Alternativentwürfe. Aufbruchsversuche in Wissenschaft und Hochschule seit den 1960er Jahren

Alternativentwürfe. Aufbruchsversuche in Wissenschaft und Hochschule seit den 1960er Jahren

Veranstalter
Berit Schallner, Susanne Schregel
Veranstaltungsort
Ort
Köln
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.12.2015 - 07.12.2015
Deadline
31.07.2015
Website
Von
a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne, Research Lab „Transformationen des Wissens“, in Zusammenarbeit mit dem Historischen Institut der Universität zu Köln

Wie schaffen wir andere, bessere, gerechtere Hochschulen, und wie könnte eine Wissenschaft aussehen, die ihre Legitimation und Fragen nicht zuletzt auch aus den Problemen der Gesellschaft schöpft? Angetrieben von Fragen wie diesen, entstanden seit den 1960er Jahren zahlreiche Alternativentwürfe von Wissenschaft und Hochschule. Diese beschränkten sich nicht auf Versuche, die Mitbestimmung von Studierenden und Mitarbeitern an universitären Entscheidungsfindungsprozessen zu erweitern. Auch die Verfahren und Gegenstände von Forschung und Lehre selber wurden zum Gegenstand politisch-sozial inspirierter Aufbruchsversuche.

In der Lehre befassten sich Studierende und Lehrende etwa mit der Möglichkeit von nicht-hierarchischen Lehr- und Lernformaten, zum Beispiel als Kritik an Vorlesungen, oder im Plädoyer für Gruppenarbeit oder studentische Arbeitsgemeinschaften. Hochschuldidaktiker dachten nach über Möglichkeiten „partnerschaftlichen Lernens“, die Verbesserung von Lernprozessen durch emotionale Beteiligung oder die Einführung von „Unterrichtskritik“ (zum Beispiel durch die Einholung von „Vorlesungsrezensionen“). Experimente mit neuen Studienstrukturen wie der einstufigen Juristenausbildung gehörten ebenso zu den Alternativentwürfen der 1960er bis 1980er Jahre wie der Versuch, einen veränderten Umgang mit Prüfungen zu schaffen.

In der Forschung versuchten unterschiedliche Akteure, Themenbereichen mehr Gewicht zu geben, die sie für gesellschaftlich besonders wichtig, aber unterrepräsentiert hielten. Dies führte – wie im Fall der Frauen- und Geschlechterforschung, der Ökologie-, der Nachhaltigkeits- und Energiedebatte oder der Friedensforschung – zur Stärkung besonderer teildisziplinärer Schwerpunktsetzungen oder begünstigte die Etablierung neuer Disziplinen. Auch die Verfahren und Methoden der Forschung (beziehungsweise genereller: der Erschließung und Entwicklung von Neuem) wurden zum Gegenstand von Veränderungsversuchen – etwa in der Betonung gruppenorientierten Forschens und dem Streben nach Interdisziplinarität, in kooperativen Formaten der Forschungsförderung, in einer vermehrt partizipativen Orientierung etwa des Planungs- und Entwurfsdenkens, oder im bewussten Einbezug von Erforschten und Forschenden in den Forschungs- und Erkenntnisprozess selber. Mit Zeitschriften wie Arch+, Kritische Justiz oder Wissenschaft und Frieden entstanden zudem spezielle Publikationsorgane, die unter anderem darauf abzielten, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik stärker miteinander zu verbinden.

Nicht zuletzt führten Alternativentwürfe der Wissenschaft auch aus der institutionalisierten Forschung und Lehre hinaus oder schufen „andere Räume“ innerhalb der Hochschulen. Dies passierte etwa in Projektgruppen, in Formaten wie dem „Energieseminar“ an der TU Berlin, in hochschulnahen Ereignissen wie den „Frauenuniversitäten“ oder in Kunstprojekten.

Der Workshop möchte diesen Alternativentwürfen im Wechselspiel von Wissenschaft und Politik an konkreten Fallbeispielen nachgehen. Die Zusammenfassung von Phänomenen wie den oben umrissenen als Alternativentwürfe soll hierbei eine Reflexion über eine Veränderung von Wissenschaft jenseits der Figuren von Reform und Revolution ermöglichen; sie betont ein Moment der Distanzierung gegenüber dem Bestehenden, der – sowohl in „technokratisch“-planerischen wie in politisch-radikalisierten Kontexten – in eine zukunftsoffene und in ihrem Verlauf durchaus undeterminierte Suchbewegung übergehen konnte. Die Rede von den Alternativentwürfen soll zudem dazu anregen, neben Wissenschafts“ideen“ auch nach der kreativ-gestalterischen, experimentellen Seite alternativer Wissenschaftsreflexionen zu fragen und diese in Zeit und Raum zu verorten.

Auf diese Weise will der Workshop Wissenschafts-, Wissens- und Universitätsgeschichte mit der Historiografie politisch-sozialer Bewegungen in der Folge von „1968“ und insbesondere der Geschichte des alternativen Milieus zusammenbringen. Neben einem Austausch über konkrete Alternativentwürfe und ihre Folgen bietet er die Möglichkeit, über die jeweiligen Hochschul- und Wissenschaftsvorstellungen zu diskutieren, die den Alternativentwürfen zugrunde lagen, und auszuloten, was dies für Bedingungen und Möglichkeiten der Gestaltung von Wissens- und Lehrformen generell bedeuten könnte.

Im Bestreben, die Vielgestaltigkeit politisch-sozialer Aufbruchsversuche in den Teilbereichen der Wissenschaften sichtbar zu machen, sind Beiträge zu den Geistes-, Sozial-, Kunst-, Natur- und Technikwissenschaften gleichermaßen erwünscht.

Interessierte werden gebeten, einen Themenvorschlag von etwa 2000 Zeichen bis zum 31.07.2015 an s.schregel@uni-koeln.de zu senden. Reise- und Übernachtungskosten können übernommen werden.

Der Workshop findet am 07.12.2015 statt. Er ist eine Veranstaltung der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne, Research Lab „Transformationen des Wissens“, in Kooperation mit dem Historischen Institut der Universität zu Köln.

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