Die ungleiche Entwicklung der Regionen im Mittelalter: Das "jüngere Europa" im trans- und interkontinentalen Netzwerk / Uneven regional development in the Middle Ages: “younger Europe” in transcontinental and intercontinental networks

Die ungleiche Entwicklung der Regionen im Mittelalter: Das "jüngere Europa" im trans- und interkontinentalen Netzwerk / Uneven regional development in the Middle Ages: “younger Europe” in transcontinental and intercontinental networks

Veranstalter
Deutsches Historisches Institut Warschau, Außenstelle Prag
Veranstaltungsort
DHIW Außenstelle Prag
Ort
Prag
Land
Czech Republic
Vom - Bis
26.11.2020 - 28.11.2020
Deadline
31.03.2020
Von
Zdeněk Nebřenský

Die ungleiche Entwicklung ist als Kluft zwischen den hochentwickelten, industrialisierten Ländern und den agrarischen, vorwiegend Primärprodukte erzeugenden Ländern definiert. Dabei weisen Historiker schon seit Jahren darauf hin, dass die auf der Welt herrschende Ungleichheit aus Strukturgegebenheiten erwächst, die sich sehr langsam herausbilden und ebenso langsam verwischen (F. Braudel). Sie sind demzufolge nicht erst die Konsequenz der Industriellen Revolution, sondern begegnen durchaus in vormodernen Gesellschaften.

Wie aber entstehen Ungleichheiten und in welchen Bereichen kommen sie zum Ausdruck? Sind sie das Ergebnis einer Ungleichzeitigkeit der Entwicklung zwischen verschiedenen Regionen, die teilweise durch geografische Gegebenheiten (Ungunsträume) bedingt ist, und somit eine Konstante der vorindustriellen Gesellschaften? Oder wurden sie erst durch die Interaktionen und Konfrontationen mit ökonomisch und technologisch fortschrittlicheren Strukturen erzeugt? In diesem Falle wären die Ungleichheiten durch äußere Faktoren zustande gekommen.

Ausgangspunkt der Konferenz ist die Erkenntnis, dass das „jüngere Europa“ (J. Kłoczowski), das im Kern mit Ostmitteleuropa identisch ist, aber in einigen Phasen des Mittelalters den Balkan und die Rus’ einschließt und bis nach Skandinavien ausgreift, bereits seit dem frühen Mittelalter in kontinentale und interkontinentale Interaktionsnetzwerke einbezogen war. Dabei erreichte der Verflechtungsgrad im nordwestlichen Eurasien bereits im 9. und 10. Jahrhundert beachtenswerte Dimensionen. Besonders zwischen etwa 900 und 950 liefen die Silberminen in Usbekistan auf Hochtouren, um die Märkte vom Ural bis an den keltischen Rand im Atlantik und von der Krim bis Mittelschweden zu bedienen.

Dabei bestand die Qualität der Interaktionen nicht allein darin, dass Edelmetalle und Güter kommerzielle Kreisläufe stimulierten. Für die entstehenden Dynastien zu jener Zeit bildete Fernhandel (neben Tributen und Beutegut) die fiskalisch-ökonomischen Grundlagen ihrer Herrschaft. Parallel konvertierten die Eliten der entstehenden Staaten zum Christentum in lateinischer wie orthodoxer Version. Vom 12. bis 15. Jahrhundert fand dann eine tiefgreifende Transformation der Gesellschaft und Kultur statt, die sich in der zunehmenden Entstehung von Städten mit Bürgerrechten, der Neubesiedlung des Landes mit freien Bauern, im Burgenbau, in der Entwicklung des Urkundenwesens, schließlich in der Gründung von Klöstern und Universitäten niederschlug. Dieser Kompetenztransfer erfolgte nun grundsätzlich von West nach Ost. Im späten 14. und 15. Jahrhundert führten die osmanischen Feldzüge zur Eroberung weiter Teile des Balkans, was einen Peripherisierungsprozess dieser Region einleitete.

Das wirft die Frage auf, inwieweit und in welchen regionalen Bezügen die bereits bestehenden gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungsunterschiede durch Vernetzungen und Interaktionen vertieft oder – im Gegenteil – nivelliert wurden. Die Analyse verschiedener Einzelaspekte soll auf der Konferenz anhand ausgewählter Indikatoren und in vergleichender Perspektive erfolgen. Hierzu gehören folgende Bereiche:

- Handel und Warenproduktion;
- Monetarisierung und Kommerzialisierung;
- Herrschaft und Landgemeinde;
- Städte und Bürgerrechte;
- Stellung der Bauern;
- Universitäts- und Klosterbildung;
- Imaginierte Ungleichmäßigkeit und Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen

Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch.
Reise- und Unterkunftskosten werden von den Organisatoren übernommen.

Bitte senden Sie einen Themenvorschlag mit einem Abstract (max. 1 Seite / 2000 Zeichen) auf Deutsch oder Englisch bis zum 31. März 2020 an adamczyk@dhi.waw.pl und region@dhi.waw.pl
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Uneven regional development in the Middle Ages: “younger Europe” in transcontinental and intercontinental networks

Uneven development is most commonly defined in terms of the gap between highly developed, industrialized countries and agrarian countries whose economies are dominated by primary sector activities. Historians have been pointing out for years that the inequalities prevailing in the world arise from structural conditions that are resistant to change and therefore develop very slowly (F. Braudel). Thus, inequalities are not only the consequences of the Industrial Revolution; they certainly also existed in pre-modern societies.

But how do inequalities arise and in which areas do they express themselves? Are they the result of the non-simultaneity of development in different regions, which is partly due to geographical conditions (“disadvantaged places”) and thus a constant in pre-industrial societies? Or are they created through interactions and confrontations with more economically and technologically advanced structures? If the latter is true, then inequalities are caused by external factors.

The starting point of the conference is the recognition that “younger Europe”, which J. Kłoczowski essentially equates with East Central Europe, although the Balkans, Kievian Rus, and Scandinavia could be considered a part of it in some centuries, has been included in continental and intercontinental interaction networks since the Early Middle Ages. In the ninth and tenth centuries, the economies of north-western Eurasia were already remarkably entangled. For example, between about 900 and 950, silver mines in Uzbekistan were running at full speed to serve markets that ranged from the Urals in the east to the Celtic lands on the Atlantic coast in the west, and from the Crimea in the south to central Sweden in the north. But such interactions did not just involve the exchange of precious metals and goods, which stimulated commercial cycles. Foreign trade (along with tributes and booty) formed the fiscal and economic basis of the rule of nascent early medieval dynasties. In parallel, the elites of the emerging states converted to Christianity, to both the Latin and Orthodox rites.

From the twelfth to fifteenth centuries, a profound transformation of society and culture took place, resulting in the increasing emergence of cities with borough rights, the resettlement of the countryside with free peasants, the construction of castles, the expansion of written communication, and the founding of monasteries and universities. These phenomena spread from west to east. In the late fourteenth century and throughout the fifteenth century, Ottoman campaigns led to the conquest of large parts of the Balkans, which initiated the peripheralization of this region.

This transformation raises the question of to what extent, and in what regional terms, networks and interactions deepened or – on the contrary – levelled out existing social and economic differences in development. Papers that focus on the following topics and explore them in comparative perspective are encouraged:

- Trade and goods production
- Monetization and commercialization
- Sovereigns and estates
- Cities and borough rights
- The status of peasants and rural commoners
- The foundation of universities and monasteries
- Imaginations of unevenness and the simultaneity of the non-simultaneous.

Conference languages are German and English.
Travel and accommodation costs are covered by the organizers.

Please send proposals with an abstract (no longer than one page / 1800 characters) and a short CV in German or English by 31 March 2020 to adamczyk@dhi.waw.pl and region@waw.pl.

PD Dr. Dariusz Adamczyk (Deutsches Historisches Institut Warschau)

Programm

Kontakt

PD Dr. Dariusz Adamczyk
Deutsches Historisches Institut Warschau
Pałac Karnickich
Aleje Ujazdowskie 39
PL-00-540 Warszawa

http://www.dhi-prag.cz
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Deutsch
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