Gedruckte Predigten im 16. Jahrhundert. Trans- und interkonfessionelle Perspektiven

Gedruckte Predigten im 16. Jahrhundert. Trans- und interkonfessionelle Perspektiven

Veranstalter
Dr. Jonathan Reinert, Tübingen & Dr. Joachim Werz, Frankfurt
Veranstaltungsort
Online
PLZ
72074
Ort
Tübingen
Land
Deutschland
Vom - Bis
20.02.2021 - 20.02.2021
Von
Joachim Werz, Professur für Kirchengeschichte / Fachbereich Katholische Theologie, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Gedruckte Predigten sind seit langer Zeit Gegenstand der historischen, theologischen, literaturwissenschaftlichen, kulturwissenschaftlichen und germanistischen Forschung. Bis dato ist die Forschung zur Homiletik jedoch segmentär verlaufen und stellte verschiedene Forschungsinteressen relativ unverbunden nebeneinander. Aus diesem Grund soll der Workshop Expert/innen der verschiedenen Disziplinen zusammenbringen und einen gemeinsamen methodischen Zugriff auf das Quellenmaterial versuchen.

Gedruckte Predigten im 16. Jahrhundert. Trans- und interkonfessionelle Perspektiven

Die Kulturwissenschaft / Volkskunde untersuchte Märlein und Alltagskultur, die Germanistik Sprachspiele, die Liturgiewissenschaft, Kirchengeschichte und Geschichtswissenschaft nahm Semantiken, Praktiken und Emotionen der Predigt ohnehin eher als randständig-selbstläufiges Thema wahr. Zudem ist der Forschungsstand zur Predigt in den sich jeweils herausbildenden Konfessionskirchen des 16. Jahrhunderts sehr disparat: Wurde der evangelischen Predigt kontinuierlich Interesse entgegengebracht, steht die wissenschaftliche Auswertung der Predigt des frühneuzeitlichen Katholizismus im genannten Jahrhundert geradezu erst am Anfang. Der Predigtanalyse über den Horizont je einer (entstehenden) Konfession hinaus hat zudem bislang nur geringe Beachtung gefunden, obwohl dadurch grundlegende theologische und gattungsspezifische Erkenntnisse resultieren können.

Aus diesem Grund soll der Workshop Expert/innen der verschiedenen Disziplinen zusammenbringen und einen gemeinsamen methodischen Zugriff auf das Quellenmaterial versuchen: Es werden Predigten aus der jeweiligen Fachperspektive heraus im Blick auf Wechselwirkungen zwischen den sich formierenden Konfessionen (interkonfessionell) und über Konfessionsgrenzen hinausgehende Aspekte (transkonfessionell) analysiert.

Die forschungsgeschichtlich recht junge Frage nach Phänomenen, die Konfessionsgrenzen transzendieren, unkenntlich machen oder gar in Frage stellen, ist in der frühneuzeitlichen Forschung aus der Arbeit an der „Konfessionalisierungsthese“ entstanden. Dabei lag in der Regel der Fokus auf dem späten 16. und vor allem dem 17. Jahrhundert, wenn sich die Konfessionen gewissermaßen ‚fertig‘ gegenüberstanden, d.h. der Prozess der Konfessionsbildung und der Herausbildung von Konfessionskulturen weitgehend abgeschlossen war. Kaum bearbeitet wurde jedoch der Zeitraum zwischen den Anfängen der Reformation und dem konfessionellen Zeitalter. Die Perspektive der Trans- und Interkonfessionalität im Schnittpunkt von Reformations- und Konfessionalisierungsforschung anzuwenden ist deshalb weiterführend, da die Formations- und Transformationsprozesse dieser bewegten Zeit in den Blick genommen werden können. Die Beschränkung auf die Gattung der gedruckten Predigten – von Einzelnen in Gestalt von Flugschriften bis zu umfangreichen Sammlungen in Gestalt von Postillen – bietet nicht nur den Vorteil einer vergleichbaren Quellenbasis, sondern sie steht wie kaum ein anderes Genre für diese Zeit, die nicht ohne Grund als „Medienrevolution“ charakterisiert wird: Über gedruckte Predigten wurden Ideen vermittelt und verbreitet, explizite, aber auch implizite Auseinandersetzungen geführt und in verschiedener Weise Zugehörigkeiten und Abgrenzungen markiert oder eben auch offengehalten.

Pro Beitrag sind 15 bis 20 min Vortragszeit eingeplant, um dem gemeinsamen Gespräch und dem wissenschaftlichen Diskurs ausreichend Raum zu geben.

Der Workshop findet digital statt. Bei Interesse an einer Teilnahme senden Sie bitte eine Mail an jonathan.reinert@uni-tuebingen.de. Sie erhalten dann einen Zugangslink für den Workshop. Herzliche Einladung!

Programm

9 Uhr Begrüßung – Jonathan Reinert / Joachim Werz
Einführung in das Projekt
9.15–11.00 Sektion I: Gattung
Impulse:
Die Anfänge bikonfessioneller Kontroversen auf der Kanzel. Der Erfurter Predigtstreit und seine mediale Inszenierung (1522-1525) – Roland Lehmann
„Jnhalt zweierley predig“. Das Flugblatt von Georg Pencz aus dem Jahr 1529 in kirchen- und kunsthistorischer Perspektive – Joanna Olchawa / Joachim Werz
Liturgische Performanz, verkündete Dogmatik, gewollte Sozialdisziplinierung? Überlegungen zum historischen Ort der Predigt in den Konfessionen der Frühen Neuzeit – Volker Leppin
Diskussion
11.15–12.30 Sektion II: Akteure
Impulse:
Priestertum transkonfessionell? Die Predigt des Böhmischen Bruderbischofs Jan Augusta von 1540 – Christine Schön
Auf „evangelischer“ Grundlage „katholisch“ predigen: Die umstrittene konfessionelle Zugehörigkeit des Mainzer Dompredigers Johann Wild (1495–1554) – Markus Müller
Diskussion

13.30–15.00 Sektion III: Vergleiche
Impulse:
Kelchdiebe und Omnisten. Beobachtungen zur Rolle gedruckter Predigten im Ringen um religiöse Deutungshoheit über das Abendmahl in Regensburg 1542-1545 – Tobias Jammerthal
Implizite Diskurse und ihre Entwicklungen in lutherischen und altgläubigen Passionspredigten des 16. Jahrhunderts – Jonathan Reinert
Trost im Unwetter? Bewältigungsstrategien meteorologischer Extremereignisse im konfessionellen Vergleich – Tommy Drexel
Diskussion
15.00-15.30 Schlussgespräch

Kontakt

Dr. Jonathan Reinert
Eberhard Karls Universität Tübingen
Lehrstuhl für Kirchengeschichte I - Institut für Spätmittelalter und Reformation
Mail: jonathan.reinert@uni-tuebingen.de

Dr. Joachim Werz
Goethe-Universität Frankfurt
Professur für Kirchengeschichte
Fachbereich Katholische Theologie
Mail: werz@em.uni-frankfurt.de

https://www.uni-frankfurt.de/86761601/Kirchengeschichte
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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