Disziplinieren und Strafen. Politische Repression in der DDR und anderen sozialistischen Diktaturen

Disziplinieren und Strafen. Politische Repression in der DDR und anderen sozialistischen Diktaturen

Veranstalter
Prof. Dr. Jörg Baberowski / Dr. Stefan Donth / Dr. Robert Kindler, BMBF-Forschungsverbund "Landschaften der Verfolgung"
Veranstaltungsort
Humboldt-Universität zu Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
30.01.2020 - 31.01.2020
Deadline
20.09.2019
Von
Kindler, Robert

Politische Repression diente insbesondere in sozialistischen Diktaturen dem Machterhalt der Herrschenden. Ihr Vollzug sowie ihre Androhung dienten dabei zwei miteinander verbundenen Zielen: Die direkt Betroffenen sollten bestraft und die Bevölkerungen diszipliniert werden. In den letzten Jahren sind zahlreiche Untersuchungen entstanden, die auf die enorme Bedeutung von politischer Repression für die Stabilität und das Funktionieren der SBZ/DDR hinwiesen. Viele dieser Studien interessierten sich dabei vor allem für die ostdeutsche Binnenperspektive.

Wie aber verändert sich der Blick auf politische Repression in der DDR, wenn sie mit ähnlichen Praktiken in der Sowjetunion und anderen sozialistischen Staaten Ost- und Ostmitteleuropas kontrastiert und verglichen wird? Wie definierten die unterschiedlichen Regime Osteuropas, was als „politische“ Tat galt und wie veränderten sich im Laufe der Zeit die Kriterien, aufgrund derer Menschen in die Mühlen staatlicher Repressionsapparate gerieten?

Im Rahmen der zweitägigen Tagung sollen in vergleichender Perspektive unterschiedliche Aspekte dieses Themas diskutiert werden. Dabei sind (begriffs)theoretische Überlegungen ebenso willkommen, wie empirische Fallstudien. Die folgenden Themenfelder sind dabei von besonderem Interesse:

1) Was war politische Repression? Es ist offensichtlich, dass die Entscheidung darüber, was als „politische Repression“ zu begreifen ist, sich weder allein an der Perspektive der Betroffenen orientieren kann, noch die Kriterien und Maßstäbe der sozialistischen Regime anlegen darf. Wie kann ein Begriff „politischer Repression“ aussehen, der analytisch operationalisierbar ist und zugleich den zahlreichen Ambivalenzen und unterschiedlichen historischen Erfahrungen Rechnung trägt?

2) Wie und weshalb veränderten diktatorische Regime ihre repressiven Praktiken? Die arbiträren Repressionsmethoden der frühen 1950er Jahre kamen in späteren Phasen nicht mehr zum Einsatz. Doch kann man deshalb davon sprechen, dass sich Diktaturen „verrechtlichten“ oder „mäßigten“? Was bedeutete es für das Verhältnis von Staat und Bevölkerung, wenn das Handeln staatlicher Organe scheinbar besser erwart- und kalkulierbar wurde?

3) Inwiefern „lernten“ die sozialistischen Regime voneinander? Kann man auch im Bereich der Repressionspraktiken von der „führenden Rolle“ der Sowjetunion sprechen?

4) Kann man die Betroffenen als „Opfer“ bezeichnen? Viele ehemals Repressierte oder Inhaftierte lehnen den „Opferbegriff“ für sich ab. Zugleich kommt ihm sowohl in der öffentlichen als auch in der geschichtswissenschaftlichen Diskussion eine erhebliche Bedeutung zu. Wie verliefen diese Diskussionen um die Definitionen von Betroffenen und Opfern in den unterschiedlichen postsozialistischen Gesellschaften Ost- und Ostmitteleuropas?

5) Lassen sich die Dimensionen politischer Repression quantifizieren? In praktisch allen ost- und ostmitteleuropäischen Staaten kursieren quantitative Angaben über die Dimensionen politischer Repression. Welche Kriterien wurden und werden dabei zur Zählung oder Schätzung angelegt? Welche „Grenz- und Mischfälle“ gab es in den unterschiedlichen Staaten?

6) Was bedeutet „politische Haft“? Lässt sich das Konzept auch auf Menschen anwenden, die etwa aufgrund von „Asozialität“ oder „Rowdytum“ verurteilt wurden?

7) Was können Historiker von anderen Disziplinen lernen? Welche Angebote machen Juristen, Mediziner oder Politikwissenschaftler, wenn es um die Einordnung von politischer Repression und die Bestimmung von „Opfern“ und „Tätern“ geht?

8) Wie gehen Gesellschaften nach dem Ende der Diktatur mit dem Erbe der Repression um? Wie beeinflussten die unterschiedlichen historischen Erfahrungen vor 1945 den Umgang mit Repressionspraktiken im Sozialismus? Wie wirkten sich die unterschiedlichen Entwicklungswege nach 1989/91 auf die Erinnerung an staatliche Repressionen aus?

Beiträge zu weiteren Themenfeldern sind ebenfalls willkommen; insbesondere, wenn sie eine vergleichende Perspektive einnehmen. Interessenten senden bitte einen kurzen Abstract (max. 300 Wörter) sowie einen kurzen CV bis zum 20.9.2019 an robert.kindler@hu-berlin.de

Reise- und Übernachtungskosten werden von den Veranstaltern übernommen. Es ist geplant, ausgewählte Beiträge zu publizieren.

Der Workshop ist eine Veranstaltung des vom BMBF-geförderten Forschungsverbunds „Landschaften der Verfolgung“. Weitere Informationen zu den Zielen des Verbunds, den beteiligten Personen und Institutionen finden Sie unter: http://www.landschaften-verfolgung.de

Programm

Kontakt

Dr. Robert Kindler
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Geschichtswissenschaften
Unter den Linden 6
10099 Berlin

robert.kindler@hu-berlin.de

http://www.landschaften-verfolgung.de
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