Protagonisten der „Nationalen Opposition“ in der Bundesrepublik Deutschland

Protagonisten der „Nationalen Opposition“ in der Bundesrepublik Deutschland

Veranstalter
Prof. Dr. Gideon Botsch, MMZ Potsdam; Prof. Dr. Christoph Kopke, HWR Berlin; Dr. Karsten Wilke, Universität Bielefeld
Veranstaltungsort
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
28.02.2019 - 30.01.2020
Deadline
28.02.2019
Website
Von
Christoph Kopke

Gideon Botsch (Potsdam), Christoph Kopke (Berlin) und Karsten Wilke (Bielefeld) planen für 2020 die Herausgabe eines Sammelbandes mit biografischen Studien zu Akteuren der „nationalen Opposition“ in der Bundesrepublik Deutschland. Die Intention des geplanten Sammelbandes besteht darin, über einen akteurszentrierten Ansatz charakteristische Entwicklungen innerhalb der Geschichte der extremen Rechten in der Bundesrepublik sichtbar zu machen. Gesucht werden Autorinnen und Autoren für die Erstellung einzelner Beiträge.

Nationale Opposition
Das Ende des NS-Regimes bedeutete weder einen grundlegenden Abschied von nazistischen und rechtsextremen politischen Einstellungen unter der Bevölkerung noch garantierte es eine Beendigung entsprechender politischer Organisierung. Vielmehr formierte sich in Westdeutschland zeitgleich zum Aufbau der Demokratie eine sich als solche verstehende nationale Opposition. Zu den Protagonisten gehörten unter anderem politische Parteien, Kulturvereinigungen, Verlags- und Zeitschriftenprojekte oder Jugendverbände.

Geschichtspolitik der nationalen Opposition
Obwohl über ein Selbstverständnis als „Widerstandsbewegung“ vereint, agierten diese Akteure insgesamt sehr unterschiedlich. Während die einen aktiv in das politische Geschehen eingriffen und sich beispielsweise zur Wahl stellten, operierten andere als geistige Vordenker eher im Verborgenen, wieder andere agierten in „Parallelwelten“, so etwa die „Wiking-Jugend“, die im Rahmen von Kinder- und Jugendlagern extrem rechte Heterotopien gestaltete.
Von Beginn an ging es den Protagonisten aber darum, Gegenentwürfe zu den durch die demokratische Bundesrepublik repräsentierten Werten und Normen aufzuzeigen sowie „Gegenerzählungen“ zu offiziösen Deutungen – insbesondere der Vergangenheit – herzustellen. Bis heute ist Geschichtspolitik eines der zentralen Betätigungsfelder dieser Akteursgruppen. Ein zunehmend wichtiger Ansatz in diesem Zusammenhang ist die Produktion von Biografien über verstorbene Angehörige des eigenen politischen Spektrums.

Akteurszentrierter Ansatz
Hier setzt die in Planung befindliche Publikation an. Angestrebt ist die Veröffentlichung eines Sammelbandes, in dem etwa zwanzig Biografien extrem rechter Protagonisten zusammengefasst werden sollen (Wir haben am Schluss dieses Calls rund 60 Namen/Personen aufgeführt, die sich biographisch bearbeiten ließen. Je nach Zuspruch und Interesse könnten wir auch mehr als zwanzig Biographien versammeln, eventuell in einem Zweibänder.)

Allerdings geht das Ziel dieser Arbeit darüber hinaus, apologetische (Selbst-)Deutungen zurückzuweisen. Beabsichtigt ist vielmehr, das Phänomen der nationalen Opposition in der Bundesrepublik Deutschland über einen akteurszentrierten Ansatz anzunähern. Beabsichtigt ist, über eine Analyse einschlägiger Biografien charakteristische Zäsuren, Kontinuitäten und Modifikationen sichtbar zu machen.
Die geplante Publikation begreift das Phänomen der nationalen Opposition als Kontinuum, das sich seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland als (sub-)kulturelles, explizit politisches Milieu etabliert hat und sich bis heute restrukturiert und reproduziert. Das Ziel besteht darin, ideen- und institutionengeschichtliche Zugriffe, aber auch politik-, sozial- und kulturwissenschaftliche Arbeiten zu Entwicklungen innerhalb der extremen Rechten um eine biografische Perspektive zu erweitern.

Fragestellung und Intention
Bei einem Teil der zu untersuchenden Biografien geht es um eine Fortschreibung einer vor-bundesrepublikanischen Geschichte. Das betrifft erstens Protagonisten, die während der Zwischenkriegszeit und in Einzelfällen noch im Kaiserreich in der rechtsradikalen Bewegung sozialisiert wurden, ohne sich aber während der NS-Zeit besonders zu engagieren oder sich vielleicht sogar in Distanz zum NS-Regime befanden, zweitens Personen, die während der Zeit des Nationalsozialismus etwa in Ministerien oder NSDAP-Dienststellen Ämter und Funktionen bekleideten sowie drittens Personen, die eine Erziehung in den NS-Jugendverbänden („HJ-Generation“) erfuhren. Hinzu kommt viertens ein Akteurskreis der zu jung für die Erfassung durch die NS-Jugendverbände war beziehungsweise nach 1945 sozialisiert wurde. Innerhalb dieser Gruppe wird ein Selbstverständnis als „Bekenntnisgeneration“ gepflegt. In Einzelfällen (U. Mundlos, U. Böhnhardt) kommt noch eine fünfte Gruppe hinzu, die ihre politische Sozialisation im Umfeld der „Wende“ 1989/90 und danach im vereinigten Deutschland erlebt hat.

Die Beiträge zu dem geplanten Sammelband sollen aufeinanderfolgend Angehörige dieser vier bis fünf Alterskohorten vorstellen und dabei Sozialisationsinstanzen und -prozesse, inhaltliche Schwerpunktsetzungen durch die jeweiligen Akteure, deren Arbeits- und Agitationsfelder sowie charakteristische politische Methoden und Vorgehensweisen in den Blick nehmen.
Dabei entsteht ein anhand biografischer Studien entwickelter Überblick über unterschiedliche Erscheinungsformen der nationalen Opposition in der Bundesrepublik. Die Gesamtschau ergibt entsprechend eine Darstellung synchroner und diachroner Entwicklungen innerhalb der extremen Rechten. Damit kann der Sammelband einerseits dazu beitragen, „Ungleichzeitigkeiten“ in diesem politischen Spektrum vor Augen zu führen. Zudem können signifikante Zäsuren ausfindig gemacht und analysiert werden, so etwa die gewaltförmige Radikalisierung in einem Teilbereich des Neonazismus nach dem Scheitern der NPD als Wahlpartei.

Programm

Beiträge

Für die Beiträge des geplanten Sammelbandes sind – je nach Quellenlage – zwei unterschiedliche Formate vorgesehen: für Personen, deren Biografien umfangreich dokumentiert sind, 30.000 bis 50.000 Zeichen (incl. Leerzeichen), in anderen Fällen 10.000 bis 20.000 Zeichen (incl. Leerzeichen).

Einsendeschluss für die Beiträge ist der 31. Januar 2020.

Erwartet wird darin ein aktueller Überblick über die Quellenlage sowie eine explizite Offenlegung der Auswertungsmethode. Nach Möglichkeit liefern die die Autorinnen und Autoren für ihren Beitrag eine reproduktionsfähige Abbildung (Portät o. ä.) des betreffenden Protagonisten und sichern möglichst hierfür die Verwendungsrechte. Die Beiträge für den geplanten Sammelband könnten sich befassen mit folgenden – durchweg bereits verstorbenen – Personen. Dies sind nur Beispiele, es können weitere bzw. andere Akteure vorgeschlagen werden:

Anrich, Ernst
- Bachmann, Josef
Böhme, Herbert
Böhnhardt, Uwe
Brehl, Thomas
Busse, Friedhelm
Christophersen, Thies
- Ehrhardt, Arthur
Eichberg, Henning
Franz(-Willing), Georg
Frey, Gerhard
- Grabert, Herbert
- Grimm, Friedrich
Grimm, Hans
Grimm, Holle
- Gutmann, Wilhelm
Härtle, Heinrich
Hausleiter, August
- Haverbeck, Werner Georg
Heß, Ilse
Heß, Wolf Rüdiger
Jochheim-Arnim, Karl
Kern(mayr), Erich
Kühnen, Michael
- Kunstmann, Heinrich
Lembke, Heinz
Ludwig, Klausdieter
Manke, Alfred E.
Mohler, Armin
Mundlos, Uwe
Mussgnug, Martin
Nahrath, Wolfgang
Opitz, Gerhard
Pape, Martin
Remer, Otto Ernst
Reuß zur Lippe, Marie Adelheid Prinzessin
Rieger, Jürgen
Roeder, Manfred
Rudel, Hans-Ulrich
Rüdiger, Jutta
Schaffer, Ursel
Schleipfer, Sigrun alias Hammerbacher alias v. Schlichting
- Schönborn, Erwin
- Schönhuber, Franz
Schubert, Frank
Schütz, Waldemar
Schweiger, Herbert
- Springmann, Baldur
- Strasser, Otto
Strauß, Wolfgang
Sündermann, Helmut
- Thadden, Adolf v.
Thielen, Fritz
Timm, Ilse
Venatier, Hans
Vollmer, Dieter
- Von Oven, Wilfried
Ziesel, Kurt

Die mit "-" markierten Biografien sind bereits vergeben.

Wir erbitten Antwort bis 28. Februar 2019

Kontakt

Prof. Dr. Gideon Botsch:
botsch@uni-potsdam.de

Prof. Dr. Christoph Kopke:
Christoph.kopke@hwr-berlin.de

Dr. Karsten Wilke:
kwilke1@uni-bielefeld.de