In eigener Sache: (Politik-)Wissenschaft als erinnerungspolitischer Akteur

In eigener Sache: (Politik-)Wissenschaft als erinnerungspolitischer Akteur

Veranstalter
2. Passauer Symposium für Geschichtspolitik des Arbeitskreises "Politik und Geschichte" in Kooperation mit dem Vorstand der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW)
Veranstaltungsort
Universität Passau, Nikolakloster, Raum 403, 94030 Passau
Ort
Passau
Land
Deutschland
Vom - Bis
28.06.2013 - 29.06.2013
Von
Arbeitskreis "Politik und Geschichte" in der DVPW

Unerwartet erlangte der DVPW-Kongress 2012 mit einem Sonderplenum ein erhebliches Medienecho: die Podiumsdiskussion über das Wirken deutscher Nachkriegspolitologen in der Zeit des Nationalsozialismus. Auslöser der Debatte war ein jüngst von Hannah Bethke erstelltes Gutachten über die Person Theodor Eschenburg und sein Handeln in den Jahren 1933 bis 1945. Aufgrund dieses Gutachtens ist die DVPW mit der Frage konfrontiert, ob sie ihren Wissenschaftspreis nach diesem Politikwissenschaftler benennen möchte, dessen Leistungen um das Fach in der frühen Bundesrepublik unstrittig sind, der sich in der Zeit der Diktatur, ausweislich des Gutachtens, nicht vollständig in die "Innere Emigration" zurückzog, sondern bereit war, mit dem damaligen Regime Kompromisse zu schließen.

Diese Eckpunkte formten den Rahmen, innerhalb dessen fast 70 Jahre nach Kriegsende die unterschiedlichen Einstellungen von drei Alterskohorten noch einmal aufeinander prallten: jene, die selber noch im Nationalsozialismus sozialisiert und dann bei den Angehörigen der Erlebnisgeneration studiert hatten; diejenigen, die zur Nachkriegsgeneration zählen; und schließlich junge NachwuchswissenschaftlerInnen. In der teils sehr kontrovers geführten Diskussion wurde zweierlei deutlich: dass diese Veranstaltung nur der Anfang einer Auseinandersetzung sein kann und dass es nicht nur um den Namen des Wissenschaftspreises geht.

Unabhängig von den spezifischen und persönlichen Facetten der "Causae" Eschenburg, Bergstraesser etc. stellen sich grundlegende Fragen. Generell sind Gesellschaften nach politischen Umbrüchen und Regimewechseln mit der Herausforderung des Umgangs mit personellen und inhaltlichen Kontinuitäten konfrontiert. Dies gilt allemal auch für die Wissenschaft. Wie wird mit Elitendiskontinuität disziplinär und inhaltlich umgegangen? Leidet das Selbstverständnis eines Faches, wenn öffentlich wird, dass sich renommierte FachvertreterInnen in der Vergangenheit durch den Nationalsozialismus bzw. durch die DDR - in welcher Form auch immer - haben korrumpieren lassen? Werden die Verdienste einzelner Personen durch einen kritischen Blick auf die Vergangenheit geschmälert? Wie verklärend, desinteressiert, selbstkritisch sind die einzelnen Fachdisziplinen mit ihrer Geschichte umgegangen? Wer waren die Akteure der jeweiligen Positionen, was waren ihre Interessen? Welche Rolle spielt/e die Generationenkonstellation? Was kann die Politikwissenschaft von jenen Fächern lernen, die sich deutlich früher mit der Geschichte ihres Faches kritisch auseinandergesetzt haben? Gibt es eine besondere Verantwortung des Faches, die sich auch in der Benennung eines Wissenschaftspreises zeigt? Welche Kriterien sind hierbei anzulegen?

Der Arbeitskreis "Politik und Geschichte" in der DVPW nimmt zusammen mit dem DVPW-Vorstand diese Situation zum Anlass, die genannten Aspekte im Rahmen einer Tagung erneut aufzunehmen und zu vertiefen. Folgendes Programm ist geplant:

Programm

Freitag, 28. Juni 2013

13.30-13.45 Uhr Begrüßung
Prof. Dr. Horst-Alfred Heinrich, Arbeitskreis "Politik und Geschichte"
Prof. Dr. Burkard Freitag, Präsident der Universität Passau
Prof. Dr. Gabriele Abels, Vorsitzende der DVPW

13.45-14.00 Uhr Einführung in das Tagungsthema
Dr. Nina Leonhard, Hamburg

Wissenschaft und Diktaturerfahrung

14.00-15.00 Uhr
Aufarbeitung wissenschaftlicher Fachgeschichte nach der Diktatur
Prof. Dr. Anja Mihr, Utrecht

15.00-16.00 Uhr
Geschichtswissenschaft und die Last der Vergangenheit
Matthias Berg, M.A., Berlin

16.00-16.30 Uhr Kaffeepause

Politikwissenschaft: Vergangenheit und Gegenwart des Kontinuitätsproblems

16.30-17.30 Uhr
Die deutsche Politikwissenschaft und der Nationalsozialismus
Prof. Dr. Gerhard Göhler, Berlin

17.30-18.30 Uhr
Der halbierte Rechtsstaat. Überlegungen zur Zeitgeschichte personeller Kontinuitäten von NS-Eliten in der Bundesrepublik
Dr. Sonja Begalke, Münster; Dr. Claudia Föhlich, Hannover

18.30-18.45 Uhr Kaffeepause

18.45-19.45 Uhr
Kontinuitäten des Denkens: Politikbegriffe in der Politikwissenschaft nach 1945
Prof. Dr. Helmut König, Aachen

Samstag, 29. Juni 2013

8.30-9.30 Uhr
Wer ist würdig, erinnert zu werden? Konflikte um Namensgebungen
Prof. Dr. Joachim Perels, Hannover

9.30-10.00 Uhr Kaffeepause

Podiumsdiskussion

10.00-12.00
Fachvergangenheit und Fachvertreter: Aufklärung, Bewertung und Konsequenzen
Prof. Dr. Gabriele Abels, Tübingen; Prof. Dr. Joachim Perels, Hannover; Dr. Anne Rohstock, Luxemburg; Dr. Harald Schmid, Kiel
Moderation: Prof. Dr. Christian Thies, Passau

Ende der Tagung gegen 12.00 Uhr

Im Anschluss an die Tagung findet eine Sitzung des Arbeitskreises "Politik und Geschichte" statt. Wir freuen uns über eine Beteiligung der Mitglieder wie auch der Gäste des Arbeitskreises.

Die Tagung findet in der Universität Passau statt, Nikolakloster, Raum 403, statt. Interessierte sind zur Tagung herzlich eingeladen. Wir freuen uns sehr über eine breite Beteiligung an der Diskussion. Bitte informieren Sie uns über Ihre Teilnahme per Email (pug@dvpw.de).

Teilnehmende können bis zum 25. Mai 2013 zu Sonderkonditionen im IBB Hotel, Passau, ein Einzelzimmer zum Preis von 76 Euro für die Nacht vom 28. auf den 29. Juni 2013 buchen. Telefonische Anmeldungen (0851 988 3000) können unter dem Stichwort "Politikgeschichte" vorgenommen werden. Die Stornobedingungen sind zu erfragen und zu beachten. Das Hotel liegt gleich rechts schräg gegenüber vom Bahnhofsausgang und in fußläufiger Entfernung zum Nikolakloster.

Kontakt

Dr. Nina Leonhard, Arbeitskreis "Politik und Geschichte", pug@dvpw.de

https://www.dvpw.de/gliederung/ak/ak-politik-und-geschichte.html
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Veröffentlicht am
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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