Umkämpfte Erinnerung. Gelehrte in konkurrierenden Gedächtniskulturen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit

Umkämpfte Erinnerung. Gelehrte in konkurrierenden Gedächtniskulturen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit

Veranstalter
Thorsten Halling, M.A.; Dr. Anne Oommen-Halbach
Veranstaltungsort
Tagungs- und Gästehaus der Heinrich-Heine-Universität Schloss Mickeln
PLZ
40225
Ort
Düsseldorf
Land
Deutschland
Vom - Bis
16.06.2021 - 17.06.2021
Deadline
15.03.2021
Von
Thorsten Halling, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Der Workshop möchte theoretisch-methodische Ansätze zur Erinnerungskultur, ebenso wie empirische Fallstudien auch im Kontext der allgemeinen Frage von „public understanding of science“ diskutieren, nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines partiellen Autoritätsverlustes von Wissenschaftlern und wissenschaftlicher Erkenntnis im populären Diskurs.

Umkämpfte Erinnerung. Gelehrte in konkurrierenden Gedächtniskulturen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit

Als der Historiker Jürgen Zimmerer im der Zuge der Corona Krise im Mai 2020 anmahnte, die Benennung des medial omnipräsenten Robert-Koch-Instituts zu überdenken, war ihm die öffentliche Wahrnehmung gewiss. Der Namensgeber gehört zu den wenigen Forschern, die zum festen Inventar der deutschen Erinnerungskultur auch jenseits der engen wissenschaftlichen Gemeinschaft der Medizin zählen.

Die Neubewertung historischer Persönlichkeiten geht sehr oft mit der Umbenennung von Straßen und Preisen einher und ist als Ergebnis von erinnerungskulturellen Debatten zu verstehen, die häufig auf regionaler Ebene ausgetragen werden. Sie sind ganz maßgeblich geprägt von den gesellschaftspolitischen Verwerfungen der Kolonialzeit sowie der beiden Weltkriege. Innerhalb der Wissenschaft entzünden sich entsprechende Auseinandersetzungen vor allem an Wissenschaftspreisen oder Eponymen.

Bevor jedoch eine Umbenennung in den Blick rückt, stellt sich zunächst die Frage, welche Auswahlkriterien überhaupt für die Benennung einer Institution nach einer oder einem Gelehrten von der Vergangenheit bis in die Gegenwart zum Tragen kamen bzw. kommen.

Während Universitäten vor allem nach ihren Gründern und nur selten nach Forschern (u.a. Justus-von-Liebig Universität Gießen, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg) oder Künstlern (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, bis 2018 Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald) benannt wurden, gibt es zahlreiche Forschungseinrichtungen, aber auch Institutionen außerhalb der Wissenschaft, die den Namen gelehrter Persönlichkeiten tragen. Insbesondere bei öffentlichen Einrichtungen, wie etwa bei Schulen, lässt sich der Frage nachgehen, welchen Mechanismen der Erinnerungstransfer von der Wissenschaft in die Gesellschaft unterliegt. Hier interessieren einerseits die Benennungsvorgänge von der Idee bis zur Umsetzung und deren Akteure und Akteurinnen - z.B. Auswahlkriterien wie die Vorbildfunktion der potenziellen Namenspatron/in im Hinblick auf ihr Leben und Wirken - andererseits aber auch die Bedeutung der namensgebenden Person für das Selbstverständnis einer Einrichtung. Dabei wurde bisher kaum vergleichend untersucht, wie beispielsweise an Schulen Erinnerungskultur gelebt wird und inwieweit die Erinnerung an die Namenspatron/in sich in der inhaltlichen, pädagogischen oder ideellen Ausrichtung einer Institution widerspiegelt. Auffällig bei Schulbenennungen ist die Dominanz männlicher Gelehrter, wobei Wissenschaftlerinnen im öffentlichen Raum noch unsichtbarer zu sein scheinen als in der Wissenschaft selbst. Neben Genderaspekten zählen zu den multifaktoriellen Begründungsansätzen für Benennungsentscheidungen öffentlicher Institutionen auch zeithistorische Aspekte eine wesentliche Rolle, die das Entstehen regelrechter „Benennungskonjunkturen“ erklären können. Insgesamt bestimmen meist gut organisierte, teils miteinander konkurrierende nationale und internationale Erinnerungsnetzwerke die entsprechenden Diskurse. Hier ist das thematisch vielschichtige Gedenken an den polnischen Kinderarzt und Pädagogen Janusz Korczak ein interessantes Beispiel, dessen Namen allein in Deutschland über 80 meist pädagogisch ausgerichtete Institutionen tragen.

Beiträge aus allen Wissenschaftsbereichen und Forschungsstadien sind sehr willkommen. Ene Publikation der Tagungsergebnisse wird angestrebt.

Eine Übernahme von Hotel- und Reisekosten ist nach aktuellem Stand leider nicht möglich. Wir werden uns im Laufe der weiteren Projektplanung aber um entsprechende Fördermittel bemühen.

Abtracts (max. 1 Seite) bitte bis zum 15.3.2021 an: thorsten.halling@hhu.de

Themenkomplexe (in Auswahl):
1. Auswahlkriterien von Gelehrten als Namenspatron/innen, z.B. von Institutionen und Preisen
2. Bedeutung der namensgebenden Person für das Selbstverständnis von Institutionen
3. Debatten, Argumentationscluster und Konjunkturen von (Um-)Benennungen
4. Erinnerungsgemeinschaften und konkurrierende Erinnerung

Kontakt

Thorsten Halling, M.A.
Dr. Anne Oommen-Halbach
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Moorenstr. 5
40225 Düsseldorf
E-Mail: thorsten.halling@hhu.de

https://www.uniklinik-duesseldorf.de/medizingeschichte
Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
Sprache der Ankündigung