Vermarktlichung/Marketization. Themenheft/Theme Issue "Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History" (2015)

Vermarktlichung/Marketization. Themenheft/Theme Issue "Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History" (2015)

Veranstalter
Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Veranstaltungsort
Ort
Potsdam
Land
Deutschland
Vom - Bis
31.01.2014 -
Deadline
31.01.2014
Von
Kirsch, Jan-Holger

(please see English version below)

Abgabetermin für Skizzen/Deadline for drafts: 31.01.2014
Abgabetermin für komplette Manuskripte/Deadline for complete manuscripts: 15.02.2015

„Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History“ ist eine Fachzeitschrift für Forschungsergebnisse, Debatten und Methodenfragen der deutschen, europäischen und globalen Zeitgeschichte. Sie wird getragen vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam <http://www.zzf-pdm.de> und erscheint dreimal jährlich in zwei parallelen Publikationsformen: gedruckt im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht <http://www.v-r.de/de/Zeithistorische-Forschungen/z/500055/> sowie frei zugänglich im Internet <http://www.zeithistorische-forschungen.de>. Ein für 2015 geplantes Themenheft, für das wir mögliche Beiträge suchen, wird sich dem Forschungsfeld „Vermarktlichung“ widmen. Die Herausgeber dieses Themenhefts sind Ralf Ahrens (Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam), Marcus Böick (Ruhr-Universität Bochum) und Marcel vom Lehn (Friedrich-Schiller-Universität Jena).

Spätestens seit dem Beginn der internationalen Finanzkrise 2008 vermischt sich in der breiten Öffentlichkeit das Unbehagen an der „Ökonomisierung“ von Arbeitsbeziehungen, sozialen Sicherungs- oder Bildungssystemen mit der Kritik an einem offenbar politisch unbeherrschbaren, globalisierten „Finanzmarkt-Kapitalismus“. Sozial- oder kulturwissenschaftliche Gegenwartsdiagnosen lokalisieren den Ursprung dieser verstärkten Marktorientierung gesellschaftlicher Beziehungen häufig in den „neoliberalen“ wirtschaftspolitischen Wenden der 1970er- und 1980er-Jahre, interessieren sich jedoch nur am Rande für die konkreten historischen Konstellationen, Akteure und Praktiken. Umgekehrt hat sich die zeithistorische Forschung, in der das Interesse an wirtschafts- und sozialhistorischen Themen seit einigen Jahren wieder zugenommen hat, solcher Prozesse bislang kaum angenommen.

Das Themenheft soll unter dem aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften geläufigen Leitbegriff der „Vermarktlichung“ (Marketization) empirische Fallstudien versammeln, die exemplarisch Diskurse und Praktiken in Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Unternehmen, Sozialstaat und Gesundheitswesen, Bildungs-, Kultur- und Umweltinstitutionen oder Nonprofit-Organisationen untersuchen. Vermarktlichung als offener – in den einzelnen Beiträgen auf seine historische Tragfähigkeit und heuristische Alternativen zu prüfender – Prozessbegriff meint dabei mehr als „Entstaatlichung“ oder „Privatisierung“: Jenseits der ökonomischen Modellwelt sind Märkte stets sozial konstruiert und politisch reglementiert, sie koexistieren und konkurrieren mit anderen Organisationsformen gesellschaftlicher Beziehungen. Anstelle der schlichten Dichotomie zwischen „Markt“ und „Staat“ gerät aus dieser Perspektive ein heterogenes, relationales Arrangement von Akteuren, Ideen und Praktiken in den Blick. Entwurf, Propagierung und Implementierung marktorientierter Steuerungsmechanismen entsprangen ebenso wie die Kritik daran konkreten historischen Umständen und Interessen. Der zeitliche Schwerpunkt des Themenhefts soll zwar auf den 1970er- bis 2000er-Jahren liegen, die Epochenschwelle „nach dem Boom“ soll jedoch durchaus problematisiert und zu alternativen Periodisierungen in Bezug gesetzt werden. Besonders erwünscht sind vergleichende oder transnationale Studien – auch zu den Transformationsregimen Ost- bzw. Ostmitteleuropas sowie zu außereuropäischen Entwicklungen.

Mögliche Fragestellungen der Beiträge könnten etwa sein:

- Welche marktbezogenen Wahrnehmungs- und Deutungsmuster wurden wann und durch welche Akteure bzw. Akteursnetzwerke propagiert oder bereits internalisiert („unternehmerisches Selbst“ etc.)?
- Welche Vorannahmen und Erwartungen waren für diese konzeptionellen Deutungsmuster und Ordnungskonzepte charakteristisch? Was wurde beispielsweise unter „dem Markt“ oder „den Märkten“ jeweils verstanden?
- Wie und von wem wurde die Entfaltung von Marktmechanismen zu fördern und/oder einzuhegen versucht?
- Welche Teile der Gesellschaft waren die bevorzugten Objekte marktbezogener Diskurse und Praktiken?
- Welche Resultate, Konflikte und Widersprüche produzierten die praktischen Realisierungsversuche? Welche Gegenkonzepte und Gegentendenzen gewannen Bedeutung?
- Welche regionalen und nationalen Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Vermarktlichungstendenzen lassen sich identifizieren?
- Welches Verhältnis zwischen Vermarktlichung und Demokratie/Demokratisierung, von ökonomischer Macht und politischer Legitimation lässt sich feststellen?

Neben vier bis fünf längeren Aufsätzen im Umfang von ca. 50.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen und Anmerkungen) sollen in dem Themenheft auch mehrere kürzere Texte unterschiedlicher Genres veröffentlicht werden – Essays, Debattenbeiträge, Interpretationen ausgewählter Quellen sowie Beiträge für „Neu gelesen“, „Neu gehört“ und/oder „Neu gesehen“. Zu diesen Rubriken von „Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History“ siehe die bisherigen Beiträge unter <http://www.zeithistorische-forschungen.de/site/40208547/default.aspx> und die Autorenhinweise unter <http://www.zeithistorische-forschungen.de/site/40208125/default.aspx>. Für alle Rubriken der Zeitschrift sind Vorschläge erwünscht, die zum übergreifenden Heftthema passen.

Aussagekräftige Skizzen mit einem Umfang von ca. 500 Wörtern werden bis zum 31.01.2014 erbeten an: Jan-Holger Kirsch (kirsch@zzf-pdm.de).

Eine Benachrichtigung aller Einsender/innen erfolgt bis zum 28.02.2014. Abgabetermin für die kompletten Manuskripte (zusammen mit Bildvorschlägen) ist der 15.02.2015. Deutsche und englische Texte sind gleichermaßen möglich. Wir freuen uns auf interessante Beitragsideen und stehen für eventuelle Rückfragen gern zur Verfügung.

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Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History is a peer-reviewed journal, presenting research results, debates and methodological issues of German, European and global contemporary history. It is supported by the Zentrum für Zeithistorische Forschung/Centre for Contemporary History Potsdam <http://www.zzf-pdm.de> and appears three times a year in two publication formats: printed by Vandenhoeck & Ruprecht <http://www.v-r.de/de/Zeithistorische-Forschungen/z/500055/> and as full text open access on the internet <http://www.zeithistorische-forschungen.de>. For 2015, we plan a special issue on the research area of ‘marketization’, and we invite authors to submit proposals. This special issue will be edited by Ralf Ahrens (Centre for Contemporary History Potsdam), Marcus Böick (Ruhr University Bochum) and Marcel vom Lehn (Friedrich Schiller University Jena).

At least since the beginning of the international financial crisis in 2008, the general public has been torn between anxiety about the ‘economization’ of work relationships, social security or educational systems, and criticism of an apparently unmanageable, globalized ‘financial-market capitalism’. Diagnoses of today’s world from social and cultural studies frequently declare the ‘neo-liberal’ economic turns of the 1970s and 1980s as the origin of this increased market orientation of social relationships. However, they take only marginal interest in the specific historical constellations, agents, and practices. Contemporary history for its part – experiencing an increased interest in economic and social issues recently – has hardly turned to such developments so far.

Dedicated to the concept of ‘marketization’, which is common in social and economic studies, our special issue intends to collect empirical case studies that analyze discourse and practices in politics, administration, the economy and enterprises, the welfare state and the health care system, educational, cultural, and environmental institutions or the non-profit sector. In the contributions, the term ‘marketization’ has to be scrutinized for its historical significance and its heuristic alternatives; yet, ‘marketization’ as an open, processual term implies more than ‘denationalization’ or ‘privatization’. Markets beyond economic models and theories are always socially constructed and politically regulated; they co-exist and compete with other organizational forms of social relationships. Instead of dwelling on the simple dichotomy between ‘market’ and ‘state’, this wider perspective allows a shift in the focus towards a heterogeneous, relational arrangement of agents, ideas, and practices. The outline, propagation and implementation of market-oriented control mechanisms, just like the criticism thereof, emanated from specific historical circumstances and interests. Although the special issue’s temporal focus is put on the 1970s until the 2000s, the discourse should also include a discussion of the epochal threshold ‘after the boom’ in comparison to alternative periodizations. In particular, we encourage comparative or transnational studies – also on the transformation regimes of Eastern and eastern Central Europe as well as on non-European developments.

Possible topics for the contributions could be:

- What market-related patterns of reception and interpretation were propagated or even internalized by what agents or their networks and when (‘the enterprising self’, etc.)?
- What presuppositions and expectations were characteristic for these concepts of interpretation and categorization? What, for example, was understood by ‘the market’ or ‘the markets’ at a particular time?
- Who attempted to facilitate and/or to impede the development of market mechanisms? What methods were applied to those processes?
- Which parts of society were the preferred objects of the market-related discourse and practices?
- What results, conflicts, and contradictions emerged by the practical attempts to implement marketization? Which alternate concepts and tendencies gained importance?
- What regional and national differences and similarities of marketization trends can be identified?
- What relationship between marketization and democracy/democratization, between economic power and political legitimization can be found?

The special issue will contain four to five longer articles, totaling around 50,000 characters (including blanks and annotations). In addition, several shorter texts of various genres will be included: essays, controversial contributions to the discourse, interpretations of selected sources, and contributions for ‘Reread’, ‘Reheard’, ‘Reseen’. For these sections of Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, please visit the previous contributions at <http://www.zeithistorische-forschungen.de/site/40208547/default.aspx>. The guidelines for authors can be found at <http://www.zeithistorische-forschungen.de/site/40208125/default.aspx>. We welcome all submissions adequate for the issue’s topic for all sections of the journal.

Please send your informative draft containing around 500 words to Jan-Holger Kirsch (kirsch@zzf-pdm.de) by January 31, 2014.

All authors will be informed by February 28, 2014. The deadline for the complete manuscripts (including suggestions for pictures etc.) is February 15, 2015. Both German and English texts are accepted. We are looking forward to your exiting ideas for our special issue and will of course try to assist you with any questions you might have.

Programm

Kontakt

Dr. Jan-Holger Kirsch
Zentrum für Zeithistorische Forschung
Am Neuen Markt 1
D-14467 Potsdam
Tel.: +49 (0)331/28991-18
Fax: +49 (0)331/28991-60
E-Mail: kirsch@zzf-pdm.de

http://www.zeithistorische-forschungen.de