Sowjetische Kriegsgefangene in archivalischer Überlieferung. Erster Workshop zur Geschichte, Überlieferung und Nachwirkung des Stalag 326 (VI K) Senne

Sowjetische Kriegsgefangene in archivalischer Überlieferung. Erster Workshop zur Geschichte, Überlieferung und Nachwirkung des Stalag 326 (VI K) Senne

Veranstalter
Oliver Nickel und Jens Hecker, Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne; Prof. Dr. Malte Thießen, Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL); Dr. Burkhard Beyer, Historische Kommission für Westfalen (LWL); Prof. Dr. Peter Fäßler, Historisches Institut der Universität Paderborn; Dr. Andreas Neuwöhner, Verein für Geschichte und Altertumskund, Abt. Paderborn
Veranstaltungsort
Landesarchiv NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe, Willi-Hofmann-Str. 2, 32756 Detmold
Ort
Detmold
Land
Deutschland
Vom - Bis
02.07.2019 - 02.07.2019
Deadline
25.06.2019
Von
Jens Hecker

Am 10.07.1941, also schon kurz nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion, trafen die ersten sowjetischen Kriegsgefangenen in der Senne ein. Für die Verwahrung und Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen wurden gewollt und bewusst geplant völkerrechtliche Bestimmungen ausgehebelt. So fanden die Kriegsgefangenen auch im Stalag 326 (VI K) Senne in den ersten Monaten nur eine umzäunte Fläche mit vereinzelten Baracken für die Wachmannschaft vor. Auch wenn für den Transport der sowjetischen Kriegsgefangenen in zwölf „Russenlager“ im Reichsgebiet schon die Ausnutzung der Arbeitskraft eine gewisse Rolle gespielt hat, so nahm die Wehrmacht Krankheit, Auszehrung und Tod in Kauf.

„Die Notwendigkeit vermehrten Arbeitseinsatzes der sowj. KrGef macht ein neue Regelung zur Behandlung notwendig“, heißt es im Befehl zur Behandlung von sowjetischen Kriegsgefangenen des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) vom 24. März 1942. Nach dem Massensterben der Gefangenen im Winter 1941/42 verhinderte der schlechte Gesundheitszustand der Überlebenden den Arbeitseinsatz vor allem im Bergbau gravierend. Engpässe in der Versorgung und der Produktion führten zu einer Anpassung der Kriegsgefangenenlager. Das Stalag 326 (VI K) Senne ist am Kriegsende das einzig verbliebene „Russenlager“ auf Reichsgebiet.

Dabei fungierte das Lager vor allem als Rekrutierungs- und Durchgangslager für mehr als 300.000 sowjetische Kriegsgefangene. Die Funktion des Lagers für den gesamten Wehrkreis VI (in etwa die Ausdehnung vom heutigen Bundesland NRW) lässt sich einerseits nur im Verbund mit anderen Stammlagern (Stalag), vor allem in Hemer und Dortmund, begreifen. Es entstand ein flächendeckendes Netz aus Arbeitskommandos in ganz Nordrhein-Westfalen (NRW). Die sowjetischen Kriegsgefangenen waren spätestens ab Herbst 1942 in den meisten Arbeits- und Lebensbereichen der NS-Gesellschaft vertreten. Dabei spielte der Widerspruch zwischen ideologischen und ökonomischen Erwägungen immer eine wichtige Rolle. So wurden sowjetische Kriegsgefangene auch zahlreich Opfer von Diskriminierungen, Aussonderungen und KZ-Überweisungen. Exemplarisch steht das Stalag 326 (VI K) Senne aus Verwahren, Verhungern-lassen und Ausbeuten dieser zweitgrößten Opfergruppe. Gleichzeitig fügt sich das Lager ein in eine existierenden Strukturen von Lagern und Haftstätten, für die unterschiedliche NS-Institutionen Verantwortung trugen.

Dadurch, dass die sowjetischen Kriegsgefangenen in fast allen Bereichen der NS-Gesellschaft ankamen, finden sich ihre Spuren und Verweise in zahlreichen Quellen und den unterschiedlichsten Archiven. Der Workshop dient zur Vernetzung von Archiven und Forschungsinitiativen, um den Kosmos des Lagersystems und Lebenswege sowjetischer Kriegsgefangener besser zu verstehen.

Der Workshop ist Auftakt einer Workshop-Reihe, die parallel zur Weiterentwicklung der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne zu einem Bildungs- und Forschungsort von überregionaler und internationaler Bedeutung.

Der nächste Workshop wird momentan erarbeitet. Er widmet sich den bauhistorischen Spuren des ehem. Lagergeländes und des Ehrenfriedhofs sowjetischer Kriegstoter. Darüber hinaus werden auch die materiellen Überlieferungen an den entsprechenden Bahnhöfen und dem ehem. Seuchenlazarett Staumühle in den Blick genommen.

Programm

9.30 Uhr
Anmeldung und Begrüßungskaffee

10.00 Uhr
Begrüßung durch Dr. Johannes Burkardt, Jens Hecker, Dr. Andreas Neuwöhner und Oliver Nickel

Sektion 1:
Nationale und internationale Archive Moderation: Prof. Dr. Malte Thießen

10.30 Uhr
Dr. Heike Winkel: Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene und Deportierte im Zweiten Weltkrieg – Perspektiven für historische Forschung und Erinnerungskultur
10.45 Uhr
Andreas Grunwald: Übergang der Deutschen Dienstelle (WASt) zum Bundesarchiv: Archivbestände und Aufgaben der Abteilung Personenbezogene Auskünfte [Arbeitstitel]
11.00 Uhr
Dr. Henning Borggräfe: Häftlingskarteien, Ausländersuchlisten, Todesfallermittlungen und Filtrationsakten – Quellenmaterial in den Arolsen Archives
11.15 Uhr
Diskussion Sektion 1

12.00 Uhr
Mittagspause

Sektion 2:
Wirtschaftsarchive Moderation: Prof. Dr. Peter Fäßler

13.00 Uhr
Dr. Rolf Keller: Sporadisch, fragmentarisch, disparat: Quellen zum Arbeitseinsatz der sowjetischen Kriegsgefangenen
13.15 Uhr
Dr. Michael Farrenkopf und Dr. Stefan Przigoda: Zwangsarbeit im Bergbau. Quellen und Forschungen im Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok)
13.30 Uhr
Dr. Daniel Droste: Fremd- und Zwangsarbeiter bei der Firma Fried. Krupp. Eine archivische Bestandsaufnahme
13.45 Uhr
Diskussion Sektion 2

14.30 Uhr

Kaffee Pause

Sektion 3:
Landes- und Regionalarchive Moderation: Dr. Andreas Neuwöhner

15.00 Uhr
Dr. Annette Hennings und Lars Lüking: Quellen zum Stalag 326 und zum Sozialwerk Stukenbrock 1941–1970. Ein Überblick über die Bestände des Landesarchivs NRW, Abt. Ostwestfalen-Lippe
15.15 Uhr
Christoph Laue: Seit 1984 auf den Spuren von Zwangsarbeit und Kriegsgefangenschaft – Quellen, Forschungen und Publikationen zum Raum Herford
15.30 Uhr
Oliver Nickel: Die archivalische Sammlung des Fördervereins der Gedenkstätte Stalag 326

15.45 Uhr
Diskussion Sektion 3

16.30 Uhr
Abschlussdiskussion mit Prof. Dr. Peter Fäßler, Oliver Nickel, Dr. Reinhard Otto und Prof. Dr. Malte Thießen

17.30 Uhr
Voraussichtliches Ende der Tagung

Kontakt

Geschäftsstelle

Historische Kommission für Westfalen (LWL), 48133 Münster

0251 / 591-4720

hiko@lwl.org

http://www.historische-kommission.lwl.org
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