Neue Dimensionen des internationalen Rechtsterrorismus

Neue Dimensionen des internationalen Rechtsterrorismus

Veranstalter
Prof. Dr. Marc Coester, Prof. Dr. Anna Daun, Dr. Florian Hartleb, Prof. Dr. Christoph Kopke, Prof. Dr. Vincenz Leuschner in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für öffentliche und private Sicherheit (FÖPS)
Veranstaltungsort
Hochschule für Wirtschaft und Recht
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.10.2020 - 10.10.2020
Deadline
31.01.2020
Website
Von
Christoph Kopke

“lone actor terrorism”, “Gamifizierung des Terrors“ , “Vigilantismus”
Spezifische Formen eines „Terrorismus von rechts“ bedrohen in den westlichen Demokratien die innere Sicherheit und das Leben von Minderheiten und in der Öffentlichkeit stehender Personen. Zu erinnern sind – um nur wenige Beispiele anzuführen – an die Massaker von Anders Breivik in Norwegen (2011), Dylann Storm Roof in Charleston/USA (2015), David Sonboly in München (2016), Brenton Tarrant in Christchurch/Neuseeland (2019) oder jüngst die Morde und das geplante Massaker von Stephan Balliet in Halle.
Solche Terrorakte wurden lange (in Deutschland über den NSU hinaus) oftmals als isolierte „Einzeltaten“ betrachtet. Angesichts ihrer offensichtlichen Bezüge untereinander bzw. aufeinander werden sie inzwischen aber zunehmend als ein systematisches und damit für die innere Sicherheit äußerst relevantes Problem erkannt. So ähneln sich die inhaltlichen Begründungen der Täter, wenngleich unterschiedlich elaboriert ausgearbeitet, in zentralen Punkten: Rassismus und antisemitische Verschwörungsideologie, Antifeminismus und Misogynie, Kampf gegen den von den Eliten bzw. Regierungen angeblich vorbereiteten Bevölkerungsaustausch („Volkstod“, „Umvolkung“, „Islamisierung“, „großer Austausch“) und der Kampf gegen eine angebliche Vormachtstellung der „Linken“ („Kulturmarxismus“). Manchen Tätern geht es dabei explizit um die Verteidigung der „weißen Rasse“ oder der „weißen Überlegenheit“. Manche Taten - hier lassen sich z.B. das Attentat auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Rieker 2016 oder der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke 2019 einordnen - scheinen klassische Konzepte des Rechtsterrorismus („leaderless resistance“ – führerloser Widerstand, „lone actor terrorism“ – „einsame Wölfe“) umzusetzen. Aktuelle Ermittlungsverfahren gegen rechtsterroristische Gruppierungen in der Bundesrepublik (z.B. Old School Society, Gruppe Freital, Revolution Chemnitz) zeigen überdies Formen militanter Selbstermächtigung, die als „vigilantistischer Terror“ beschrieben werden können. Schließlich gibt es eine Reihe von Attentaten, die in der Ausführung eher klassischen Amoktaten ähneln, wobei erkennbar wird, dass die Grenzen zwischen Amok und Terror hierbei mehr und mehr verschwinden. Dass einige dieser Taten in ihrer Ausführung dabei an Videospiele erinnern, wirft zudem die Frage nach einer möglichen „Gamifizierung des Terrors“ auf. In allen Fällen spielen offenbar auch weltweite Kommunikationsbeziehungen und daraus resultierende Radikalisierungen im Internet eine große Rolle. Dass die Täter sich in ihren Selbstzeugnissen aufeinander beziehen, ist ein Phänomen, das etwa auch schon aus der Forschung zu Schulamokläufen bekannt ist.
Neben diesen einzelnen Dimensionen und Ausprägungen des „neuen“ Rechtsterrorismus stellt sich auch die Frage, welchen Anteil ein gesellschaftlicher Rechtsruck mit entsprechenden menschenfeindlichen Einstellungen in der Bevölkerung und abwertender Hassrede im Internet und die daraus möglicherweise resultierenden Gewalttaten haben und wie dieser Zusammenhang empirisch belegt werden kann. Dies gilt insbesondere für Gewalttaten, die teilweise auf den ersten Blick nicht als politisch motiviert erkannt werden, wie etwa die Ermordung des liberalen Danziger Bürgermeister Paweł Adamowicz im Januar 2019.
Die Konferenz setzt sich zum Ziel, zur Erforschung des gegenwärtigen Rechtsterrorismus beizutragen. Ausgangspunkt ist die Frage, inwieweit es sich hierbei tatsächlich um „neue“ Formen des Terrorismus handelt. Zum Einen sollen die weltanschaulichen, strategischen und operativen Dimensionen des Terrorismus beleuchtet werden; zum anderen soll aber auch gefragt werden, auf welche Weise diese Erscheinungen ggf. mit trans- bzw. internationalen politischen und/oder gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen zusammenhängen.
Wir suchen Beiträger*innen aus Politikwissenschaft, Kriminologie, Geschichte, Psychologie und weiteren Disziplinen, die sich mit Aspekten des beschriebenen „neuen“ Phänomens aus ihrer jeweiligen disziplinären Perspektive auseinandersetzen.

Folgende Themen/Aspekte können z.B. behandelt werden:

- Strategische Konzepte des Rechtsterrorismus (violent true believer, lone wolf, etc.)

- Rechtsterrorismus in historischer Perspektive

- Revitalisierung von Verschwörungsideologien (Antisemitismus etc.)

- Militanz und vigilantistischer Terrorismus

- Amoktaten und politischer Terrorismus – Abgrenzung und Übergänge

- Abgrenzung des gruppenförmigen Terrorismus zu Einzeltäterterrorismus

- Vergleich von rechtsterroristisch und islamistisch inspirierten Einzeltätern

- Transnationale Organisation des Rechtsterrorismus

- Wechselseitige Inspiration („Breivik als Vorbild“), Radikalisierungsprozesse im Vergleich (Trigger etc.), Rolle des Internets usw.

- “Gamification des Terrors” (4chan, 8chan, steam usw.)

- Mediale Resonanz auf Terror (Terrorbilder)

- Sprache und Terror / Sprache des Terrors

- Politische Reaktionen auf Terror

- Präventionsmöglichkeiten

- Neue Herausforderungen für Polizei und Sicherheitsbehörden

- „Diskursbezogener Terrorismus“: ideologische Wegbereiter und „geistige Brandstifter“?

- Weltbilder, Feindbilder, Ideologiefragmente und Ideologien oder: Wie politisch ist der Rechtsterrorismus?

Bitte schicken Sie Ihren Themenvorschlag mit einem kurzen Abstract sowie Angaben zu Ihrem wissenschaftlichen Werdegang bzw. Ihres Forschungsprofiles bis zum 31. Januar 2020 an:

Christoph.kopke@hwr-berlin.de

Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Wir bemühen uns um eine Förderung zur Finanzierung der Reise- und Unterbringungskosten.
Die Beiträge der Konferenz sollen zeitnah in einem Sammelband publiziert werden.

Programm

Kontakt

Christoph Kopke

HWR Berlin, Fachbereich 5 - Polizei und Sicherheitsmanagement Alt-Friedrichsfelde 60 D - 10315 Berlin

christoph.kopke@hwr-berlin.de


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