Politische Zäsur und Wandel des Schulsystems. Drei Dekaden nach dem Fall des Eisernen Vorhangs: Bilanzen und Perspektiven

Politische Zäsur und Wandel des Schulsystems. Drei Dekaden nach dem Fall des Eisernen Vorhangs: Bilanzen und Perspektiven

Veranstalter
Masaryk University Brno, Faculty of Education, Institute for Research in School Education
Veranstaltungsort
Brünn (digital)
PLZ
60300
Ort
Brno
Land
Czech Republic
Vom - Bis
10.06.2021 - 11.06.2021
Von
Wilfried Göttlicher, Institute for Research in School Education, Masaryk University, Brno

Unser Workshop nimmt den Zusammenhang zwischen der politischen Zäsur von 1989 und dem Wandel des Schulsystems in den ehemals kommunistischen Staaten Europas in den Blick.Gut 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wollen wir eine vorläufige Bilanz über damit zusammenhängende Veränderungen ziehen, in die nun auch schon Beobachtungen aus einer längerfristigen Perspektive einfließen können.

Politische Zäsur und Wandel des Schulsystems. Drei Dekaden nach dem Fall des Eisernen Vorhangs: Bilanzen und Perspektiven

Schule ist in der Moderne mehrheitlich staatlich organisiert und zu ihren Funktionen zählt (in demokratischen ebenso wie in nicht demokratischen Staaten) die Integration Heranwachsender in die bestehende Gesellschaft und die Legitimation des bestehenden sozialen und politischen Systems. Von daher ist es naheliegend, dass ein politischer Systembruch, wie ihn die ehemals kommunistischen Staaten Europas 1989 erlebten, auch zu wesentlichen Veränderungen in der Schule führt.

Andererseits: Es besteht kein deterministischer Zusammenhang zwischen politischem System und Schule. Die Entwicklung des Schulsystems folgt auch einer Eigenlogik, die politische Veränderungen überlagert (Lundgreen 2003; Nath & Dartenne 2008). So lassen sich im Schulsystem oftmals Kontinuitäten über tiefgreifende politische Veränderungen hinweg beobachten (Kemnitz 2003; Kluchert 2003). Andererseits vollziehen sich Transformationen auch unabhängig von politischen Zäsuren. Zu denken ist etwa an die Bildungsexpansion, die in Ländern westlich des Eisernen Vorhangs seit den 1960er-Jahren zu einer weitgehenden Transformation von Schulsystemen führte, sich aber nicht mit einer politischen Zäsur wie der von 1989 in Ostmitteleuropa in Verbindung bringen lässt. Wenn politische Veränderungen Schulreformen auslösen, können diese wiederum eine ganz andere Entwicklung nehmen als geplant – sei es, weil die Reformpolitik selbst ihre ursprünglichen Vorhaben verändert, sei es, weil die Reformen andere Folgen zeigen als beabsichtigt. Kurzum: Zwischen Schule und politischem System besteht ein enger aber keineswegs trivialer Zusammenhang.

Vor diesem Hintergrund wird unsere Tagung neuerlich den Zusammenhang zwischen der politischen Zäsur von 1989 und dem Wandel des Schulsystems in den Staaten Ostmitteleuropas in den Blick nehmen. (Siehe dazu bisher etwa Anweiler et al. 1992; Anweiler 2013; Janík et al. 2020). Gut 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wollen wir eine vorläufige Bilanz über Veränderungen in Schulsystemen ziehen.

Wenn wir nach Veränderungen in Schulsystemen fragen, dann denken wir dabei selbstverständlich an Schulstrukturen und den gesetzlichen Rahmen für diese Schulstrukturen – aber nicht nur: zu fragen ist auch, wie sich jene Aspekte des Systems gewandelt haben, die sich durch solche Vorgaben nur sehr indirekt normieren lassen: Kulturen des Lehrens und Lernens, Formen der Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden, Selbstverständnis und Einstellungen der Beteiligten (Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Eltern,…).

Programm

Donnerstag, 10. Juni 2021
14.00 Ankunft im digitalen Raum
14:10 Begrüßung (Tomáš Janík, Brünn)/Vorstellung der Workshopteilnehmerinnen und -teilnehmer
1 Zur Einleitung und Kontextualisierung der Workshopbeiträge
14:30 Politische Zäsur und Wandel des Schulsystems. Grundsätzliche Überlegungen (Wilfried Göttlicher, Brünn)
14:50 Zur Ideengeschichte sogenannter Ergebnisorientierung, Accountability und PISA: internationale Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit (Christine Salmen, Wien)
2 Bildungssysteme in postkommunistischen Ländern seit 1989 – Internationale Trends und nationale Besonderheiten
15:40 LehrerIn werden, LehrerIn sein vor, während und nach Jugoslawien: Der Fall Nordmazedonien (Tatjana Atanasoska, Wuppertal)
16:45 Das Wertschätzungsproblem der ukrainischen Berufsbildung im Spiegel des idealtypischen Zusammenhangs zwischen Meritokratie und beruflicher Bildung (Vera Braun, Konstanz)
3 Transformationen des Lernens
17:35 Vom rein faktenbasierten zum konstruktivistisch orientierten Lernen – Eine Rückblende (Renate Seebauer, Wien)

Freitag, 11. Juni 2021
4 Transformationen des Schulwesens in Tschechien seit 1989, Diskurs und Systemwandel
8:45 Was und wie geschieht es eigentlich? Zur Schulwesenstransformationskultur im Diskurs der tschechischen Pädagogik in den Jahren 1990-1996 (Tomas Kasper, Prag und Liberec/Dana Kasperová, Liberec)
9:35 Entwicklungen im Bildungssystem Tschechiens. 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs (Tomáš Janík, Brünn)
Transformation des Fachunterrichts nach der Zäsur von 1989
10:40 1989 and all that – und was das für den Fachunterricht bedeutet. Schulgeographie in Rumänien drei Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs (Péter Bagoly-Simó, Berlin)
11:30 Überholen ohne Einzuholen - Transformation der Schule als Fachentwicklung. Lehrplanentwicklung neuer Fächer im Bereich der Gesellschafts-/Geisteswissenschaft in Brandenburg und Sachsen (Saskia Ehrhardt und Henning Schluß, Wien)
12:20 Round-up und Abschlussdiskussion (Einleitung und Moderation: Wilfried Göttlicher, Brünn)

Kontakt

Wilfried Göttlicher
goettlicher@ped.muni.cz

https://ivsv.ped.muni.cz/clanky/workshop-politische-zaesur-und-wandel-des-schulsystems-drei-dekaden-nach-dem-fall-des-eisernen-vorhangs-bilanzen-und-perspektiven
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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