Franz Schuberts Sonate in B-Dur – im September 1828, zwei Monate vor dem Tod des Komponisten vollendet und zehn Jahre danach als "Franz Schubert's allerletzte Composition" veröffentlicht – ist seither von einer Aura des Abschieds umgeben. Kräftig befördert hat dies Robert Schumann, der Gedanken an das "nahe Scheiden" in diesem Werk zu hören meinte. Freilich hat der Musikforscher Alfred Einstein dazu bemerkt, dass Schubert im September 1828 noch nicht kränker war als sonst: "Was Schubert beunruhigte, war nicht der Gedanke ans Ende, sondern der an Beethoven." Ein genauer Blick auf die B-Dur-Sonate zeigt in der Tat, wie Schubert darin an Beethovens avancierteste Ideen angeknüpft hat. Er zeigt aber auch, wie weit Schubert über Beethoven hinausgegangen ist. So weit, dass die B-Dur-Sonate, allseits ob ihrer Schönheit gerühmt, gleichzeitig offenbar einen solchen Skandal darstellt, dass sie für viele nur in verstümmelter Form erträglich ist.
Gerhard Herrgott, Pianist, Philosoph und Mathematiker, untersucht in seinem Vortrag Schuberts Geisteswelt und zeigt, welche hermeneutischen Schlüssel für ihr Verständnis nötig sind.
Die Veranstaltung gehört zur Reihe "Leben und Werk. Probleme des Biographischen". Nächster Termin: 6. November ("Die Poesie der Systemtheorie. Raffaele de Giorgi über Niklas Luhmann")
Der Eintritt ist frei. Aus organisatorischen Gründen wird eine Anmeldung unter benjamin.lahusen@rewi.hu-berlin.de erbeten.