Internalizing external experience. Perspektiven auf kommerzielle Beratung in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert

Internalizing external experience. Perspektiven auf kommerzielle Beratung in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert

Veranstalter
Alina Marktanner, MPIfG Köln; Sebastian Schöttler, HU Berlin; PD Dr. Rüdiger Graf, ZZF Potsdam
Veranstaltungsort
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Ort
Potsdam
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.03.2020 - 27.03.2020
Deadline
15.11.2019
Website
Von
Sebastian Schöttler

Nicht erst seit der jüngsten „Berateraffäre“ im Bundesministerium der Verteidigung wird über die „unheimliche Macht der Berater“ diskutiert. Bereits im Zuge der Rationalisierungsbewegung der Zwischenkriegszeit taten sich beratende Ingenieure als Experten für effizientes Wirtschaften hervor. Mit dem Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft nach 1945 wuchs die Branche weiter und die Unternehmensberatung etablierte sich in der Bundesrepublik als eigenständiger Berufszweig. Spätestens seit den 1980er Jahren wurde die kommerzielle Beratung durch Consultingunternehmen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Think Tanks ein selbstverständliches Instrument der Organisationsführung. Durch die Bereitstellung von Handlungswissen veränderten Berater/innen das Verhältnis von intern und extern generierter Erfahrung in Organisationen im Laufe des 20. Jahrhunderts grundlegend. Sie wirkten auf die Erwartungsbildung in Unternehmen, Behörden sowie Non-Profit-Organisationen ein und prägten deren Entscheidungsprozesse und Governance-Strukturen.

Während insbesondere die wissenschaftliche (Politik-)Beratung in der deutschen Zeitgeschichte gut erforscht ist, gilt dies weniger für kommerzielle Formen der Beratung. Wie erklärt sich der Aufstieg externer, kommerzieller Expertise seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert? Lässt sich ihre Geschichte tatsächlich als geradliniger Aufstieg erzählen? Welche Prozesse beförderten den Boom der Beraterbranche in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und inwieweit förderten Berater/innen selbst eine Digitalisierung, Internationalisierung oder “Ökonomisierung” von Politik und Gesellschaft? Welchen Einfluss nahmen Berater/innen und die von ihnen provozierten Erwartungen auf Entscheidungsprozesse in Unternehmen, Behörden und Stiftungen? Inwieweit geriet externes Handlungswissen in Konflikt mit der internen Erfahrung von Manager/innen, Beamt/innen und Mitarbeiter/innen und wie wurde es operationalisiert? Neben der Klärung empirischer und theoretischer Aspekte soll die Tagung einen Austausch über methodische Herausforderungen angesichts der meist auf Diskretion bedachten Akteur/innen ermöglichen. Auf welche Quellen kann eine gegenwartsnahe Zeitgeschichte zurückgreifen und wie grenzt sie sich von (populär-)wissenschaftlichen Deutungsangeboten ab, die maßgeblich von Berater/innen selbst geprägt wurden?

Die zweitägige Konferenz widmet sich diesen Fragen anhand aktueller Forschungsarbeiten aus unternehmens-, politik- sowie kulturhistorischer Perspektive. Die Beiträge sollen sich dabei nicht auf einschlägige Firmennamen der klassischen Unternehmensberatung wie McKinsey oder Boston Consulting Group beschränken. Stattdessen sollen unterschiedliche kommerzielle Beratungsangebote nebeneinandergestellt und auf ihre Funktion, Inhalte und Wirkungen hin untersucht werden. Dazu zählen neben Beratungsfirmen auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Kanzleien, Think Tanks sowie Organisationen mit Gemeinnützigkeitsanspruch wie die Bertelsmann Stiftung. Als Abnehmer kommerzieller Beratung sollen privatwirtschaftliche Unternehmen, Behörden sowie Non-Profit-Organisationen im Zentrum stehen, um der zunehmenden Differenzierung auf der Nachfrageseite in den letzten fünf Jahrzehnten Rechnung zu tragen.

Die Tagung findet vom 26. bis 27. März 2020 am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam statt. Am 26. März hält Prof. Dr. Matthias Kipping (Schulich School of Business) einen öffentlichen Abendvortrag. Vorschläge für Beiträge (max. 500 Wörter) können inkl. eines kurzen CV bis zum 15.11.2019 an Alina Marktanner (marktanner@mpifg.de) oder Sebastian Schöttler (sebastian.schoettler@hu-berlin.de) geschickt werden. Die Vorträge sollten einen Zeitrahmen von 25 Minuten nicht überschreiten. Beiträge von angrenzenden Disziplinen wie der Wirtschaftssoziologie, der Betriebswirtschaftslehre oder den Kulturwissenschaften sind willkommen, sollten aber einen Bezug zur historisch-empirischen Forschung herstellen. Die Kosten für Reise und Unterkunft können unter Vorbehalt der Finanzierungszusage übernommen werden.

Programm

Kontakt

Sebastian Schöttler

Institut für Geschichtswissenschaften, HU Berlin, Friedrichstraße 191-193, 10117 Berlin

sebastian.schoettler@hu-berlin.de