Westwärts. Osteuropäische Filmschaffende in Westeuropa. 34. Internationaler Filmhistorischer Kongress

Westwärts. Osteuropäische Filmschaffende in Westeuropa. 34. Internationaler Filmhistorischer Kongress

Veranstalter
CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V. und Bundesarchiv in Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Kino Metropolis (cinefest - Internationales Festival des deutschen Film-Erbes)
Ausrichter
cinefest - Internationales Festival des deutschen Film-Erbes
Veranstaltungsort
Hamburg
Gefördert durch
Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg
PLZ
20354
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
18.11.2021 - 21.11.2021
Deadline
01.06.2021
Von
Erika Wottrich, CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V.

Westwärts. Osteuropäische Filmschaffende in Westeuropa. 34. Internationaler Filmhistorischer Kongress

In den letzten Jahrzehnten ist das Schicksal von jüdischen Filmschaffenden aus Ost-Europa, die durch den Rassenwahn der NS-Regierung aus der deutschen Kinematografie ins Exil vertrieben wurden, relativ gut erforscht worden. Daneben gibt es aber zahllose osteuropäische Filmmacher aller Gewerke, die im 20. Jahrhundert in West-Europa gearbeitet haben; diese weniger erforschten Karrieren stehen im Mittelpunkt vom XVIII. cinefest und 34. Internationalen Filmhistorischen Kongress.

Go West! Eastern European Filmmakers in Western Europe. 34th International Film History Conference

In recent decades, the fate of Eastern and Central European, Jewish filmmakers who, while working in the German speaking film industry were driven into exile by the Nazi's racism, has been relatively well researched. But in addition there are countless filmmakers of all trades from Eastern and Central Europe who worked in Western Europe in the 20th century; the careers of those will be the focus of the 18th cinefest and the 34th Internatioanl Film History Conference.

Westwärts. Osteuropäische Filmschaffende in Westeuropa. 34. Internationaler Filmhistorischer Kongress

In den letzten Jahrzehnten ist – nicht zuletzt durch cinefest – das Schicksal von jüdischen Filmschaffenden aus Mittel- und Ost-Europa, die durch den Rassenwahn der NS-Regierung aus der deutschen Kinematografie ins Exil vertrieben wurden, relativ gut erforscht worden. Darüber hinaus gab es aber auch zahllose osteuropäische Filmmacher aller Gewerke, die im 20. Jahrhundert in West-Europa gearbeitet haben; ihre Karrieren sind weitaus weniger erforscht. Sie kamen nach politischen Umbrüchen (von der »Oktober-Revolution« bis zum Ende des »Prager Frühlings«), aber auch zur Verbesserung ihrer professionellen Chancen und erlebten dabei höchst unterschiedliche Karrieren zwischen Erfolg und Scheitern.

So kam beispielsweise die Lettin Marija Leiko aus Riga (damals Russisches Reich) nach Deutschland, wo sie als Schauspielerin im Stummfilm Karriere machte. Nach deren Ende kehrte sie nach Riga zurück und wurde während des stalinistischen Terrors 1938 vom NKWD erschossen (1957 rehabilitiert). Ihr Lebensgefährte Janis Guters, mit dem sie nach Berlin gekommen war, inszenierte als Johannes Guter ab 1917 im Weimarer Kino zahlreiche Filme, blieb in Nazi-Deutschland und beendete seine Filmkarriere mit einer Serie von »Tran und Helle«-Propagandafilmen. Er starb 1962 in der DDR.

Zahlreiche polnische und ukrainische Filmmacher (aus dem Russischen Zarenreich) standen nach der Gründung der Sowjetunion vor der Wahl, dort weiterzuarbeiten oder in den Westen zu gehen. Der Riss ging selbst durch Familien: Während David Kaufman als Dziga Vertov – unterstützt von seinem Bruder Mihail als Kameramann – ein Hauptvertreter des sowjetischen Dokumentarfilms wurde, ging sein Bruder Boris 1917 über Berlin nach Paris und gewann als Kameramann schließlich einen Oscar.

Der russische Szenenbildner Andrej Andrejev stattete nach 1917 in Berlin (Die 3-Groschen-Oper), London und Paris zahlreiche Filme aus. Da er dann in Paris eng mit der deutschen Okkupationsfirma Continental (Le Corbeau) zusammengearbeitet hatte, bekam er in Frankreich keine Aufträge mehr und arbeitete in England und der Bundesrepublik. Sein polnischer Kollege Jacek (Jack, Jacques) Rotmil war intensiv in der deutschen Filmindustrie (über 150 Filme) beschäftigt, ab 1932 dann in Polen. Nach dem deutschen Einmarsch ging er in den Untergrund und wurde 1944 erschossen.

Anhand der Karrieren tschechoslowakischer Filmmacher – z.B. Regisseur Karel Anton, Produzent Miloš Havel, Autor & Regisseur František Čáp, Regisseur Stanislav Barabas oder Kameramann Igor Luther – läßt sich die Film-Situation unter unterschiedlichen politischen Verhältnissen zwischen Deutschem Reich, Tschechoslowakei, »Protektorat Böhmen und Mähren« und Bundesrepublik Deutschland analysieren.

Die DEFA-Stiftung arbeitet das Werk des Bulgaren Slatan Dudow auf. Es umfasst ca. 10 Filme, die – ebenso wie seine Karriere in der Weimarer Republik, in Frankreich und in der DDR – beim cinefest einen Schwerpunkt bilden werden.

Beim cinefest und dem Filmhistorischen Kongress 2021 sollen die zahlreichen »gebrochene« Karrieren von Filmschaffenden aus Mittel- & Ost- in West-Europa recherchiert und ein interessanter Querschnitt solcher weitgehend vergessener Filmschaffender präsentiert werden.

Der 34. Internationale Filmhistorische Kongress ist integraler Teil des cinefest und vertieft die Themen des Festivals in Vorträgen und Diskussionen. Er wird am Abend des 18.11.2021 im Metropolis-Kino eröffnet. Während der Veranstaltung werden auch die Willy Haas-Preise für eine bedeutende internationale Publikation (Buch und DVD) verliehen. Die Vorträge des Kongresses finden vom 19.-21.11.2021, jeweils von 9:30 – 16:00 Uhr statt.

Mögliche Themenkomplexe beim Kongress:

- Karrieren einzelner Filmschaffender
- Fokus auf einzelne Gewerke (Kamera, Produktion, Szenenbildner, …)
- Einfluss auf die westeuropäische Filmgeschichte
- »Russenfilme«, gedreht von Ukrainern und anderen Nationalitäten
- Kollaboration mit den Nationalsozialisten und deren Folgen
- zeitlicher Fokus (z.B. Emigranten in den 1920er, 1930er oder 1950er Jahren)

Weitere Themenvorschläge sind willkommen.

Referent:innen erhalten den Festival-Katalog sowie eine Kongress-Akkreditierung, die auch zum Besuch der Kinoveranstaltungen vom 18.-21.11.2021 berechtigt. Auswärtige Referent:innen können in der Regel mit einem Reisekostenzuschuss unterstützt werden.
Im Anschluss an den Kongress werden die überarbeiteten Vorträge in einem Buch veröffentlicht, das im Herbst 2022 bei edition text+kritik erscheint. Die Referent:innen stimmen mit der Teilnahme am Kongress einer Veröffentlichung zu. (Abgabetermin der Texte 17.1.2022).

Gerne können Vorschläge für Vorträge in Form eines Abstracts (ca. 1500 Zeichen) incl. einer Kurzbiografie bis zum 1. Juni 2021 an kongress@cinegraph.de geschickt werden.

Zur Vorbereitung auf Festival und Kongress findet am 6. Mai 2021 eine Informations- und Diskussionsveranstaltung als Online-Workshop statt. Interessent:innen sind gerne willkommen. Eine vorherige Anmeldung bis zum 3. Mai unter kongress@cinegraph.de ist für die Teilnahme erforderlich.

Weitere Informationen zu Festival und Kongress: www.cinefest.de

Go West! Eastern European Filmmakers in Western Europe

In recent decades, the fate of Eastern and Central European, Jewish filmmakers who, while working in the German speaking film industry were driven into exile by the Nazi’s racism, has been relatively well researched – not in the least through CineGraph and cinefest. But in addition there are countless filmmakers of all trades from Eastern and Central Europe who worked in Western Europe in the 20th century; whose careers have been far less researched. They migrated not only in reaction to political upheavals (from the “October Revolution” up to the end of the Prague Spring), but also to improve their professional opportunities. Their careers and experiences in the west spanned a diverse spectrum of both success and failure.

One example, Latvian actress Marija Leiko travelled from Riga (then Russian Empire) to Germany, where she became a star in silent film. As sound films became the market standard, her film career ended and she returned to Riga. During the Stalinist terror, she was shot by the NKVD in 1938 (rehabilitated in 1957). Her partner Janis Guters (Johannes Guter), with whom she had come to Berlin, in 1917, directed numerous films in Weimar cinema. He remained in Nazi Germany and ended his film career with a series of “Tran und Helle” propaganda shorts. He died in the GDR in 1962.

After the founding of the Soviet Union, numerous Polish and Ukrainian filmmakers (from the Russian Tsarist Empire) were faced with the choice of either continuing to work under the strong influence of Moscow or go West. The rift even ran through families: while David Kaufman (Dziga Vertov) became a major representative of Soviet documentary film – supported by his brother Mihail as his cameraman, his other brother Boris went to Paris via Berlin in 1917 and eventually won an Oscar as director of photography.

After 1917, Russian set designer and film architect Andrej Andrejev decorated numerous important films in Berlin (THE 3 PENNY OPERA), London, and Paris. After having worked closely with the German occupation company Continental (LE CORBEAU) during World War II, he no longer received commissions in France and went to England (THE MAN BETWEEN) and the Federal Republic of Germany (MADELEINE UND DER LEGIONÄR). His colleague Jacek (Jacques) Rotmil worked widely in the German film industry (more than 150 films) and from 1932 in Poland. After the German invasion, he went underground and was shot in 1944.

The careers of Czechoslovak filmmakers – e.g. director Karel Anton, producer Miloš Havel, writer & director František Čáp, director Stanislav Barabas or cinematographer Igor Luther – can be used to analyze the film situation under different political conditions between the German Reich, Czechoslovakia, the “Protectorate of Bohemia and Moravia” and the Federal Republic of Germany.

The DEFA Stiftung is restoring the oeuvre of Slatan Dudov, including about 10 films, which – just like his career in the Weimar Republic, in France, and in the GDR – will be a focus at cinefest.
At cinefestand the conference we are researching numerous “fractured” careers of filmmakers from Eastern and Central Europe to Western Europe and will present an interesting in-depth cross-section of such largely forgotten filmmakers.

The 34th International Film History Conference is an integral part of cinefest, where the topics of the festival will be explored in presentations and discussions. The Conference Opening will take place on November 18, 2021 in the Metropolis Cinema. During the event, the winners of the Willy Haas-Award will be presented. The conference presentations will take place from November 19-21, 2021, each day from 9:30 a.m. – 4:00 p.m.

Possible topics for the conference are:

- Careers of individual filmmakers
- Focus on individual trades (camera, production, set designer, …)
- Influence on Western European film history
- “Russian films” made by Ukrainians and other nationalities.
- Collaboration with the National Socialists and its consequences
- Focus on time periods (e.g. emigrants in the 1920s, 1930s or 1950s)

Any further suggestions are welcome.

Presenters will receive a free accreditation to the conference, which also entitles them to attend festival film screenings from 18-21 November 2021, as well as the festival catalogue. As always, we will do our best to support presenters from out of town with a travel fund.

Following the conference, presentations will be published in a book by edition text+kritik in Autumn 2022. By attending the conference, the speakers agree to publication. (deadline for the articles: January 17, 2022).

You are welcome to send suggestions for presentations in the form of an abstract (about 1500 characters) and a short biography to kongress@cinegraph.de. Deadline is the 1st of June 2021.

In preparation for festival and conference, an online workshop to inform about and discuss the different topics will be held on May 6, 2021. To join a registration until May 3 at kongress@cinegraph.de is required.

More Information: www.cinefest.de

Kontakt

Erika Wottrich
Swenja Schiemann
CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V.
Schillerstr. 43
22767 Hamburg
Tel.: +49-(0)40-352194
Fax: +49-(0)40-345864
kongress@cinegraph.de

https://cinefest.de