Mythos als Aufgabe? Geschichtsschreibung am Niederrhein und in Westfalen im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

„Mythos als Aufgabe? Geschichtsschreibung am Niederrhein und in Westfalen im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit“

Veranstalter
Institut für niederrheinische Kulturgeschichte und Regionalentwicklung (InKuR) an der Universität Duisburg-Essen, Historische Kommission für Westfalen, Landschaftsverband Rheinland, Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, Haus der Essener Geschichte/Stadtarchiv, Niederrhein Akademie-Academie Nederrijn (NAAN)
Veranstaltungsort
Online via Zoom, ursprünglich: Haus der Essener Geschichte/Stadtarchiv
Gefördert durch
Heresbach-Stiftung der Stadt Kalkar
PLZ
45128
Ort
Essen
Land
Deutschland
Vom - Bis
17.06.2021 - 18.06.2021
Deadline
15.06.2021
Von
Dr. Gregor Maximilian Weiermüller, Historisches Institut, Landesgeschichte der Rhein-Maas-Region, Universität Duisburg-Essen

Welchen Zweck hatten Mythen, die sich rund um die Herkunft von Familien rankten? Dienten sie der Identitätsbildung oder sollten sie doch eher zur Legitimation beitragen? Diese und weitere Fragestellungen werden in den Vorträgen analysiert und im Plenum diskutiert.
Organisation und Tagungsleitung: Prof. Dr. Ralf-Peter Fuchs (Duisburg-Essen), Dr. Jens Lieven (Bochum), Dr. Stefan Pätzold (Mülheim an der Ruhr)

„Mythos als Aufgabe? Geschichtsschreibung am Niederrhein und in Westfalen im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit“

Die Geschichtsschreibung des Mittelalters und der Frühen Neuzeit kennt noch keine klare Unterscheidung zwischen belegbaren Ereignissen und mythologischen Überhöhungen. Fantastisch klingende Erzählungen werden ganz selbstverständlich verbreitet und können die Legitimation von Herrschaftsansprüchen untermauern. Ein für das Rheinland bekanntes Beispiel ist der Mythos vom Schwanenritter, von dem die Grafen und Herzöge von Kleve glauben, ihre vornehme Abkunft herleiten zu können; prominent überliefert in der klevischen Chronik des Gert van der Schüren. Ähnlich fantastisch ist der wohl auf Levold von Northof zurückgehende Ursprung des märkischen Hauses in Rom – zwei Brüder seien von dort kommend mit dem Kaiser nordwärts gezogen und hätten mit der Burg Altena die erste Burg der Familie diesseits der Alpen errichtet. Beiden Ursprungsmythen gemeinsam ist die Bedeutung des Herkommens für die Konstruktion familiärer Identität. Diese Form des „Gedächtnisses“ ist aber nicht nur wichtig für die Legitimation von Gruppen, sondern auch für die Entwicklung von Handlungsmaximen für die Zukunft.
Die Untersuchung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichtsschreibung bildet seit vielen Jahren ein zentrales Forschungsfeld der Geschichtswissenschaft. Für die Beschreibung seiner Besonderheiten wurden dabei durchaus verschiedene Ansätze gewählt. František Graus hat den Begriff der „Tradition“ vorgeschlagen. Traditionen stellen einen inneren Zusammenhang vergangener Ereignisse und Personen zu der jeweiligen Gegenwart her, in der sie aufgezeichnet wurden. Eine andere Beschreibung verwendet die Bezeichnung „Eigengeschichte“ (Karl-Siegbert Rehberg). Gemeint ist eine eher funktionale, zumeist mythisierende Selbsthistorisierung sozialer Beziehungen, die letztlich dem Ziel der Legitimationserhöhung dient. Andere möchten den Gesichtspunkt der Gruppenbildung stärker in den Blick nehmen und den Begriff der „Eigengeschichte“ um den Aspekt der Relation zu anderen anreichern. Hans-Joachim Gehrke betrachtet diese Konstruktion als Teil einer „intentionalen Geschichte“, die aus Sicht einer kritischen Geschichtswissenschaft letztlich fiktional ist. Die Tagung soll der Mythenbildung vom Spätmittelalter bis in die Frühe Neuzeit in verschiedenen Kontexten und unter verschiedenen Fragestellungen nachgehen. Dabei werden verschiedene niederrheinische und westfälische Mythen beleuchtet.

Zur Anmeldung senden Sie bitte eine Email an die folgende Adresse: inkur@uni-due.de
Den Zoom-Link lassen wir Ihnen dann später zukommen.
Für weitere Fragen steht sowohl vor als auch während der Tagung Dr. Gregor Maximilian Weiermüller (gregor.weiermueller@uni-due.de) unter Tel. 0201 / 183-2553 zur Verfügung.

Programm

Tagungsprogramm für Donnerstag, 17. Juni 2021:
Moderation: Prof. Dr. Ralf-Peter Fuchs (Duisburg-Essen)
14:00 Uhr: Begrüßung, technische Hinweise
14:30 Uhr: Dr. Jens Lieven (Bochum): Mythen in der Historiographie am Niederrhein und in Westfalen – eine Tour d‘ Horizon
15:00 Uhr: Dr. Stefan Pätzold (Mülheim a. d. Ruhr): Levolds Märker-Mythos. Erinnerungselemente und Konstruktionskosmos der „Chronica comitum de Marka“ des Levold von Northof
15:30 Uhr: Diskussion, anschließend Pause
16:30 Uhr: Prof. Dr. Johan Oosterman (Nijmegen): Krise und Legitimation. Die Chronik der Herren von Bergh und der Anfang der geldrischen Historiographie
17:00 Uhr: Prof. Dr. Heinz Eickmans (Duisburg-Essen): Gert van der Schuren und seine Chronik von Kleve und Mark
17:30 Uhr: Diskussion, anschließend Pause
19:30 Uhr: Prof. Dr. Hans-Werner Goetz (Hamburg): Regino von Prüm und der Umgang der Geschichtsschreibung mit Zeit und Vergangenheit im frühen Mittelalter (längerer Abendvortrag)

Tagungsprogramm für Freitag, 18. Juni 2021:
Moderation des Vormittags: Dr. Stefan Pätzold (Mülheim an der Ruhr)
09:00 Uhr: Prof. Dr. Andreas Rüther (Bielefeld): Legendenbildung zu den Ursprüngen klösterlicher Gemeinschaften. Die Aufzeichnungen des Johannes Probus aus dem Kloster Böddeken (1409-1457)
09:30 Uhr: Prof. Dr. Hiram Kümper (Mannheim): Landesgeschichte in Wendezeiten. Mathias Baux und seine Chronik von Geldern
10:00 Uhr: Diskussion, anschließend Pause
11:00 Uhr: Thorsten Fischer M. A. (Duisburg-Essen): Die Duisburger Chronistik der Frühen Neuzeit – zwischen reichsstädtischem Selbstverständnis, landesherrlicher Realität und regionalen Horizonten
11:30 Uhr: Georg Mölich M. A. (Bonn): Rombezüge als Kölner Gründungsmythen – eine Annäherung
12:00 Uhr: Diskussion, anschließend Pause

Tagungsprogramm für Freitag, 18. Juni 2021:
Moderation des Nachmittags: Dr. Jens Lieven (Bochum)
14:00 Uhr: Dr. Anne-Katrin Kunde (Berlin): Das Stammbuch der Grafen und Herzöge v. Kleve, Grafen von der Mark (17. Jahrhundert)
14:30 Uhr: Prof. Dr. Ralf-Peter Fuchs (Duisburg-Essen): „Non ex fabulis et lacunis mythologicis sed veris manuscriptis authenticis …”. Werner Teschenmacher als niederrheinisch-westfälischer Regions-, Hof- und Reformationshistoriker
15:00 Uhr: Diskussion, anschließend Pause
15:30 Uhr: Dr. Olav Heinemann (Duisburg-Essen): Die Produktion von Herkunft. Die Wettiner als Nachfahren Herzog Widukinds im 16. Jahrhundert
16:00 Uhr: Prof. Dr. Frank Pohle (Aachen): Karl der Große als Mythos bei Heinrich Thenen
16:30 Uhr: Zusammenfassung und Schlussdiskussion
17:00 Uhr: Ende der Tagung

Kontakt

Dr. Gregor Maximilian Weiermüller (gregor.weiermueller@uni-due.de)

https://www.uni-due.de/naan/aktuelles_naan.php
Redaktion
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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