerten Einfluss innerhalb unterschiedlicher Bereiche der mittelalterlichen Gesellschaft (Hof, Stadt, Kirche etc.) offenbart. Das Potential der Mendikanten in den diversen Diskursen ihrer Zeit ist bereits mehrfach attestiert worden, gerade auch weil die Bettelorden aufgrund ihres pastoralen Selbstverständnisses die Diskurse und Diskursräume auf andere Weise miteinander verknüpfen und insoweit neu ausrichten konnten. Inwieweit die Bettelorden einen Einfluss auf mittelalterliche und frühneuzeitliche Diskursivierungen des Geschlechts hatten, wurde in der bisherigen Forschung allerdings nicht systematisch analysiert. Einzelne Studien, die nicht explizit einer genderspezifischen Fragestellung nachgehen, zeigen, dass es nicht nur mendikantische Einflüsse, sondern auch eigene Ideen und Entwürfe von Geschlechterrollen gab. Diesen spezifischen Ansätzen will der Workshop folgen und erstmals systematisch die Frage nach den mendikantischen Genderdiskursen stellen. Welchen Einfluss auf die Konstruktion, Legitimierung und Verbreitung spezifischer Rollen und Muster von Weiblichkeit und Männlichkeit übten die Bettelorden wo, wann und wie aus? Es geht dabei dezidiert nicht allein um ordensinterne Diskursivierungen der Geschlechter, sondern um den Einfluss der mendikantischen Entwürfe in der mittelalterlichen Gesellschaft (Hof, Stadt etc.). Etablieren die Mendikanten einen neuen Diskurs oder knüpfen Sie an Traditionen (Dispositionen) an? Dafür ist der Workshop, will er dem Foucault’schen Diskursbegriff genügen, per se interdisziplinär und zudem komparatistisch ausgerichtet, um möglichst verschiedene Bereiche des diskursiven Einflusses der Mendikanten widerzuspiegeln. Zugleich verfolgt der Workshop das Ziel, unterschiedliche Ansätze der Gendertheorie (BUTLER/ BOURDIEU/ LACAN/ LAQUEUR/ PASERO u. WEINBACH/ SEDGWICK) auf die Fragestellung anzuwenden und deren Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen für eine derartige Diskursanalyse zu reflektieren.
Insofern ist der Workshop in seiner Struktur bereits selbst diskursiv angelegt. Der Workshop soll jüngeren ForscherInnen sowie etablierten WissenschaftlerInnen Gelegenheit geben, ihre Arbeiten und Projekte zu diskutieren. Neben interdisziplinären Vorträgen geht es uns vor allem um die Diskussion der Analysen, die wir gemeinsam mit vier Expertinnen bestreiten möchten. Dieses Team besteht aus in der gegenwärtigen Forschung arrivierten Vertreterinnen einzelner Fachrichtungen, die bereits grundlegende Beiträge zur Erforschung der Dimensionen mendikantischer Weiblichkeit und Männlichkeit beigetragen haben. Für den Workshop konnten wir bereits Frau Prof. Dr. Marina Münkler (Dresden) sowie Frau Prof. Dr. Lezlie Knox (Milwaukee) gewinnen. Weitere Expertinnen und Experten haben wir angefragt.

Vor dem skizzierten Hintergrund stellt sich eine Vielzahl von Fragen und der folgende Katalog dient insoweit als Anregung:

- Welche Kommunikationsformen, Verbildlichungen, Semantisierungen und narrativen Strukturen tragen dazu bei, dass Entwürfe von mendikantischer Weiblichkeit und Männlichkeit generiert werden?
- Gibt es neben den pastoralen Einflüssen auch andere und wenn ja, welche?
- Welche reziproken Einflüsse haben dabei die Neuerungen im Feld der medialen und performativen Darstellung auf den mendikantischen Genderdiskurs, wie bspw. in der Malerei?
- Inwiefern sind die Genderentwürfe different zu jenen der traditionellen Orden etwa den Zisterziensern und anderen diskursiv wirkmächtigen Institutionen (Kirche, Hof)? Oder sind sie ein Ausdruck diskontinuierlicher Dispositionen?
- Welche Transformationen lassen sich dann in den jeweiligen Ausformungen erkennen?
- Zeigen sich ferner Variationen je nach Orden und Zeit in diesen Genderdiskursen?
- Wie wird mit etwaigen Transformationen und Variationen auch innerhalb der differenten Medien umgegangen?
- Kann man bei dem Auftreten und dem Umgang mit diesen Aspekten regionale Unterschiede oder überregionale Gemeinsamkeiten benennen?
- Gibt es etwa einen Genderdiskurs der Mendikanten oder tragen die Orden respektive sogar die einzelnen Gemeinschaften und Konvente spezifisch zu einem differenten Diskurs bei?
- Welche langfristigen Folgen entstanden durch die konzeptuellen Dimensionen mendikantischer Konstruktionen von Geschlechtern und ihren Differenzen?

Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge, die Sie bitte als pdf-Dokument an cristina.andenna@tudresden
sowie matthias.standke@uni-paderborn.de bis zum 15.03.2019 senden. Ihre Abstracts sollten
max. 2000 Zeichen umfassen und wissenschaftsbiographische Angaben zu ihrer Person enthalten.

Wir planen die Ergebnisse des Workshops zeitnah im Online-Journal der Akademie zu publizieren.

Bitte beachten Sie, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt ihnen weder eine Finanzierung der Tagungs- noch der Reise-, Unterkunfts- sowie Verpflegungskosten in Aussicht stellen können. Die voraussichtlichen Kosten werden von der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart wie folgt
veranschlagt:

Tagungskosten
- inkl. Verpflegung und Übernachtung im EZ 149,00 €
- inkl. Verpflegung und Übernachtung im DZ 125,00 €
- ohne Übernachtung und Frühstück 67,00 €
Ermäßigt
- inkl. Verpflegung und Übernachtung im DZ 104,00 €
- ohne Übernachtung und Frühstück 56,00 €
Eine Ermäßigung erhalten Schüler, Studierende (auch Promotionsstudierende) und Erwerbslose.

Programm

Kontakt

Matthias Standke
Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft
Universität Paderborn

matthias.standke@uni-paderborn.de


Redaktion
Veröffentlicht am
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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