Der ungewollte Kompromiss. Die Freie Stadt Danzig 1920-1939

Der ungewollte Kompromiss. Die Freie Stadt Danzig 1920-1939

Veranstalter
Deutsches Polen-Institut Darmstadt, Deutsches Historisches Institut Warschau, Universität Danzig, Technische Hochschule Danzig, Instytut Historii im. Tadeusza Manteuffla Polskiej Akademii Nauk, Herder-Institut Marburg, Muzeum Gdańska, Europejskie Centrum Solidarności, National-Museum Danzig (tbc.)
Veranstaltungsort
Muzeum Gdańska / Europäisches Solidarność-Zentrum
Ort
Danzig
Land
Poland
Vom - Bis
15.11.2020 - 17.11.2020
Deadline
15.02.2020
Von
Peter Oliver Loew

Am 15. November 1920 wurde die Gründung der Freien Stadt Danzig offiziell verkündet. Was sich die Großmächte bei den Friedensverhandlungen in Paris anderthalb Jahre zuvor als Kompromisslösung ausgedacht hatten, sollte sich in der Praxis als problematisches Staatswesen erweisen. Es wurde in den knapp 19 Jahren seiner Existenz zwischen Deutschland und Polen aufgerieben, geriet trotz der Aufsicht des Völkerbunds in die Fänge der Nationalsozialisten und war schließlich der Ort, an dem mit der Beschießung der Westerplatte der Zweite Weltkrieg ausbrach.

Die 100. Wiederkehr jenes Tages, an dem die Freie Stadt Danzig gegründet wurde, ist Anlass, ihre Geschichte zu rekapitulieren, ihr Fortwirken bis in die Gegenwart zu besprechen und im Kontext anderer urbaner Kleinstaaten vergleichend einzuordnen.

Unsere Leitfragen lauten: Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus der Analyse des Funktionierens von Stadtstaaten im Zeitalter der modernen Staatsbildung und des dominierenden Nationalstaats für die Kategorie der Staatlichkeit? Inwiefern sind Staaten, die – wie die Freie Stadt Danzig – als Kompromisslösungen ihre Existenz dem Ausgleich von Machtinteressen verdankten, tatsächlich Orte der Freiheit? Oder sind sie aufgrund ihrer vielen Abhängigkeiten nicht vielmehr zu Unfreiheit verdammt? Inwieweit stell(t)en sie Alternativen zum Nationalstaatsmodell dar – oder werden sie vielmehr zu Brennpunkten nationalstaatlicher Ansprüche und somit auch zu Ausnahmen, die die Dominanz des nationalstaatlichen „Regelfalls“ diskursiv und politisch nochmals unterstreichen? Inwieweit waren oder sind moderne Stadtstaaten auch Räume wirtschaftlicher Freiheit und welche Rolle spiel(t)en sie in regionalen und internationalen Wirtschaftsräumen? Wie sehr entwickeln „Freie Städte“ als Nicht-Nationalstaaten ihre eigenen gesellschaftlichen, politischen oder kulturellen Identitäten, wie füllen sie die ihnen zugedachten staatlichen Funktionen aus, und wem nutzen sie eigentlich? Und wie stellt sich ihre Nach-Geschichte dar: Dienen sie, sofern sie ein Ende finden, späteren Generationen als mythischer Erinnerungsraum oder sind sie eher negativ konnotiert? Wie wird ihre Existenz symbolisch aufgeladen oder politisch instrumentalisiert, und wie werden sie in der gegenwärtigen Erlebnisgesellschaft marketingtechnisch, touristisch oder identitätsstiftend aufgewertet?

Unsere Konferenz besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil geht es darum, den Forschungsstand über die Freie Stadt Danzig darzustellen und neue wissenschaftliche Arbeiten zu ihrer Geschichte zu präsentieren. Im zweiten Teil sollen weitere urbane Kleinstaaten präsentiert werden, von der Freien Stadt Krakau bis hin zu Rijeka/Fiume oder Triest, von der Freien Stadt Frankfurt bis hin zu den urbanen Kleinstaaten der Gegenwart wie Monaco oder Singapur. Im dritten Teil steht die Erinnerungsgeschichte im Mittelpunkt.

Tagungssprachen sind Polnisch und Englisch (Simultanübersetzung). Ein Tagungsband ist vorgesehen.

Wir ermuntern alle Interessierten, ihre Vorschläge für einen Tagungsbeitrag bis zum 30. Januar 2020 bei Peter Oliver Loew (loew@dpi-da.de) einzureichen (Abstract 1 Seite, Biogramm, auf Polnisch oder Englisch).

Programm

Sonntag, 15.11.2020

Besuch der Ausstellung "Der ungewollte Kompromiss. Die Freie Stadt Danzig 1920-1939"
Feierliche Eröffnung der Konferenz (Artushof, Danzig)
Eröffnungs-Debatte

Montag, 16.11.2020

Sektion 1: Die Freie Stadt Danzig - Perspektiven von innen
Sektion 2: Die Freie Stadt Danzig - Perspektiven von außen

Dienstag, 17.11.2020

Sektion 3: Vergleiche
Sektion 4: Die Freie Stadt Danzig - Erinnerungsgeschichte

Kontakt

PD Dr. Peter Oliver Loew
Deutsches Polen-Institut
Residenzschloss, Marktplatz 15
D-64283 Darmstadt
loew@dpi-da.de

https://www.deutsches-polen-institut.de/wissenschaft/tagungen/freie-stadt-danzig/?stage=Stage