14. Hirschfeld-Lecture /// Dr. Anna Hájková: Homophobie in der Lagergesellschaft. Holocaust, queeres Verlangen und Kontinuitäten der Ausgrenzung

14. Hirschfeld-Lecture /// Dr. Anna Hájková: Homophobie in der Lagergesellschaft. Holocaust, queeres Verlangen und Kontinuitäten der Ausgrenzung

Organizer
Bundesstiftung Magnus Hirschfeld in Kooperation mit Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern und AG Gender und Queer Studien der Universität Rostock
Venue
Aula der Universität Rostock, Universitätsplatz 1, 18055 Rostock, 19:00 Uhr–20:45 Uhr
Location
Rostock
Country
Germany
From - Until
09.12.2019 -
By
Dr. Daniel Baranowski

Die Gesellschaft der Holocaustopfer in KZs und Ghettos ist ein bis heute wenig erforschtes Thema. Zum einen sind sich die Historiker/innen uneins, ob wir überhaupt von einer Gesellschaft sprechen können; zum anderen liegt der Fokus zumeist auf Themen wie Solidarität oder Widerstand. Dabei werden jedoch zentrale Kategorien wie Geschlecht, Klasse, Ethnizität, Alter oder Sexualität oft vernachlässigt, durch die wir etwas über das Funktionieren der Häftlingsgesellschaft erfahren können.

Der Vortrag von Dr. Anna Hájková (Associate Professor of Modern European Continental History, Universität Warwick) untersucht und kontextualisiert die Homophobie der Lagergesellschaft innerhalb der jüdischen Geschichte des Holocaust. Dabei handelte es sich weder um eine Kontinuität der Vorkriegshomophobie noch um eine Reaktion auf die Konstruktion des „schwulen Nazis” noch um eine Verinnerlichung der Homosexuellenverfolgung. Wie Insa Eschebach gezeigt hat, war Homophobie eine Reaktion der Insassen, die andere marginalisierten, um sich selbst zu etablieren.

Zudem werden verschiedene Formen von gleichgeschlechtlicher Sexualität untersucht: romantische, rationale und unter Zwang zustande gekommene; zwischen Menschen, die sich vor und nach der Haftzeit als homosexuell definierten oder nicht; zwischen Opfern oder zwischen Häftlingen und Aufseher/innen. Im Anschluss an die Historikerin Regina Kunzel soll gezeigt werden, weswegen es wichtig ist, eine queere Sexualität der Holocaustopfer als solche anzusehen und nicht als eine „lagerbehaftete” Wahl.

Schließlich wird deutlich gemacht, dass die Homophobie der Lagergesellschaft ein langes Nachleben hatte: Queere Personen wurden entweder verschwiegen oder als deviant stigmatisiert. Deren Erinnerungen sind eine Leerstelle in den Holocaustarchiven weltweit, und die Historikerin, die sich des Themas annahm, bekam zu spüren, wie unerwünscht ihre Arbeit ist.

Programm

19:00 Uhr:
Begrüßung: Dr. Daniel Baranowski (Bundesstiftung Magnus Hirschfeld)

Grußworte: Landesrabbiner Yuriy Kadnikov (Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern), N. N. (AG Gender und Queer Studien der Universität Rostock)

19:15 Uhr: Vortrag: Dr. Anna Hájková (Associate Professor of Modern European Continental History, Universität Warwick)

20:00 Uhr: Gespräch mit Dr. Ulrich Baumann (Stellverttretender Direktor, Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas) und Beteiligung des Publikums

Contact (announcement)

Daniel Baranowski

Mohrenstraße 34, 10117 Berlin

daniel.baranowski@mh-stiftung.de

https://mh-stiftung.de/2019/09/17/14-hirschfeld-lecture-mit-dr-anna-hajkova-homophobie-in-der-lagergesellschaft/
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German
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