Nach den Verheerungen der Weltkriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts brach in europäischen Gesellschaften eine Zeit der nachhaltigen Befriedung im Innern an. Was dies für eine Geschichte der Gewalt seit 1945 bedeutet, ist indes nicht ausgemacht – dem Rückgang von Gewalt etwa bei der Frage der Schulzucht und Erziehung stehen die sichtbaren terroristischen Gewalttaten insbesondere der siebziger und achtziger Jahre gegenüber. Im Bereich der nichtpolitischen Gewaltkriminalität stieg die Zahl der registrierten Delikte seit den sechziger Jahren in Westeuropa an, was zeitgenössisch aufmerksam registriert wurde und vielfältige politische und gesellschaftliche Reaktionen nach sich zog. Standen die sechziger Jahre noch im Zeichen der Liberalisierung der Kriminalpolitik, ist seit den siebziger Jahren – also vor dem Siegeszug des Neoliberalismus – in unterschiedlicher Ausprägung eine Wende hin zur Punitivität und einer «Kultur der Kontrolle» (David Garland) zu beobachten. Diesen und verwandten Themen wollen wir uns aus verschiedenen Perspektiven nähern. Wir suchen geschichts-/medien-/kultur-/rechtswissenschaftliche Beiträge zum Thema Gewaltkriminalität, die den Zusammenhang von Ereignis (Fallgeschichte), Darstellung (Mediengeschichte), Theoriebildung (z. B. in der Forensik, der Kriminologie, der Psychiatrie) und politischer Initiative (etwa Strafrechtsrevisionen, zivilgesellschaftliche Initiativen, Soziale Bewegungen) untersuchen. Im Workshop sollen auch Methoden besprochen werden, die den Massstabwechsel vom Fall zum System und die Integration der vielen Geschichten (Kriminalität, Recht, Politik, Medizin, Medien) leisten können.
Die Keynote wird Prof. Svenja Goltermann (Zürich) halten.
Der Workshop wird virtuell stattfinden. Wir freuen uns über thematische Vorschläge in Form eines kurzen Abstracts (200 bis 300 Wörter) mit einer Kurzbiographie bis zum 15. Januar 2021.