Der Begriff der Modernität ist nach den Diskussionen um Postmoderne erhalten geblieben, um einen immer noch zeitgenössischen gesellschaftlichen und kulturellen Zustand zu beschreiben. Er bezeichnet im Maximalfall permanente Innovation und signalisiert zumindest, dass traditionale Bestände nicht länger den Erwartungshorizont regulieren, sodass potentiell ständig alles im Umbruch ist, jede Wirklichkeit in einem Umfeld anderer Möglichkeiten erscheint. Auch Kernbegriffe des ‚spätmodernen‘ Selbstbewusstseins wie Leistung, Selbstverwirklichung oder Optimierung verweisen auf diese steigerungsoffene Kontingenz. Die Radikalität der fraglichen Innovation oder Neuerungsoffenheit ist allerdings deutlich daran gebunden, in welcher Weise Handlungen und Erwartungen sozial reguliert sind.
Der Fall moderner Kunst und Ästhetik hat paradigmatisch gezeigt, wie sich sinnliche und fiktionale Ordnungen von konventionellen Festlegungen ablösen lassen – mit der Grenze, dass irgendwann alle Erwartungen gebrochen und in diesem Sinn keine radikalen Innovationen mehr möglich sind. Die schwerfälligere und meist zweckgebunden beschränkte Entwicklung technischer Verfügungsmöglichkeiten scheint dagegen keine prinzipiellen sozialen Grenzen zu kennen. Trotz aller ökologischen Probleme ist nicht in Sicht, dass Gesellschaften ihre Möglichkeiten der Naturbeherrschung einschränken wollten. Einen anderen Fall bildet dagegen schließlich politische Modernität, die sich der Dynamik ästhetischer, technischer und anderer (etwa ökonomisch wettbewerbsorientierter) Innovationen oft zu verweigern scheint, da es normative und institutionelle Begrenzungen sowie die Orientierung an Sozialität und Reziprozität nicht zulassen, Verfügungsgewalt einfach zu erhöhen. Diese Besonderheit moderner Politik soll die Tagung im expliziten Vergleich mit den ‚Musterfällen‘ ästhetischer und technischer Modernität näher beleuchten.
Den Anstoß dafür, auf dieser Tagung die Gegenwärtigkeit der Moderne neu zu denken, geben neuere gesellschaftstheoretische Arbeiten von Michael Makropoulos, die im Gegensatz zu vielen politischen Theorien gerade die Kontingenzoffenheit technischer und ästhetischer, also sozialitätsentlasteter Weltverhältnisse betont haben.