Metaphernforschung und ihre Problemaspekte in interdisziplinärer und transdisziplinärer Perspektive

Metaphernforschung und ihre Problemaspekte in interdisziplinärer und transdisziplinärer Perspektive

Veranstalter
Institut für Weltliteratur, Slowakische Akademie der Wissenschaften
Veranstaltungsort
Bratislava
Ort
Bratislava
Land
Slovakia
Vom - Bis
30.05.2018 - 31.05.2018
Deadline
31.01.2018
Website
Von
Roman Mikulas

Ein Blick auf den aktuellen Stand der Metaphernforschung vermittelt den Eindruck einer undurchschaubaren Durchdringung verschiedener Richtungen und einer mehrfachen Überschneidung von Bruchlinien, die den Fachdiskurs durchziehen, die jedoch gleichzeitig auch als Verbindungsstränge mehrere Disziplinen untereinander vernetzen. Der Eindruck der Unüberschaubarkeit wird zusätzlich noch verstärkt, wenn außer den Faktoren der Interdisziplinarität und Transdisziplinarität auch der Aspekt der Besonderheiten institutioneller Art und jener der Eigendynamik des Wissenschaftssystems auf nationaler Ebene hineingreifen. Wollen wir uns jedoch über die Grenzen der eigenen Disziplinen, der Gepflogenheiten an den eigenen Instituten und der nationalen Forschungsspezifika hinweg über die Metapher sinnvoll und gewinnbringend austauschen, so ist es naheliegend, dass wir dies nur erreichen können, wenn diese Eigenheiten und Hintergründe aus der Diskussion nicht ausgeklammert werden, sondern dass man darüber spricht und sich gegenseitig informiert. Dies soll auch das Kredo der geplanten Tagung sein. Es sollen insbesondere folgende zehn Schwerpunkte Berücksichtigung finden:
1. Es sollen Paradigmen der Metaphernforschung problematisiert und deren Einfluss auf den aktuellen Diskurs aufgezeigt werden. Es ist schon klar, dass die konzeptuale Metapherntheorie gegenwärtig den Fachdiskurs dominiert und von der ganzen Palette der Metapherntheorien auch fächerübergreifend die meistdiskutierte Theorie darstellt. Dies mag ohne Abstriche durchaus z.B. für die Linguistik gelten, in der Literaturwissenschaft hat diese Behauptung jedoch keine uneingeschränkte Gültigkeit. Für einen vollwertigen Fachdiskurs ist es notwendig, sichtbar zu machen, welche Paradigmen der Metaphernforschung überhaupt in der Gegenwart vertreten sind, welche Rolle sie in welcher Disziplin spielen und welche Relevanz sie für welche spezifischen Forschungsfragen aufweisen.
2. In unseren Überlegungen können wir jedoch auch eine ganz andere Richtung einschlagen, in der nun nicht der Gegenstandsbereich der jeweiligen Disziplin nach Metaphorizität abgeklopft oder die Metaphorik der Fachsprache untersucht wird, sondern in der auf die einzelnen theoretischen Paradigmen im Kontext der jeweiligen Disziplin abgehoben wird, insbesondere in den Bereichen Literaturwissenschaft, Linguistik und Philosophie/Epistemologie. Hier lautet die Frage nun ganz anders: Auf welche Weise hat die Aufnahme der jeweiligen Metapherntheorie die Disziplin selbst beeinflusst und ihre Selbstwahrnehmung verändert oder dynamisiert?
3. Es stellt sich auch die Frage, ob man sich gegenwärtig überhaupt auf eine belastbare Systematik der Metapherntheorien stützen kann, ob es möglich ist, von einer Koexistenz von Paradigmen in der Metaphernforschung zu sprechen und wie der Fachdiskurs strukturiert ist bzw. strukturiert werden kann und nicht zuletzt, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche Systematik der Metapherntheorien eigentlich Sinn machen kann.
4. Einen weiteren wichtigen Punkt stellt die Problematik der Abgrenzung der Metapher gegenüber wesensverwandten Phänomenen wie dem Symbol auf der einen und der Allegorie oder dem Mythos auf der anderen Seite des Spektrums dar. Im Zusammenhang mit der Verquickung von Symbol und Metapher sollten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Metapher im Diskurs der allgemeinen Systemtheorie (z.B. N. Goodman) oder im semiologischen Diskurs richten, in welchem mittlerweile klassische Arbeiten von P. Ricoeur oder C. S. Peirce, aber auch Überlegungen zur Metapher bei U. Eco von großem Interesse sind. Des Weiteren soll der Metapher an der Schnittstelle zwischen Semiotik und Pragmatik gebührend Aufmerksamkeit geschenkt werden.
5. Es bleibt auch weiterhin die Frage nach der Beziehung zwischen Metapher und Metonymie aktuell, wobei wir allerdings die Diskussion, die sich größtenteils theoretisch und methodologisch entfaltet, explizit mit empirischen Befunden angereichert wissen möchten.
6. In der Metaphernforschung ist auch die Problematik der Ähnlichkeit und der Analogie virulent. Auch auf diesem Gebiet tauchen Fragen der theoretischen und methodologischen Herangehensweise zu diesen grundlegenden Aspekten der Identifizierung und der Kommunikation von Metaphern auf.
7. Im Bereich der Literaturwissenschaft lässt sich traditionell ein verstärktes Interesse an der lebendigen (kreativen, innovativen) Metapher beobachten, deren Erforschung in der ersten Generation der konzeptualen Metapherntheorie noch deutlich unterbelichtet war. Es hat sich mittlerweile flächendeckend die Überzeugung durchgesetzt, dass die Metapher eines der grundlegenden Bauelemente, bzw. Konstruktionsprinzipien unserer Wirklichkeit und gleichzeitig einen der wichtigsten Bausteine der Poetik darstellt. Wir können uns, auf dieser Einsicht aufbauend, fragen, wie die Metapher den ästhetischen Wert eines Sprachkunstwerkes bestimmt. Eröffnet werden sollte auch eine Diskussion über die Metapher auf der Grundlage von Literatur bzw. im Hinblick auf ganz spezifische literarische Textsorten. Die Metapher wird bspw. oft als Ausdrucksmittel in der Ironie, Satire, Parodie, Travestie oder im Pastiche eingesetzt. Wir wollen unser Augenmerk auf den besonderen Charakter der literaturwissenschaftlichen Perspektive richten, in der sich die Metaphernforschung vollzieht und uns fragen, aufgrund welcher theoretischen und methodologischen Prinzipien dies geschieht.
8. In großem Umfang überlappen sich literaturwissenschaftliche Interessen mit jenen der Linguistik, insbesondere der kognitiven Linguistik. Berührungspunkte stellen hier bspw. die Erforschung der Metaphorik von Emotionen dar, ein Bereich, in dem die Linguistik über die Anwendungen der konzeptualen Metapherntheorie eine ganze Palette von aufschlussreichen Untersuchungen auf den Weg gebracht hat. Allerdings erhielten Wissenschaften vom Menschen etwa auch von Weinrichs Bildfeldtheorie oder von Blumenbergs Metaphorologie ebenso starke Impulse, ganz zu schweigen von Anregungen, die mit Namen wie Donald Davidson, Jacques Derrida oder Paul de Man verbunden sind.
9. Wir gehen davon aus, dass es mittlerweile nicht mehr möglich ist, über Metapher zu sprechen und ausschließlich partikulare Fragen einer Disziplin vor Augen zu haben, zumal wir wissen, dass Metaphern gleichzeitig Voraussetzungen und Folgen des menschlichen Denkens und der Verständigung sind. Mit dieser Grundprämisse ist die Frage nach kognitiven Strukturen und ihrer Objektivierung in Form von Metaphern bzw. metaphorischen Konzepten weiterhin hoch brisant. Gerade die Problematik der metaphorischen Konzeptualisierung stellt ein Thema dar, das sich Linguistik, Erkenntnistheorie und Literaturwissenschaft gemeinsam teilen. Wenn wir uns z.B. Studien über die Metaphorik der Emotionen ansehen, finden wir darin für eine Emotion verschiedene Konzepte, aber auch ein Konzept für verschiedene Emotionen. Es stellt sich die Frage, ob Lakoff und Johnson recht in der Annahme gingen, es gäbe nur eine begrenzte Anzahl von metaphorischen Konzepten. Die metaphorische Konzeptualisierung ist den Forschungsergebnissen folgend außerdem historisch variabel, so dass wir unter Umständen eine Art Evolution metaphorischer Konzeptualisierungen voraussetzen könnten. Aufgrund derart ausgerichteter Erforschung der (fachspezifischen oder poetischen) Sprache und ihrer Konzepte wäre es möglich aufzuzeigen, welche Konzepte sich unter welchen Rahmenbedingungen (längerfristig) durchsetzen konnten und welche nicht. Eine so angelegte Evolutionstheorie metaphorischer Konzepte kann des Weiteren die Voraussetzung für eine breiter konzipierte Evolutionstheorie der Sprache oder der Literatur sein. In diesem Sinne können wir etwa auf die Existenz von globalen Metaphern abheben und Metaphern als Modelle des Denkens unter dem jeweiligen evolutionären Aspekt analysieren oder interpretieren.
10. Die Metapher als Modell des Denkens und als „Gleitmittel“ der Verständigung stellt darüber hinaus auch ein ubiquitäres und dringliches translatologisches Problem dar. Eine entsprechend besondere Aufmerksamkeit möchten wir also auch der Diskussion translatologischer Aspekte in der Metaphernforschung zuteil werden lassen.
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Veranstalter: Institut für Weltliteratur, Slowakische Akademie der Wissenschaften
Kontaktperson: Dr. Roman Mikuláš
Konferenzsprachen: Deutsch, Englisch, Slowakisch
Einsendeschluss für Vorschläge in Form von Abstracts: 15. Januar 2018
Bitte senden Sie Ihre Abstracts im Umfang von max. 1 Seite per E-Mail an folgende Adresse: metaphora.bratislava.2018@gmail.com
Bis Ende Januar werden alle, die ein Abstract eingereicht haben, von uns über die Annahme des Vorschlags verständigt und mit weiteren Auskünften auf dem Laufenden gehalten (Platzierung in einem Panel, Vergütung von Kosten etc.).
Die Veröffentlichung der Beiträge als Tagungsband bzw. als Themenheft der Fachzeitschrift World Literature Studies 2018 ist vorgesehen.
Wir freuen uns auf ihre Einreichungen.

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Roman Mikulas

Konventna-Str. 13, SK-81103 Bratislava

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