Die historische Forschung zur frühen Kindheit steht vor einem besonderen Quellenproblem. Kleinkinder hinterlassen kaum eigenständige Quellen, die Aufschluss über ihren Alltag, ihre Erfahrungen und den historischen Wandel ihres Lebens zuließen. Zusätzlich entzieht sich dieser Lebensabschnitt auch der aktiven Erinnerung der meisten Erwachsenen, sodass es auch im Nachhinein unmöglich scheint, den Lebenswelten der historischen Subjekte näher zu kommen. In unserem Forschungsansatz wenden wir uns deswegen an Menschen, die sich professionell und familial der Betreuung von Kleinkindern widmeten, und versuchen in Zeitzeugeninterviews den Umgang mit Säuglingen und Kleinkindern, den Alltag und dessen Veränderung seit 1945 zu rekonstruieren.
Der Workshop widmet sich den methodischen und historiografischen Herausforderungen des Themas „frühe Kindheit“ und der Oral History. Er erfolgt im Anschluss an Zeitzeugeninterviews zur Kleinkindbetreuung in den 1970er Jahren, die mit Tagesmüttern und pädagogischen Beraterinnen durchgeführt werden, die am „Modellprojekt Tagesmütter“ teilgenommen haben. Im Vordergrund der Veranstaltung stehen die kritische interdisziplinäre Reflektion über die Interviews und die Möglichkeiten der qualitativen Auswertung.
Beiträge aus der Geschichtswissenschaft werden durch Beiträge der unterschiedlichen Fachwissenschaften, welche am Marsilius-Kolleg „Frühe Kindheit im Wandel“ beteiligt sind, ergänzt und kontrastiert. Die disziplinäre Expertise von Ökonomie, Entwicklungspsychologie und Pädagogik gestattet es, die historischen Perspektiven zu erweitern und methodische Differenzen zu diskutieren. Qualitative Fragen nach Rolle / Selbstverständnis / Kompetenz von Betreuungspersonen oder Fragen nach der Position des Kindes in der Interaktion und im Forschungsprojekt stehen im Zentrum. Der Workshop soll auch Anlass bieten über die methodischen Fallstricke und Möglichkeiten qualitativer Interviewforschungen nachzudenken.
Interessierte sind herzlich willkommen und wenden sich bezüglich einer möglichen Teilnahme mit und ohne Beitrag bitte an
Laura Moser: laura.moser@zegk.uni-heidelberg.de
Max Gawlich: max.gawlich@zegk.uni-heidelberg.de