Nerven und Krieg. Psychische Mobilisierungs- und Leidenserfahrungen in Deutschland 1900-1933

Nerven und Krieg. Psychische Mobilisierungs- und Leidenserfahrungen in Deutschland 1900-1933

Veranstalter
Dr. Gundula Gahlen, Dr. Björn Hofmeister, Dr. Christoph Nübel und Deniza Petrova M.A.
Veranstaltungsort
Freie Universität Berlin, Fabeckstraße 23-25, 14195 Berlin, Raum: 2.2059
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.10.2017 - 13.10.2017
Deadline
05.10.2017
Von
Deniza Petrova

Das Thema Nerven hatte in den deutschen Kriegsdebatten seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts einen zentralen Stellenwert. In Politik, Öffentlichkeit, Militär oder Wissenschaft wurde die Frage diskutiert, welche Belastungen ein zukünftiger Krieg den Nerven der deutschen Bevölkerung abverlangen würde. Im Ersten Weltkrieg wurden Nervenstärke und Nervenschwäche schließlich zu häufig benutzten Kampfbegriffen. Hinzu kam die massenhafte Erfahrung von psychischen Versehrungen und Leiden. Und auch nach dem Kriegsende blieb die sozialpolitische Verwaltung und medizinische Behandlung der psychischen Kriegsbeschädigungen ein brisantes Thema. Gleichzeitig erfolgte eine erneute geistige Kriegsmobilisierung in der Weimarer Republik, die im Nationalsozialismus durch die „Gleichschaltung“ des Staates zunehmend alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in diese Entwicklung einbezog.
Nachdem sich die Forschung der Behandlung und Versorgung von psychischen Kriegsversehrten in den letzten Jahren angenommen hat, stellt diese Tagung zeitgenössische Nervendiskurse in Militär, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft in den Mittelpunkt und möchte deren Wechselwirkungen als auch deren praktische Konsequenzen für die Zeit von 1900 bis 1933 untersuchen. Die Tagung geht davon aus, dass Nerven als Chiffre und Konstrukt zu verstehen sind, mit denen Identitäten verhandelt wurden. Entsprechend thematisiert die Tagung sowohl die zeitgenössischen Nervendiskurse in Wissenschaft, Militär, Politik und Öffentlichkeit wie auch individuelle und kollektive psychische Mobilisierungs- und Leidenserfahrungen. Der räumliche Schwerpunkt liegt dabei auf Deutschland, das im europäischen Kontext analysiert wird.

Ort: Freie Universität Berlin, Fabeckstraße 23-25, 14195 Berlin, Raum: 2.2059 Anmeldung bis zum 5.10.2017 unter: dpetrova@zedat.fu-berlin.de

Ausführliche Informationen finden Sie auf der Internetseite der Tagung: www.nervenundkrieg.de

Programm

Donnerstag, 12. Oktober 2017

12.00-12.30 Uhr Anmeldung

Einführung (12.30-13.45 Uhr)

Gundula Gahlen (Freie Universität Berlin)
Nerven und Krieg. Psychische Mobilisierungs- und Leidenserfahrungen in Deutschland 1900-1933: Einführung

Bernd Ulrich (Berlin)
Keynote: Krieg der Nerven – Krieg des Willens

Panel 1: Medizinische Diskurse zu Nerven und Krieg (14.15-15.45 Uhr)

Panelleitung: Birgit Aschmann (Humboldt-Universität zu Berlin)

Susanne Ude-Koeller (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
Gustav Spechts „Krieg und Geistesstörung“ 1913

David Freis (Universität Münster)
Psyche, Krieg und Kollektiv. Von der Massensuggestion zur Völkerpsychopathologie 1900-1933

Thomas Beddies (Institut für Geschichte der Medizin und der Ethik in der Medizin der Charité, Berlin)
Die Revolution als „psychopathologische Fundgrube“. Nerven und Nervenheilkunde nach dem Ersten Weltkrieg

Panel 2: Die Nerven in der militärischen Führung (16.15-17.45 Uhr)

Panelleitung: Oliver Janz (Freie Universität Berlin)

Annika Mombauer (Open University London)
Die Nerven Helmuth von Moltkes

Gundula Gahlen (Freie Universität Berlin)
Die Nerven der Offiziere als militärisches Problem. Militärische Diskurse und Handlungsstrategien 1914-1918

Mark Jones (University College Dublin, Irland)
Nerves and the Officers‘ Plot during the German Revolution of 1918-19. The Case from Western Germany

Öffentlicher Abendvortrag (18.15–19.45 Uhr)

Moderation: Christoph Nübel (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam)

Joachim Radkau (Universität Bielefeld)

Die Wende zur ‚Willenskultur‘ in der Nerventherapie und das nervöse Doppelgesicht des Krieges

Freitag, 13. Oktober 2017

Panel 3: Die Nerven der Soldaten (9.00-10.30 Uhr)

Panelleitung: Bernd Ulrich (Berlin)

Philipp Rauh (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
Die militärpsychiatrischen Therapiemethoden im Ersten Weltkrieg. Diskurs und Praxis

Rebecca Ayako Bennette (Middlebury College, USA)
Diagnosing Dissent. The Medicalization of Conscientious Objection in World War One Germany

Christoph Nübel (ZMSBw Potsdam)
Raumpsychologie und soldatische Kriegserfahrung im Ersten Weltkrieg

Panel 4: Die Nerven an der Heimatfront (11 Uhr-12.00 Uhr)

Panelleitung: Jason Crouthamel (Grand Valley State University Michigan, USA)

Silke Fehlemann (Universität Düsseldorf)
Die Nerven der Daheimgebliebenen 1914-1918

Sebastian F. Bondzio (Universität Osnabrück)
Massentrauer. Das Sterben von Soldaten im Krieg, Verlusterfahrungen und seine gesellschaftlichen Nachwirkungen

Panel 5: Nervendiskurse, Mobilisierungspraktiken und politische Lernprozesse der politischen Rechten nach dem Ersten Weltkrieg (13.30-15.00 Uhr)

Panelleitung: Björn Hofmeister (Freie Universität Berlin)

Dennis Werberg (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr)
Die Nerven der Stahlhelm-Männer. Weltkriegserinnerung und Selbstverständnis des Stahlhelm-Bundes der Frontsoldaten

Daniela Gasteiger (LMU München)
Nerven und Herz. Diskurse um politische Herrschaft und politisches Handeln auf der politischen Rechten zwischen den Weltkriegen

Nils Löffelbein (Universität Frankfurt a.M.)
„Rentenjäger – Simulanten“ – Kriegstraumata und psychische Versehrtheit in Ideologie und Propaganda des Nationalsozialismus

Panel 6: Die Bedeutung von „Nerven“ in Sinnstiftungsnarrativen und medialen Deutungsmustern (15.30-17.00 Uhr)

Panelleitung: Uwe Puschner (Freie Universität Berlin)

Jason Crouthamel (Grand Valley State University Michigan, USA)
Contested Memories and Traumatic Neurosis in Weimar and Nazi Germany

Olga Lantukhova (LMU München)
Kriegsbegeisterung als Normalität und Pazifismus als Nervenschwäche. Auseinandersetzungen mit psychischen Auswirkungen des Krieges in den literarischen Darstellungen des Ersten Weltkriegs

Julia Barbara Köhne (Humboldt-Universität zu Berlin)
Spiegelungen interdisziplinären Diskurswissens in Robert Reinerts Nerven (1919)

Abschlussdiskussion (17.00-18.00 Uhr)

Björn Hofmeister (Freie Universität Berlin)
Nerven und Krieg: Methodische Überlegungen und Schlusskommentar

Kontakt

Deniza Petrova

Freie Universität Berlin
Koserstr. 20 D-14195 Berlin

dpetrova@zedat.fu-berlin.de

http://nervenundkrieg.de/
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