Call for Papers - Interdisziplinäre Tagung zum Strukturwandel der 1970er Jahre
Veranstaltungsort: Universität Stuttgart
Veranstalter: Prof. Dr. Reinhold Bauer und Prof. Dr. Wolfgang Burr (Lehrstuhl für Wirkungsgeschichte der Technik und Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Innovations- und Dienstleistungsmanagement, Universität Stuttgart); Bartholomäus Dutkiewicz und Carina Gliese sowie Internationales Zentrum für Kultur- und Technikforschung, Stuttgart (IZKT)
Datum: 21. und 22.11.2019
Deadline 12.05.2019
Das Ende des „Goldenen Zeitalters“?
Der Strukturwandel der 1970er Jahre, seine Rezeption und Folgen aus interdisziplinärer Perspektive
Die 1970er Jahre werden u.a. in der wirtschafts-, konsum-, unternehmens-, kultur- und technikhistorischen Forschung als Epochenschwelle angesehen, mit der das „Goldene Zeitalter“ der westlichen Hochmoderne zu Ende ging und damit der Übergang vom Modell der fordistischen zum Modell der postfordistischen Gesellschaft erfolgte. Ungeahnte wirtschaftliche Probleme führten zu einem geringeren Wachstum im Vergleich zu den Jahren des Nachkriegsbooms sowie zum Wegbrechen ganzer Branchen wie der Textil-, der Uhren-, der Unterhaltungselektronikindustrie sowie des Berg- und Schiffbaus. Dieser fundamentale Strukturwandel und die dadurch ausgelöste Krise zeichneten sich bereits in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre ab und hielten bis in die 1980er Jahre an, als die Folgen des Wandels in ihrer ganzen Tragweite erst deutlich wurden.
Während es schon zahlreiche Untersuchungen zum Strukturwandel auf der Makroebene gibt, interessiert uns die Meso- und Mikroperspektive auf einzelne Branchen, Unternehmen und Phänomene des Strukturbruchs. Bisher waren auf Tagungen zu dem Thema vor allem Historiker und Sozialwissenschaftler vertreten. Wir hingegen wollen durch einen interdisziplinären Dialog den Strukturwandel, seine Rezeption und Folgen aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlicher Methodik beleuchten. Ziel dabei ist es, eine Integration von Deutungs- und Erklärungsansätzen sowie Arbeitsweisen zu erreichen, die der Komplexität des vielschichtigen Strukturbruchs der 70er Jahre möglicherweise besser gerecht wird, als es mit monodisziplinären Ansätzen möglich wäre. Der interdisziplinäre Dialog kann somit zu einem größeren und realistischeren Problemverständnis des komplex-mehrschichtigen Phänomens führen sowie Erkenntnisse ermöglichen, die bisher für manche Disziplinen evtl. im Unscharfen lagen.
Gewünscht sind Einreichungen, die sich mit dem Strukturwandel der 1970er Jahre im Hinblick auf folgende und ähnliche Fragestellungen befassen:
Da die 1970er Jahre in vielerlei Hinsicht ein Umbruchsjahrzehnt darstellen, soll die Frage nach den Ursachen dieses tiefgreifenden sozio-ökonomischen Strukturwandels diskutiert werden und danach gefragt werden, welche konkreten Veränderungen und Folgen er hervorrief. Wie wurde der Strukturwandel wahrgenommen, interpretiert und politisch verarbeitet? Welche zeitgenössischen Theorien und Diskurse sind im Zusammenhang mit dieser zeithistorischen Zäsur festzustellen? Kann tatsächlich von einer Krise gesprochen werden oder war es nach dem „Wirtschaftswunder“ einfach nur eine Rückkehr zu „normalen“ Verhältnissen? Welche Indikatoren können als Bezugspunkte gewählt werden, um eine zeitliche Eingrenzung des Strukturwandels und dessen Einordnung in längerfristige Entwicklungen vornehmen zu können? In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob mit dem Zusammentreffen von technologischer Innovation und verschärftem internationalem Wettbewerb in den 1970er Jahren eine neue Epoche in der Entwicklung moderner Industriegesellschaften begann und wie diese zu charakterisieren ist. Zu überlegen wäre schließlich, ob sich Thesen aufstellen lassen, die die zukünftigen Forschungen über Gestalt, Begriffsbildung und Auswirkungen dieser Umbruchszeit leiten könnten.
Auch die Auswirkungen des Strukturwandels auf einzelne Unternehmen und Branchen sind von Interesse. Welche Rolle spielte für sie die Strukturkrise und wie schätzten sie ihr Ausmaß ein? Welche Krisenreaktionsstrategien wandten sie an? Wie kann deren Handeln z. B. aus betriebswirtschaftlicher, unternehmens- und technikhistorischer Perspektive analysiert werden? Wie kann das Scheitern von Branchen und Unternehmen in der Krise erklärt werden und welche Rolle spielten Innovationen dabei?
Über diese Anregungen hinaus sind wir offen für Einreichungen, die von uns nicht benannte Leerstellen zum Strukturwandel der 1970er Jahre thematisieren.
Gewünscht sind nicht nur Beiträge aus den Wirtschaftswissenschaften sowie der Technik- und Unternehmensgeschichte, sondern aus allen Disziplinen. Bisher hat sich vor allem die Soziologie und die Geschichtswissenschaft mit dem Strukturwandel befasst, vereinzelt auch die Philosophie, die Kultur- und Politikwissenschaft. In der Betriebswirtschaftslehre sind die 1970er Jahre als Zeitwende bisher insgesamt wenig in den Blick geraten, da sie vor allem als Teilabschnitt des langfristigen gesamtwirtschaftlichen Strukturwandels und damit als Thema der Volkswirtschaftslehre interpretiert wurden. Dem soll Abhilfe geschaffen werden, in dem auf der Tagung Raum für ein interdisziplinäres Werkstattgespräch auch bisher nicht genannter Disziplinen wie beispielsweise der Medienwissenschaften, der Kommunikationswissenschaft der Digital Humanities, der Wissenschafts- oder Kunstgesichte sowie der Ingenieur- und Naturwissenschaften geschaffen wird.
Die Tagung wird am 21. und 22. November 2019 an der Universität Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem IZKT stattfinden. Reise- und Übernachtungskosten für Vortragende werden übernommen. Wir bitten um die Einsendung von Abstracts und einer Kurzbiografie bis spätestens zum 12.05.2019 an: carina.gliese@hi.uni-stuttgart.de.
Es ist geplant, zur Tagung einen Sammelband zu veröffentlichen.